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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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können das nicht sein, oder haben die Kerkermeister angefangen, sie zu füttern?«
    »Natürlich nicht, General. Sie sollen ja sterben.«
    »Ich weiß.« Korvellan nahm eine der Öllampen von der Wand. »Ich nehme an, dass die Fürstin Euch mit dieser Sache betraut hat. Gibt es eine Verbindung zwischen Euch und ihr? Muss ich befürchten, dass meine Flucht, egal, ob erfolgreich oder nicht, sie in Schwierigkeiten bringt?«
    Nyrdok biss sich auf die Lippen. Korvellan war die ganze Zeit in seiner Zelle gewesen. Er konnte nicht wissen, was geschehen war.
    »Herr«, begann er langsam und wurde dann immer schneller. »Die Fürstin ist tot. Eure Befreiung war ihr letzter Wunsch.«
    Korvellan ließ die Öllampe sinken. Ihr flackerndes Licht erhellte sein Gesicht. Die Gefühle darauf waren unlesbar.
    »Ich verstehe«, sagte der Nachtschatten nach einem Moment. »Wir werden später darüber reden. Bringt mich hier raus, Sergeant.«
    »Ja, General.« Nyrdok nannte ihn Herr und General . Er dachte nicht darüber nach. Er tat es einfach. Aus irgendeinem Grund erschien es ihm angemessen.
    Er zog die Tür zum Trakt auf. Der Gestank schlug ihnen entgegen. Korvellan wandte den Kopf ab und hustete. Dumpfes Hämmern hallte durch den Gang. Die Wachen schlugen die Tür ein.
    Korvellans Öllampe riss Gitterstäbe aus der Dunkelheit. Irgendwo klirrten Ketten. Nyrdok tastete nach dem Schloss der Zelle und steckte den Schlüssel hinein, drehte ihn knirschend um. Rost rieselte auf seine Hand.
    »Bleibt zurück, General«, sagte er, dann zog er die Tür auf. Die Angeln quietschten laut, Metall kratzte über den Steinboden.
    Korvellan kam näher heran. Er hielt die Öllampe in die Zelle. Ihr Licht enthüllte eine Höhle, die sich in der Dunkelheit verlor.
    »Wo sind sie?«, flüsterte der Nachtschatten.
    Das Hämmern wurde lauter. Holz splitterte. Männer riefen sich Befehle zu.
    »Tot?«, fragte Nyrdok ebenso leise zurück. Die Angst und der Gestank ließen ihn würgen. Ohne die Besessenen würde sein Plan nicht funktionieren. Er sah sich bereits gehäutet und mit ausgestochenen Augen vom Fahnenmast hängen. So ging man in Westfall mit Verrätern um.
    Forderak wird mich auslachen, wenn wir uns im Jenseits treffen , dachte Nyrdok, als er den Schlüssel in seinen Gürtel steckte.
    Korvellan ging an ihm vorbei, tiefer in die Höhle hinein. Er richtete die Öllampe auf eine der Wände. Wasser glitzerte im Licht. Ein schmales Rinnsal lief aus der Decke und sammelte sich am Boden.
    »Verdurstet sind sie nicht«, sagte er. Der Satz endete in einem Würgen. »Hier ist überall Wasser.« Nyrdok folgte ihm. »Vielleicht haben sie einen Weg nach draußen gefunden.«
    »Daran dachte ich …« Ein Kettenrasseln unterbrach ihn. Etwas stöhnte.
    Korvellan legte den Kopf schräg und blieb stehen. »Hört Ihr das?«
    Im ersten Moment dachte Nyrdok, er meinte das Stöhnen, doch dann vernahm er es auch: ein Schaben und Rascheln, so als würden tausend Kakerlaken über den Boden huschen.
    Der Lichtkegel, in dem Korvellan stand, wich mit ihm zurück. »Sergeant«, sagte der Nachtschatten ruhig, »verlasst die Zelle. Schließt das Gitter, sobald ich bei Euch bin.«
    »Warum?« Nyrdok fuhr sich nervös durch die Haare. »Was ist los?«
    Korvellan antwortete nicht. Stattdessen holte er weit aus und schleuderte die Öllampe in die Höhle hinein.
    Nyrdok sah die Decke der Höhle, Steine, dann Haufen aufgeschichteter Knochen. Ein Gesicht tauchte im Lichtkegel auf. Nur einen Lidschlag lang war es zu sehen, aber Nyrdok wusste, dass er es nie vergessen würde.
    Die Lampe zerplatzte am Boden. Brennendes Öl spritzte über geisterhaft weiße Gestalten. Schreie gellten auf, wild, wütend, wahnsinnig. Lumpen fingen Feuer, Haare brannten. Die Gestalten schlugen mit Händen, deren Nägel zu Klauen geworden waren, auf sich selbst ein, rannten kreischend tiefer in die Höhle hinein.
    Nyrdok sah überall weißes, schmutziges Fleisch und dunkle Augen. Es waren so viele.
    »Kommt schon!« Korvellan griff nach seinem Arm. »Das Gitter!«
    Nyrdok stolperte hinter ihm her. Er würgte. Tränen schossen ihm in die Augen. Der Geruch nach brennendem Fleisch mischte sich in den Gestank. Nyrdok brach in die Knie und übergab sich.
    Das Schaben und Kratzen langer Fußnägel kam näher. Einige Gestalten heulten wie Hunde, grunzten wie Schweine. Die Schreie verstummten, das Licht der brennenden Körper erlosch.
    Nyrdok kam auf die Füße. Weiße Punkte tanzten in der Dunkelheit vor seinen Augen.

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