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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Gesicht einer Frau auf der anderen Seite des Fensters. Das Fenster lag so hoch, dass sie es eigentlich nicht hätte erreichen können. Ich war mir sicher, dass sie schwebte.
    Und dann begann sie zu reden. Ihre Stimme war sanft und rein wie das Wasser des Großen Flusses. Sie erzählte mir von den Dingen, die ich tun würde, von den Menschen und den Nachtschatten, von dem Krieg, den ich für sie entfachen würde.
    Ich hätte diesem Gesicht alles gegeben. In meinem Inneren wusste ich, dass sie mit mir tat, was ich mit den Sklaven in der Küche tat, aber das war mir egal. Solange ich ihr dienen konnte, war ich glücklich.
    Sie befahl mir aufzubrechen. Meine Wunden waren noch nicht ganz verheilt, aber das war mir egal. Ich ging in die Küche, befahl den Sklaven, ihre Kleider auszuziehen, und schnitt ihnen nacheinander die Kehlen durch. Sie wehrten sich nicht, standen nur weinend und mit gesenktem Kopf da. Ich erklärte ihnen, dass ich nicht wusste, wie lange meine Kräfte sie an mich binden und was sie danach tun würden. Sie verstanden meine Lage.
    Ich floh durch eines der Küchenfenster und über die Mauer des Anwesens. Es war früher Morgen. Über mir erstreckte sich der endlos weite Himmel. In der Höhle hatte ich ganz vergessen, wie frei man sich draußen fühlte. Ich ließ mein Gesicht in der Stadt tätowieren. Es waren so viele Gardisten unterwegs, dass ich Angst hatte, erkannt zu werden.
    Ich ging nach Norden, so wie das Gesicht am Fenster befohlen hatte. Manchmal erschien es mir im Traum. Ich glaube, es konnte durch meine Augen blicken, sah, was ich sah, aber vielleicht bilde ich mir das nur ein.
    In jedem Fall führte es mich zu dem Zwerg dort oben in Somerstorm an der Grenze zum ewigen Eis. Ich traf ihn in einer Taverne, so wie das Gesicht vorhergesagt hatte. Wir tranken, und als er schließlich aufstand, war er davon überzeugt, ihm wäre eine Idee gekommen. Dass es meine war, ahnte er nicht.
    Die Zeit bis zu seiner Rückkehr verbrachte ich damit, Anhänger um mich zu scharen, Gaukler. Sie waren nicht besonders gut, aber für meine Zwecke ausreichend. Ich fand viel über mich heraus in diesen Tagen. Der schwarze Sand, den ich über die Jahre hinweg geschluckt hatte, war zu einem Teil von mir geworden. Ich spürte ihn in meinen Adern und in meinem Geist. Er durchsetzte mein Fleisch und meine Knochen. Durch ihn war ich so stark geworden, doch gleichzeitig zog er auch etwas aus mir heraus. Am Anfang, als ich meine Macht noch nicht einschätzen konnte, wäre ich einige Male fast gestorben, weil ich zu viel zu erreichen versuchte. Diese Schwäche störte mich, doch dann entdeckte ich etwas Neues: Ich konnte die Schwäche an andere weitergeben und gegen ihre Stärke tauschen. Das machte mich stolz. Ich hätte gern dem Gesicht von meinen Fortschritten erzählt, aber seit es mich zum Zwerg geführt hatte, war es nicht mehr aufgetaucht.
    Der Zwerg kehrte zurück. Ein zweiter Mann war bei ihm. Wir redeten lange miteinander. Trotz all meiner Bemühungen schien er mir nicht zu vertrauen. Ich wusste nicht, dass sein Name Korvellan war, ebenso wenig war mir klar, dass die beiden Nachtschatten waren. Es wäre mir egal gewesen, selbst wenn ich es gewusst hätte. Ich tat, was das Gesicht von mir wollte, nicht mehr, nicht weniger.
    Und so eroberten wir Somerstorm, die Nachtschatten, das Gesicht und ich. Die Gaukler ahnten nicht, was passieren würde, als sich die Türen des Festsaals schlossen und die Männer, die sie bei sich aufgenommen hatten, zu Nachtschatten wurden. Niemand ist ehrlicher als ein Lügner, der glaubt, die Wahrheit zu sagen.
    Wir verließen die Festung, noch bevor die Nachtschatten sie unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Trotz des Siegs fühlte ich mich leer. Ich betete darum, das Gesicht noch einmal sehen zu dürfen, ihm noch einmal dienen zu können.
    Die Flussgötter schickten mir Ana Somerstorm.
    Nach dem Tod der Fürstenfamilie war sie die neue Herrscherin der gefallenen Provinz. Ich verstehe nicht viel von Politik, doch mir war klar, wie wichtig sie werden konnte. Ich beschloss, sie und ihren Leibwächter in meiner Nähe zu behalten und den Nachtschatten von ihrem Entkommen zu berichten. Wenn das Gesicht zurückkehrte, würde es sehen, wie sehr ich mich bemühte.
    Doch das Gesicht kam nicht.
    Wir zogen quer durch das Land. Blindnächte kamen und gingen. Ich wartete auf eine Nachricht der Nachtschatten, auf einen Traum, aber nichts geschah. Schließlich landeten wir als Gefangene auf einem Schiff. Ich

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