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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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seit Tagen nicht geschlafen. »Lügen, überall nur Lügen. Ganz Westfall ist eine Lüge. Der Fürst ist kein Fürst, die Götter sind keine Götter, die Geschichte ist ein Märchen.«
    Jonan blieb reglos stehen. Der Fürst schwankte zwischen Verwirrung, Trauer und Wut. Das war eine gefährliche Stimmung für jemanden, der sich mit ihm in einem Raum aufhielt.
    »Syrah. Wie sehr hat sie mich gehasst. Sie wollte mich umbringen. Aber wir haben dafür gesorgt, dass sie das nicht konnte. Und jetzt liegt sie da unten, und ich …« Craymorus brach ab und lachte knapp. »Lügen und Feinde. Hast du gewusst, dass Garrsy ein Nachtschatten ist? Garrsy. Ich habe ihm mein Leben anvertraut.«
    Jonan ging in die Hocke. »Ist es wirklich möglich, dass all diese Leute Nachtschatten sind?«
    Craymorus schwieg. Jonan drängte ihn nicht. Er hatte schon mehr gesagt, als gut für ihn war.
    Nach einer Weile senkte der Fürst die Hand. Er sah Jonan aus fiebrig schimmernden Augen an. »Ich weiß es nicht. Beim Großen Fluss, ich weiß es wirklich nicht.«
    Für einen kurzen Augenblick wollte Jonan ihm alles sagen, wollte ihm erklären, wie die Magier ihn isolierten und manipulierten, wie viele Unschuldige sie bereits umgebracht hatten und wieso er davon wusste. Doch dann schluckte er hinunter, was er sagen wollte. Craymorus war besessen von seiner Suche nach den Nachtschatten. Vielleicht hätte er Jonan geglaubt, doch wahrscheinlich wäre seine Leiche nur auf einem der Feuer im Hof gelandet.
    Der Fürst setzte sich auf. »Aber eines weiß ich.« Seine Stimme klang fester als zuvor. »Dies ist nicht dein Kampf. Verlass diesen Alptraum. Geh.«
    »Mein Fürst, ich …«
    Craymorus ließ ihn nicht ausreden. »Nimm das.« Er reichte Jonan die Schriftrolle, die er gehalten hatte. »Sie weist dich als meinen Boten aus. Die Wachen werden dich passieren lassen.« Er stand auf. »Schlag dich zum Großen Fluss durch. Flieh nach Süden, so weit du kannst und so schnell du kannst. Warte nicht die Nachrichten aus Westfall ab. Nichts Gutes wird hier passieren.«
    »Ja, Herr.« Jonan steckte die Schriftrolle in seine Uniformjacke, dann erhob er sich ebenfalls. Da war sie, die Gelegenheit, die er tagelang herbeigesehnt hatte. Wieso freute er sich nicht darüber?
    Er wollte zur Tür gehen, doch dann blieb er einem Impuls folgend stehen. »Wieso begleitet Ihr mich nicht?«
    Craymorus schien das Angebot zu überraschen. »Danke, Jonan, aber ich muss bleiben.« Er lächelte. »Das Volk braucht seinen Fürsten, und ich bin zu feige, ihm zu sagen, dass ich kein Fürst bin.«
    Er wandte sich ab. Jonan wartete, aber er drehte sich nicht noch einmal um.
    Die Schriftrolle drückte gegen seine Brust. Jonan legte die Hand darauf und zog die Tür hinter sich zu.
     
     
    Er verließ das Haupthaus. Er packte weder seine Sachen, noch verabschiedete er sich von irgendwem. Den Soldaten am Tor kannte er nicht. Er war jung und sah aus, als trüge er die Uniform noch nicht lange. Sein Helm war zu groß und rutschte ihm ins Gesicht.
    »Du sollst raus?«, fragte er überrascht, als Jonan ihm das Siegel zeigte. Jeder Soldat kannte es. Beim Morgenappell leistete man einen Schwur darauf.
    Jonan nickte. »Befehl des Fürsten.«
    »Mit dir möchte ich nicht tauschen.« Der Soldat zog ein rotes Tuch aus der Tasche und winkte den Bogenschützen auf den Türmen zu. Nach einem Moment winkten sie zurück. »Kannst gehen«, sagte der Soldat. »Mögen die Vergangenen mit dir sein.«
    Seine Kameraden halfen Jonan, das Tor zu öffnen. Er schlüpfte hindurch, als der Spalt groß genug war. Die Wachen schlossen das Tor wieder. Er hörte, wie schwere Riegel vorgeschoben wurden. Geduckt lief er an der Mauer entlang, dann bog er auf offenes Gelände ab.
    Die Morgensonne wärmte sein Gesicht. Der Wind wehte den Gestank der Festung aus seiner Kleidung, reinigte seine Gedanken. Tief atmete Jonan durch. Er war dem Irrsinn entkommen. Er war frei.
    Rasch brachte er den breiten Weg und die Krater, die von den Zaubern der Magier gerissen worden waren, hinter sich. Er war sich sicher, dass die Nachtschatten Späher postiert hatten, aber er bemerkte niemanden.
    Zwischen einigen Bäumen blieb er stehen und drehte sich um. Die Festung lag dunkel und grau hinter ihm. Regenwolken sammelten sich darüber. Die Magier würden sie bald zur Stadt schicken. Er suchte nach dem offen stehenden Fenster und dem wehenden Vorhang, aber er war bereits zu weit weg.
    Jonan wandte sich ab.
    Die Stadt lag im Osten, zwischen ihm

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