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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Rammbock blieb im Matsch liegen.
    »Wechsel!«, brüllte Nebelläufer. Er stand an der Ostmauer.
    »Wechsel!«, nahm Gerit den Ruf auf. Der regelmäßige Austausch der Verteidiger war die einzige Methode, die sie gegen die nicht enden wollenden Angriffe gefunden hatten. Dadurch reduzierten sie die Krieger auf den Mauern zwar um die Hälfte, aber wenigstens gingen die eigenen Verluste seitdem zurück.
    Gerit sah zu der langen Kette, die einen Wassereimer nach dem anderen von den Brunnen zu den Mauern beförderte. Die älteren Nachtschatten konnten sich kaum noch auf den Beinen halten.
    »Salve!«, schrie jemand auf der Mauer. Alle im Hof rissen die Schilde, die sie an Lederriemen um einen Arm gebunden hatten, hoch. Gerit hörte, wie die Pfeile auf Holz und Stein prasselten und einen Schrei.
    Er senkte den Schild. Seidenfell lag am Boden und hielt sich das Bein. Ein Pfeil steckte in ihrer Wade. Mamee und Perres halfen ihr auf und führten sie zu einem der Ställe.
    »Was für eine Scheiße!«, murmelte Nebelläufer. Gerit hatte nicht bemerkt, dass er zu ihm gekommen war.
    Er nickte. »Hast du das Gerücht auf den Mauern gehört?«, fragte er. »Die Ersten behaupten, Korvellan wäre geflohen, er hätte zuerst Schwarzklaue im Stich gelassen und jetzt uns.«
    »Das ist Blödsinn. Irgendein Feigling aus dem Süden hat sich das ausgedacht.«
    »Aber wer soll es ihnen ausreden?« Gerit sprach leiser. »Korvellan ist weg, dir und mir werden sie nicht glauben, und jeder, der Augen im Kopf hat, sieht, wie das hier ausgehen wird.«
    »Ja.« Nebelläufer kratzte sich. »Aber was sollen wir machen? Wir können nicht abhauen, wir können nicht aufgeben, wir …«
    »Gerit! Nebelläufer!« Die Stimme von Sternenauge, einem Schreiner, der auf das Tor achtete, unterbrach ihn. Gerit verzog das Gesicht, als er zu ihm ging. Er konnte sich denken, worum es ging.
    Sternenauge wartete, bis auch Nebelläufer herangehinkt war, dann zeigte er auf das Tor. Lange, in den Boden gerammte Balken stützten es, doch Gerit sah die Risse darin und das gesplitterte, vom Alter schwarz gefärbte Holz rund um die Riegel.
    »Noch zwei, drei solcher Angriffe«, sagte Sternenauge, »und sie sind drin.«
    »Kannst du etwas dagegen tun?«, fragte Gerit.
    »Abgesehen vom Bau eines neuen Tors?« Der Schreiner hob die Schultern. »Nicht viel.«
    »Tue es trotzdem.« Nebelläufer fluchte leise, als er Gerit zur Seite zog. »Wir müssen raus hier.«
    »Dann sterben wir.«
    Der Nachtschatten neigte den Kopf. »Wir sterben sowieso, ob jetzt hier drinnen oder draußen. Ich würde lieber draußen sterben. Was ist mit dir?«
    Gerit antwortete nicht. Sein Blick hing an Ana, die in diesem Moment auf dem Hof auftauchte und auf ihn zuging. Sie trug ein langes weißes Kleid. Ihre Mutter hatte es an dem Tag getragen, an dem der Fürst von Westfall seinen Sohn vorgestellt hatte.
    Ana blieb vor Gerit stehen.
    »Ich möchte helfen«, sagte sie.

 
Kapitel 39
     
    Eine Weggabelung kann den Reisenden erfreuen oder entsetzen, erfreuen, wenn er auf ein Abenteuer hofft, entsetzen, wenn er dachte, sein Weg wäre klar vorgezeichnet und alle Entscheidungen wären bereits getroffen.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 2
     
    Eine weiße Fahne wehte über den Mauern Somerstorms. Ana hatte mit einem der Gardisten gesprochen, seitdem gab es keine Angriffe mehr. Sie wartete. Ab und zu sah sie zu dem Nachtschatten, der auf der Mauer neben dem Tor stand, aber er schüttelte jedes Mal den Kopf.
    Ihr war kalt. Der Wind wehte durch den dünnen Stoff ihres Kleids. Es war nicht von einem Meisterschneider entworfen worden, nicht wie das, das sie damals am Tag ihres Geburtstags, als die Welt für immer eine andere wurde, getragen hatte, trotzdem war es von einer Eleganz und Reinheit, die den Geschmack ihrer Mutter widerspiegelte. Sie hoffte, sie konnte dem Kleid gerecht werden.
    »Er kommt«, sagte der Nachtschatten auf der Mauer plötzlich.
    Ana zuckte zusammen. Ihr Mund war trocken, ihre Handflächen feucht und kalt. Sie wischte sie am Rücken ihres Kleids ab.
    Zwei alte Nachtschatten mit fleckigem Fell zogen die Riegel des Tors zurück. Sie brauchten ihre ganze Kraft dafür, doch schließlich öffnete sich das Tor knarrend.
    Ana wich unwillkürlich zurück, als ihr Dutzende verkohlter Leichen entgegenfielen.
    »Sie sind tot«, sagte Nebelläufer. Er stand im Hof, zusammen mit einigen alten oder verwundeten Nachtschatten. »Sie tun dir nichts.«
    Gardisten

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