Der verwaiste Thron 03 - Rache
ihm. Sie zerplatzte über ihm an der Wand. Cascyr duckte sich unter den Splittern.
Einer seiner Leibwächter drehte sich um und lief Merie entgegen. Sie sprang rasch vom Tisch.
Jonan war fast bis an die Wand zurückgedrängt worden. Ana sah seinen warnenden Blick, als sie vor ihm auftauchte. Sie breitete den Teppich aus, wollte ihn dem Gardisten überwerfen. Doch der schien zu spüren, dass sie dort war, denn er wirbelte das Schwert in seiner Hand herum und stach nach hinten.
Die Spitze bohrte sich in den Teppich vor Anas Brust. Sie spürte den Druck, dann ein Ziehen, als der Gardist versuchte, die Klinge herauszureißen. Nur einen Lidschlag lang blieb sie hängen.
Die Zeit reichte Jonan. Er stieß dem Gardisten eines seiner Schwerter durch das Kinn in den Kopf. Lautlos brach der Soldat zusammen.
Jonan sah Ana an und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Das war sehr dumm.«
Sie ignorierte ihn. »Wie weit ist Gerit? Wann fängt er an?«
Sein Blick glitt zur Decke. »Er hat schon angefangen!«
Ana sah empor. Grauer Rauch drang durch die Ritzen. Der Geruch nach brennendem Holz mischte sich in Essiggestank.
Es war Anas Idee gewesen, Cascyr in die Festung zu locken, die Geheimgänge mit Pech zu überschütten und anzuzünden. Sie war stolz darauf.
Ihr Blick glitt zur Tür. Die Nachtschatten drängten die Gardisten in den Gang.
»Steh auf!«, schrie Cascyr, als ein Soldat fiel.
Ana hörte ein Poltern auf der Treppe. Es gab Hunderte Gardisten in der Festung, aber keiner von ihnen reagierte auf den Kampf. Cascyr hatte ihnen befohlen, die Gebäude zu durchsuchen, und das taten sie. Noch schien er seinen Fehler nicht zu bemerken.
Der Rauch wurde stärker.
Ana drehte sich um. Nachtschatten kletterten aus den Gängen, ruß- und pechverschmiert. Sie sah Gerit zwischen ihnen.
»Wo ist Cascyr?«, rief er hustend.
»Er war eben noch an der Tür«, sagte Jonan. »Kommt.«
Sie verließen den Raum. Zwei tote Nachtschatten lagen zwischen den Gardisten. Ana sah, wie Gerit kurz stockte, dann die Lippen zusammenpresste und weiterlief.
Rauch quoll die Treppe empor. Das Gemälde, das einen alten Mann mit hoher Stirn zeigte, brannte. Ana hatte einmal gefragt, wer darauf abgebildet war, aber niemand hatte es gewusst. Nun war mit seinem Namen auch die Erinnerung an sein Gesicht verschwunden.
Gardisten liefen ihnen entgegen. Einige brannten. Flammen schlugen an ihnen empor, setzten Wandteppiche und Gemälde in Brand. Trotzdem zogen die Gardisten ihre Schwerter.
Die Nachtschatten warfen sich ihnen entgegen. Einige fluchten bei jedem Schritt. Ana spürte die Hitze des Feuers unter ihren Stiefelsohlen.
Sie hustete. Der Rauch war so dicht, dass ihre Augen tränten.
»Alle raus!«, hörte sie Gerit rufen. »Überlasst die Garde dem Feuer!«
Ana stolperte und rutschte ein paar Stufen hinunter. Die Steine waren heiß. Die Teppiche glimmten.
Sie kam auf die Beine, kämpfte sich durch den Rauch nach unten. Der Rauch raubte ihr die Sicht. Schritte polterten an ihr vorbei, und sie wusste nicht, ob es Gardisten oder Nachtschatten waren.
Eine Unendlichkeit schien zu vergehen, bis der Eingang vor ihr auftauchte. Sie stolperte darauf zu, zuckte aber im nächsten Moment zurück.
Gardisten.
Mehr als fünfzig standen wartend im Hof.
Ana drehte sich um, suchte nach den Nachtschatten, nach Jonan oder Gerit, aber es war niemand zu sehen. Sie schien allein zu sein.
Etwas Weißes leuchtete im Grau des Rauchs auf. Sie ging darauf zu. Ihr Fuß stieß gegen ein Schwert. Sein Griff war heiß, also riss sie ein Stück Stoff aus ihrem Kleid, wickelte es um ihre Hand und hob es dann auf.
Cascyr war allein. Mit ausgestreckten Armen tastete er sich durch den Rauch. Hinter ihm lag ein toter Gardist. Sein Kopf war unter einem brennenden Balken begraben.
Ana hielt die Luft an, um nicht husten zu müssen. Sie kam in seinen Rücken und presste ihm das Schwert in den Nacken. Sie waren beide keine Kämpfer, aber sie hatte eine Waffe und er nicht.
»Ruf sie«, flüsterte Ana.
Cascyr hustete. »Wen?«
»Die Garde. Ruf sie.« Sie drückte zu.
Er schrie auf. Blut lief aus einer kleinen Wunde über seinen Rücken und hinterließ rote Flecken auf seiner Robe.
»Garde!«, schrie er heiser. »Zu mir! Alle zu mir!« Mit dem Rücken zu ihr blieb er stehen. »Und jetzt?«
Ana zögerte. Sie dachte an die Höhle, an den schwarzen Sand, an das Stöhnen der Sklaven.
Im Gang vor sich hörte sie die polternden Schritte der Gardisten.
Sie stieß zu, und
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