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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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werden. Doch er hatte keine Wahl mehr. Ein Nachtschatten hatte ihm vor langer Zeit die Freiheit genommen, ein anderer nun die Würde.
    Auf Händen und Ellenbogen kroch er zu der kleinen Luke, die in das Gangsystem hinter der Wand führte. Gerit hatte den kürzesten Weg genommen, wohl ihm zuliebe, trotzdem erwarteten Craymorus drei steile Treppen, fast schon Leitern.
    Er stieß die Luke auf, kroch hindurch und schloss sie hinter sich. Vor der ersten Treppe blieb er einen Moment liegen, um Atem zu schöpfen, dann schob er sich über die oberste Stufe. Er stützte sich mit den Händen ab, bremste die rutschende Bewegung, die ihn ansonsten über den Absatz hinaus auf die nächste Treppe katapultiert hätte.
    Der fliegende Krüppel , dachte er. Beinahe hätte er gelacht, aber die Schmerzen in seinen Armen und den Knien, die gegen jede Stufe prallten, nahmen ihm dieses Bedürfnis.
    Als er die letzte Stufe der letzten Treppe überwand, zitterten seine Arme, und über seine Wangen liefen Tränen. Seine Knie bluteten.
    Der Gang zu Rickards … er wollte es Gefängnis nennen, auch wenn es das nicht war … erschien ihm endlos, doch schließlich stieß er die Tür mit einer Hand auf und kroch über die Schwelle.
    Rickard stand an der Wand, dort, wo sie ihn zurückgelassen hatten. Craymorus zog sich auf einen Stuhl und trank den Wasserkrug, der auf dem Tisch stand, fast aus.
    »Rickard«, sagte er dann. »Komm zu mir.«
    Nichts geschah. Aus dem hinteren Raum hörte er Rickards gleichmäßiges Schlurfen.
    »Ich weiß, wohin du gehen musst, Rickard.« Craymorus trank den Rest des Wassers. »Ich werde dir helfen, dorthin zu kommen.«
    Das Schlurfen brach ab. Nach einem Moment hörte Craymorus Schritte, dann tauchte Rickard im Türrahmen auf und blieb vor seinem Stuhl stehen. In seinem zerstörten Gesicht gab es keine Gefühle, seine blinden Augen blickten ins Nichts, und doch schien er zu verstehen.
    »Du musst mich tragen.«
    Rickard drehte sich um und ging in die Hocke. Craymorus legte ihm die Arme um die Schultern. Seine Haut fühlte sich seltsam weich und kalt an, wie die eines Toten. Rickard schob seine Hände unter Craymorus' Beine, und er verbiss sich den Schmerz.
    »Komm, alter Freund«, sagte er leise. »Lass uns auf eine letzte Reise gehen.«
    Rickard trug ihn aus dem Raum, durch den Gang und die Treppen hinauf. Sie stiegen durch die Luke, dann blieben sie vor der Küchentür stehen.
    Craymorus dirigierte Rickard mit einem gelegentlichen Wort, mehr war nicht nötig.
    Die meisten Nachtschatten standen um das Tor herum, halfen dabei, es zu verstärken und die Mechanismen darüber anzubringen, die heißes Pech über die Angreifer schütten würden. Der Hof rund um die Küche war leer.
    »Wie kommen wir über die Mauer?«, fragte Craymorus. Er sprach laut, erwartete aber keine Antwort von Rickard. »Wir brauchen Seile, damit wir uns … Was machst du denn?«
    Rickard öffnete die Tür. Er ging an der Häuserwand entlang, blieb tief im Schatten des Gebäudes. Am äußersten Rand der Mauer blieb er stehen.
    Craymorus duckte sich auf seinem Rücken, wagte es kaum, den Kopf zu heben. Ein Nachtschatten musste nur in ihre Richtung blicken, nur ein Windstoß seinen Geruch in ihre Richtung wehen.
    Rickard drehte sich ruckartig nach rechts, ging zu einer Leiter und kletterte sie hinauf auf die Mauer. Er überquerte den Wehrgang und griff nach den Mauerzinnen.
    »Nein«, stieß Craymorus hervor. »Rickard, nein.«
    Rickard stieg zwischen den Zinnen hindurch – und sprang!
    Der Aufprall schleuderte Craymorus von seinem Rücken. Der Schmerz raubte ihm das Bewusstsein.
    Der Schmerz brachte ihn ins Bewusstsein zurück. Im ersten Augenblick glaubte er, wieder auf einem Schiff zu sein, doch dann öffnete er die Augen und sah Rickards Hinterkopf und die schaukelnde Welt um sich herum.
    Er drehte den Kopf. Sein Nacken knackte. Hinter ihm verschwanden die hell erleuchteten Mauern Somerstorms zwischen den Hügeln.
    Schnee knirschte unter Rickards Füßen. Er ging schnell, zielstrebig, wie jemand, der genau wusste, wo sein Ziel lag. Es war kalt. Craymorus zitterte trotz der warmen Kleidung. Die Schriftrolle unter seinem Hemd drückte gegen seine Brust und erinnerte ihn bei jedem Schritt daran, was vor ihm lag.
    »Das war nicht der Plan, den die Meister für dich hatten, Rickard«, sagte er. Sein Atem stand weiß vor seinem Gesicht. »Sie hatten gar keinen Plan für dich, und doch bist du hier. Geh weiter, bleib nicht stehen. Hilf mir.«
    Er war

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