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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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die Stadt.« Merie nahm den Blick nicht von den Mauern. Seit Ana ihr erklärt hatte, dass die Eisschollen, die sie in weiter Ferne auf dem Meer sahen, für einen eisfreien Hafen in Somerstorm sprachen, ging ihr die Reise nicht schnell genug. Sie hoffte wohl, nach Hause geschickt zu werden, wenn alles vorbei war. Jonan wusste, dass er das nicht zulassen durfte. Sie war gefährlicher, als sie selbst ahnte.
    »Du könntest dich verkleiden«, sagte sie zu Ana. »Oder du versteckst dich in einem Karren voll Stroh. Oder wir lenken die Wachen ab.«
    Jonan ignorierte die Vorschläge. »Was ist mit den Schiffen, die nicht in Zvaran anlegen?«, fragte er. »Wie finden wir die?«
    Anas Gesicht hellte sich auf. Er mochte es, wenn sie lächelte. »Sie warten zwischen den Inseln vor der Küste auf Schmugglerware und Passagiere. Mein Vater glaubte, dass die Fischer in den Dörfern das Schmuggelgut und die Menschen mit ihren Booten zu ihnen bringen, aber nachgegangen ist er dem nie.«
    »Dann werden wir das tun.« Jonan drehte sich um. »Merie …«, begann er, brach jedoch ab. Reiterlos stand Meries Pferd hinter ihm.
    Ana stellte sich im Sattel auf. »Wo ist sie?«
    Es roch nach Essig. Jonan sah, wie sich das Gras am Rande der Weide bewegte.
    Nein , dachte er.
    Im gleichen Moment gellte ein Schrei durch die Reihe der Wartenden.
    »Nachtschatten!«
    Menschen ließen ihre Waren fallen. Ein Pferd stieg auf und wieherte schrill, warf seinen Reiter ab. Dunkles Fell schoss unter den Hufen vorbei.
    »Nachtschatten!«
    Die Soldaten am Tor nahmen den Schrei auf. Sie zogen ihre Schwerter und liefen auf die Straße hinaus. Bogenschützen zogen Pfeile aus ihren Köchern, richteten sie auf Menschen, Karren, Ochsen und Pferde, ohne ein Ziel zu finden.
    Er sah Merie. Hakenschlagend und auf allen vieren lief sie zwischen den panisch schreienden Menschen hindurch, ein dahinschießender Schatten aus dunklem Fell und Krallen. Sie war schnell, viel schneller, als er für möglich gehalten hatte.
    »Das ist Merie?«, fragte Ana. Ihr Pferd tänzelte nervös, drohte durchzugehen.
    »Ja.« Jonan warf einen Blick auf das Tor. Menschen stießen die wenigen Soldaten, die nicht auf die Straße gelaufen waren, zur Seite, flüchteten sich in die vermeintliche Sicherheit der Stadt.
    »Durch das Tor«, sagte er. »Ich kümmere mich um sie.«
    Er griff nach den Zügeln von Meries Pferd und rammte seinem eigenen die Fersen in die Flanken. Aus den Augenwinkeln sah er Ana kurz zögern, dann ritt auch sie los und tauchte in die Menge ein.
    Er wandte sich ab. Die meisten Soldaten folgten Merie zu Fuß, nur zwei saßen auf Pferden. Sie stachen mit Speeren in das hohe Gras, in das sie sich zurückgezogen hatte. Die anderen blieben auf der Straße, trauten sich wohl nicht auf die Weide.
    Merie schoss plötzlich an ihnen vorbei. Zwei Pfeile bohrten sich neben ihr in die Straße. Sie schlug einen Haken und entging so einem dritten. Dann verschwand sie wieder im Gras.
    Sie spielt mit ihnen , dachte Jonan. Er hielt sich zurück, beobachtete, wie sich die Bogenschützen auf der Mauer nahe der Weide sammelten. Ein gebrüllter Befehl, dann ging eine Pfeilsalve im Gras nieder. Doch Merie war längst nicht mehr dort. Das Gras bewegte sich am Rande der Weide, in der Nähe einiger Bäume. Der Wind wehte Essiggeruch herüber.
    Jonan sah zum Tor. Ana war verschwunden. Ruhig ritt er auf die Bäume zu, zog Meries Pferd hinter sich her. Die Soldaten beachteten ihn nicht. Sie beschossen immer noch die Weide.
    Er fand Merie auf einem Baumstumpf sitzend, nackt, verschwitzt und schwer atmend.
    »Sie ist drin, oder?«, sagte sie. Ihre Nacktheit schien sie nicht zu stören. »Ich hab's geschafft.«
    Jonan antwortete nicht. Er griff in die Satteltasche ihres Pferdes, zog ohne hinzusehen etwas Kleidung heraus und warf sie Merie zu.
    »Hast du die Soldaten gesehen, Jonan?« Sie fing Hose und Hemd. Ihre Stimme überschlug sich fast, so aufgeregt war sie. »Ich war viel schneller als sie. Ich war schneller als ihre Pfeile. Und die Gesichter der Menschen.« Sie grinste. »Hast du ihre Gesichter gesehen?«
    Jonan stieg ab und ging auf sie zu. Ein bitterer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus, Vorbote dessen, was er nun tun musste.
    Er holte kurz aus. Seine Ohrfeige hinterließ eine rote Spur auf ihrer Wange.
    Merie wich zurück. Ihre Augen weiteten sich.
    »Du hast mich angelogen«, sagte Jonan ruhig. Mit beiden Händen stieß er sie zurück.
    Merie taumelte. »Ich habe Ana in die Stadt

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