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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Seine Füße schleiften über das Deck.
    Korvellan lief an der Anlegestelle entlang auf etwas zu, das hinter hoch gestapelten Kisten verborgen war. Craymorus sah, wie sich Sorge und Freude auf seinem Gesicht abwechselten, wie die Maske, die er seit ihrer ersten Begegnung trug, von ihm abfiel.
    Wer ist Merie? , dachte Craymorus, als er sich von der Reling abwandte und seine nutzlosen Beine zur Planke zog.
    »Lasst mich Euch helfen, Fürst«, rief einer der Soldaten, die unten standen, als er ihn die Krücken auf das Holz setzen sah.
    »Es geht schon.« Die Planke war breit genug für seine Krücken. Er zog sich bis auf den Anlegesteg und hob den Kopf. Korvellan war nicht mehr zu sehen, war irgendwo zwischen Kisten und Fässern verschwunden.
    Die Soldaten wollten ihm folgen, aber Craymorus hielt sie mit einem Kopfschütteln zurück. Er zog sich weiter am Hafenbecken entlang und ließ das Schiff hinter sich.
    »Fürst?« Der bärtige Soldat, der ihn auf dem Schiff angesprochen hatte, tauchte neben ihm auf. Craymorus war es vorgekommen, als wäre er gelaufen, doch nun fiel ihm auf, dass nur ein paar Schritte zwischen ihm und den Soldaten lagen.
    Langsam, so verdammt langsam. In seinem neuen alten Leben gab es keinen Unterschied mehr zwischen gehen, rennen, laufen, schleichen – nur das gleichbleibende Klopfen der Krücken und das schleifende Geräusch seiner Beine.
    »Fürst«, wiederholte der Soldat, als er nicht antwortete. »Wir würden gern wissen, ob Ihr noch Verwendung für uns habt.«
    Craymorus wusste, was er in Wirklichkeit fragte: Könnt Ihr uns bezahlen?
    »Nein«, sagte er. »Ich wünschte, es gäbe etwas für euch zu tun, doch ich muss euch aus meinen Diensten entlassen.«
    Der Mann wirkte enttäuscht. »Ja, mein Fürst.«
    »Ich wünsche euch alles Gute.« Craymorus streckte sich, so gut es die Krücken erlaubten. »Hoffnung.«
    Das Wort war wie ein Zauber. Der Soldat hob den Kopf, es blitzte in seinen Augen. »Hoffnung!«
    Craymorus wandte sich ab und schleppte sich an der Hafenmauer entlang. Er rief nicht nach Korvellan – den Namen des Nachtschattengenerals an einem Hafen voller Soldaten zu rufen, erschien ihm als kein guter Gedanke –, sondern suchte ihn mit seinen Blicken. Die Stadtwachen, die zwischen den Waren auf und ab gingen, um sie vor Dieben zu schützen, beachteten ihn kaum. Sie sahen nur den Krüppel, nicht den Mann.
    Je weiter Craymorus sich vom Schiff entfernte, desto größer wurde seine Sorge. Wenn Korvellan jemanden getroffen und beschlossen hatte, ihn nun doch zurückzulassen, war alles vorbei. Er hatte keine Kupfermünze, und selbst, wenn er seinen Stolz herunterschluckte und bettelte, würde es einige Blindnächte dauern, bis er das Geld für eine Passage zusammenhatte. Ob die Meister auch das nicht vorausgesehen hatten?
    Craymorus sah sich um. Sein Blick glitt über mannshoch gestapelte Kisten und Fässer. Eine seiner Krücken stieß gegen ein Hindernis und rutschte weg. Er griff nach, versuchte Halt zu finden, doch sein Körper fiel bereits zur Seite. Die Krücken polterten auf die Steine, als er sie losließ und die Arme nach einem Stoffballen ausstreckte. Seine Finger schlossen sich um die Seile, mit denen er verknotet war, und hielten sich daran fest.
    Mit den Armen zog er sich an einem der Seile hoch. Seine von den Metallschienen gerade gehaltenen Beine schleiften nutzlos über den Stein, schoben das Brett, über das er gefallen war, vor sich her.
    Immer nach unten sehen , dachte Craymorus, als er seine Brust über den Stoffballen zog. Die Muskeln in seinen Oberarmen spannten sich, dann stand er, auf die Ellenbogen gestützt, den Oberkörper vorgeneigt, um das Gewicht von seinen zitternden Beinen zu nehmen.
    Jemand atmete schwer. Craymorus drehte den Kopf, aber es war nur ein Soldat zu sehen, der weiter als einen Speerwurf entfernt an der Hafenmauer entlangging. Das Atmen klang näher, viel näher.
    Craymorus zog sich um den Stoffballen herum. Seine Krücken lagen am Boden, aber sie hätten ebenso gut auf dem Grund des Meers liegen können. Er hatte keine Möglichkeit, sie aufzuheben.
    Vor ihm stapelten sich Kisten. Gänge zogen sich zwischen ihnen hindurch wie die Gassen einer Stadt. Das Atmen wurde lauter. Jemand flüsterte etwas. Es stank nach Essig.
    Craymorus erstarrte. Sein Magen verkrampfte sich.
    Nachtschatten.
    Er drehte sich vorsichtig, wurde sich auf einmal jedes Geräuschs bewusst, das er verursachte. Das Rascheln seiner Hose, das Quietschen der Metallschienen,

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