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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sein, denn ihr Gewicht wird leichter mit jedem Tritt seines Pferdes.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
    »Wohin gehst du?«, fragte Mamee leise, als Gerit die Decke zurückschlug und aufstand. Es war dunkel in der Küche. Die Glut in der Feuerstelle knackte.
    »Zur Mine. Sag Nebelläufer, dass ich spätestens morgen zurück sein werde.«
    Mamee stützte sich auf die Ellenbogen. Ihr Umriss war schwärzer als die Schatten. »Zur Mine? Was willst du dort?«
    »Es gibt Probleme mit einem Stollen. Ich will mir das mal ansehen.« Es war nur eine halbe Lüge. Der Wassereinbruch bereitete ihm wirklich Sorgen, auch wenn das nicht der Grund für seinen Aufbruch war.
    »Warum hast du gestern Abend nichts gesagt?«
    Weil ich es da noch nicht wusste , dachte Gerit. Fast die ganze Nacht hatte er wach gelegen und darüber nachgedacht.
    »Habe ich wohl vergessen«, flüsterte er.
    Mamee schwieg. Ein Nachtschatten seufzte im Schlaf, ein anderer drehte sich raschelnd um.
    »Mach dir keine Sorgen.« Gerit faltete die Decke zusammen und schob sie unter einen Stuhl.
    »Komm zurück«, sagte Mamee leise, so als wisse sie, dass er etwas vor ihr verheimlichte.
    »Natürlich.«
    Der Horizont begann sich grau zu färben, als er die Küchentür leise hinter sich schloss und zu den Stallungen ging. Die Nachtschatten auf den Mauern beachteten ihn nicht. Sie behandelten ihn längst wie einen der ihren. Er fragte sich, ob sie vergessen hatten, dass er ein Mensch war.
    So wie ich es manchmal vergesse.
    Er legte seinem Pferd Zaumzeug und Sattel an, dann führte er es über den Hof. Die beiden Nachtschatten am Tor sahen ihn und schoben die Riegel zurück.
    »Wohin willst du?«, fragte einer von ihnen. Sein Name war Samtzunge. Wenn die Krieger abends an den Feuern saßen, sang er Lieder für sie. Manche brachten Gerit zum Weinen, aber er hörte ihm trotzdem immer wieder zu.
    »Zur Mine«, sagte er.
    »Weiß Nebelläufer Bescheid?«
    »Mamee wird es ihm sagen, wenn er wach ist.«
    Die Nachtschatten zogen das schwere Tor auf. Es quietschte und knirschte so laut, dass Gerit das Gesicht verzog.
    »Fettet bitte die Scharniere ein, bevor eure Ablösung kommt«, sagte er, als er auf den Rücken seines Pferdes stieg.
    Samtzunge nickte. »Natürlich, mein Fürst.« Ironie schwang in seinen Worten mit, aber keine Böswilligkeit.
    Gerit grinste. »Oder sagt es eurer Ablösung, damit die es ihrer und die es wieder euch sagt. Am Ende müsst ihr es sowieso machen.«
    Der andere Nachtschatten, eine Frau namens Warquni, die aus dem Süden stammte, lachte. »Nein, wir warten, bis du zurückkommst und es selbst einfettest.«
    Gerit lachte mit. Er wusste, dass sie es tun würden. Ihr Widerstand war nur Teil des Spiels zwischen denen, die als freie Krieger machten, was sie wollten, und denen, die versuchten, ihnen Anweisungen zu geben. In der Armee seines Vaters hätte man sie gehängt, in der Armee der Nachtschatten lachte man mit ihnen.
    Gehängte können keine Scharniere einfetten , dachte er, als sich das Tor ebenso laut hinter ihm schloss. Er spornte sein Pferd an. Es war ein weiter Weg bis zur Mine.
    Gegen Mittag erreichte er sie. Ein Arbeiter nahm ihm sein Pferd ab, die Wachen grüßten und reichten ihm heißen Wein und Fleisch. Gerit schüttelte Schnee aus seinem Umhang. Dann setzte er sich ans Feuer, aß, trank und hörte sich Geschichten von der Jagd an. Erst als er fertig gegessen und den Kriegern damit seinen Respekt erwiesen hatte, stand er auf. »Ich danke euch. Ist Maccus unten?«
    Einer der Krieger nickte. »Im neuen Stollen. Findest du den Weg?«
    »Ich denke schon.«
    Gerit ging zum Mineneingang. Arbeiter beluden Karren mit Säcken voller Gold und Kupfer. Sie verneigten sich vor ihm, er nickte ihnen zu, grüßte die mit Namen, die er kannte. Die steinerne Wendeltreppe brachte ihn in die Mine hinein. Zweimal musste er nach dem Weg fragen, dann hatte er den neuen Stollen gefunden.
    Er erschrak, als er das Plätschern des Wassers hörte, das an den Wänden herablief. Der Boden unter seinen Stiefeln war schlammig. Balken stützten den Stollen. Sie waren nie mehr als zwei Schritte voneinander entfernt.
    Gerit ging an Arbeitern vorbei, die mit Spitzhacken und Hämmern die Wände bearbeiteten. Eine Goldader glitzerte.
    »Wo ist Maccus?«, fragte er.
    Einer der Männer zeigte tiefer in den Stollen hinein. »Ganz nach vorn, Herr.«
    Die Fackeln an den Wänden wiesen ihm den Weg. Es war stickig und feucht,

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