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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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erstreckte sich auf ihrer linken Seite.
    Geradeaus, jenseits der letzten beiden Zeltreihen begannen Felder, die in einem Wald endeten. Diesen Wald mussten sie erreichen, bevor ihre Flucht entdeckt wurde. Auf offenem Gelände waren sie den Gardisten ausgeliefert, aber zwischen Unterholz und Sträuchern konnten sie sich verstecken, bis Cascyr die Geduld verlor und aufbrach. Sie hoffte, dass Jonan auf den gleichen Gedanken gekommen war und sich irgendwo nördlich des Lagers aufhielt.
    Ana kroch an der letzten Zeltreihe vorbei und sah sich um. Wachen standen wie Statuen in der Dunkelheit. Ihre Augen waren auf die Felder gerichtet, ihre rechte Hand lag auf dem Griff ihres Schwertes. Der Abstand zwischen ihnen betrug weniger als einen Speerwurf.
    Ana biss sich auf die Lippe. Am Tag war der Abstand doppelt so groß. Sie hatte nicht gewusst, dass nachts die Wachen verstärkt wurden.
    »An denen kommen wir nicht vorbei«, flüsterte Merie. Sie zitterte am ganzen Körper. »Wir müssen umkehren.«
    Niemals , dachte Ana. Sie nahm die Decken von ihrer Schulter und verschmierte Dreck auf Hände und Gesicht. So nahe am Großen Fluss roch die Erde süß und schwer.
    »Wir lassen alles hier«, flüsterte sie. »Reib dein Gesicht und deine Hände ein.«
    Merie tat, was sie verlangte. Ihre Kleidung war dunkler als Anas. Sie schien fast mit der Erde zu verschmelzen.
    »Folge mir, Merie.«
    Ana wartete ihre Antwort nicht ab, sondern kroch weiter. Es ging leichter ohne die Decken.
    Am Rand des Lagers gab es keine Fackeln, damit die Wachen nicht geblendet wurden. Die Hufe der Pferde und die Stiefel der Soldaten hatten die Wiese zertrampelt und abgesehen von einigen grünen Flecken nur Dreck hinterlassen.
    Langsam kroch Ana auf eine Lücke zwischen zwei Gardisten zu. Ihr Körper war so angespannt, dass es schmerzte. Jeder Muskel schrie nach Schnelligkeit, ihr Gefühl verlangte von ihr, aufzuspringen und loszurennen.
    Doch sie wurde nicht schneller. An den Boden gepresst schob sie sich zwischen den Wachen hindurch. Sie wagte es nicht, sich nach Merie umzudrehen, wusste nicht, ob sie überhaupt noch hinter ihr war. Es spielte keine Rolle. Sie konnte nicht mehr zurück.
    Rutschen. Pause. Rutschen. In jeder Pause zählte sie bis fünf, dann kroch sie wieder ein Stück vor. Das Feld kam immer näher. Wintergemüse wuchs darauf. Die eng stehenden Pflanzen wirkten wie eine schwarze Wand, hinter der einen nichts und niemand finden konnte.
    Und dann berührten Anas Fingerkuppen den ersten Stängel. Sie schob sich zwischen die Pflanzen, ging auf Hände und Knie und kroch tiefer in das Feld hinein. Erst dann drehte sie sich um.
    Merie war hinter ihr, weniger als eine Armeslänge entfernt.
    Ana stieß die Luft aus. Sie musste sich auf die Lippe gebissen haben, denn sie schmeckte Blut.
    »Wir haben es geschafft«, flüsterte sie.
    Merie antwortete nicht, sondern umarmte Ana, drückte sie so fest an sich, dass es beinahe wehtat. Sie zitterte immer noch.
    »Es wird alles gut«, flüsterte Ana. »Du musst keine Angst haben.« Sie lächelte. »Und du musst mich auch nie wieder Herrin nennen. Das verspreche ich dir.«
    Ihre Jacke dämpfte Meries Lachen. Sie löste die Umarmung und wischte sich mit dem Jackenärmel über das Gesicht. »Zum Wald?«
    Ana nickte. »Zum Wald.«
    Eine Weile krochen sie, dann stand Ana auf. Die Stängel reichten ihr und Merie nur bis zur Hüfte, aber sie hatten sich so weit vom Lager entfernt, dass die Wachen sie nicht mehr sehen konnten. Sie warf einen Blick hoch zum Himmel.
    »Es wird bald hell«, sagte sie. »Wir müssen uns beeilen.«
    »Das wird nicht nötig sein.«
    Ana hätte beinahe geschrien, als sie die Stimme hörte. Merie begann zu weinen.
    Es raschelte, dann erhob sich Erys zwischen den Pflanzen. In der Dunkelheit sah es aus, als würde sie aus ihnen herauswachsen.
    »Jede Nacht habe ich auf dich gewartet«, sagte sie, »wenn Cascyr mich nicht gerade brauchte. Ich habe gewusst, dass du fliehen würdest. Ist ja nicht das erste Mal.«
    Sie ignorierte Merie. Ana sah den Dolch, der in ihrem Gürtel steckte.
    »Was willst du?«, fragte sie.
    Erys machte einen Schritt auf sie zu. Pflanzen knackten unter ihren Stiefelsohlen. »Ich habe lange über das nachgedacht, was du gesagt hast. Dass du nicht glaubst, dass Cascyr seine Macht teilen wird.« Sie schüttelte den Kopf. »Als ob es mir um Macht ginge. Ihm schon, aber nicht mir. Weißt du, was ich will?«
    Ana schwieg. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Merie langsam zur Seite

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