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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Fußfesseln durchtrennte und ihr auf den Pferderücken half.
    Ana ließ die Zügel los. »Reite du ruhig. Ich laufe gern.«
    Sie glaubte Jonan lächeln zu sehen, aber die Sonne war noch nicht aufgegangen, und über seinem Gesicht lag der Schatten der Nacht. »Sie wird sich nicht verwandeln«, sagte er.
    Ana fühlte sich, als habe man sie bei einer Lüge ertappt. »Ich habe keine Angst vor ihr.« Sie nahm die Zügel und schwang sich hinter Merie auf den Rücken des Pferdes. Siehst du? , wollte sie sagen, aber das erschien ihr albern. Stattdessen richtete sie ihren Blick nach Norden.
    Im ersten Licht des Tages erstreckten sich die Felder grau bis zum blauroten Horizont. Ein schmaler Weg führte an ihnen vorbei. In einiger Entfernung sah Ana das Dach einer Scheune.
    »Glaubst du, dass Cascyr uns verfolgen lässt?«, fragte sie.
    »Vielleicht weiß er noch gar nicht, was passiert ist. Das würde uns einen großen Vorsprung verschaffen«, sagte Jonan. Mit seinem rasierten Kopf und der Uniform sah er bedrohlicher aus, als Ana ihn in Erinnerung hatte. »Wenn er Somerstorm erobern will, so wie du sagst, wird er auf der breiten Straße am Fluss bleiben, solange es geht«, fuhr er fort. »Dort kommt seine Armee schneller voran. Und wenn wir Gerit vorher befreien wollen …«, sein Tonfall verriet, was er davon hielt, »… dann müssen wir den schnellsten und kürzesten Weg nehmen, durch Pujambur und Braekor.«
    »Nicht Braekor.« Ana dachte an die Soldaten, die sie dort beinahe getötet hätten. »Man kennt mich dort.«
    Früher einmal hätte es sie mit Stolz erfüllt, dass jemand wusste, wer sie war. Sie hatte die Aufmerksamkeit, die sie beim Ritt durch die Dörfer Somerstorms bekam, genossen, hatte geglaubt, die Menschen würden zu ihr und ihrer Familie aufblicken. Mittlerweile duckte sie sich unter jedem Blick, der ihr neugierig erschien. Sie hatte gelernt, wie gefährlich Aufmerksamkeit war und wie eng Unterwürfigkeit und Hass zusammenlagen.
    Vor ihr senkte Merie den Kopf. Ein leichter Essiggeruch umgab sie. »Kann ich nach Hause, bitte?«, fragte sie so leise, dass der Wind die Worte fast verwehte.
    »Nein«, sagte Ana. Sie wendete das Pferd und ritt langsam den Pfad entlang. Jonan schloss zu ihr auf.
    »Warum nicht?« Merie klang weinerlich.
    »Weißt du denn nicht mehr, was geschehen ist?«
    »Ich weiß gar nichts.« Die Antwort kam zu schnell, um wahr zu sein.
    Ana warf Jonan einen kurzen Blick zu. Er schüttelte den Kopf. Lass sie in Ruhe , schien er damit sagen zu wollen.
    »Wir reden später darüber«, sagte Ana.
    Schweigend zogen sie weiter. Merie bat nicht mehr darum, nach Hause gehen zu dürfen. Nur ab und zu zitterten ihre Schultern, so als weine sie.
    Einige Male streckte Ana die Hand aus, um sie zu trösten, schreckte aber davor zurück. Sie wusste, dass Merie ihr das Leben gerettet hatte, aber wenn sie die Augen schloss, sah sie Erys' verwüstetes Gesicht vor sich.
    Sie fragte sich, ob es Merie auch so ging und ob sie deshalb weinte.
    Der Weg führte sie an der Scheune vorbei, die Ana auf dem Feld gesehen hatte. Sie war zweistöckig. Die Türen standen weit offen. Die Deichsel eines Karrens ragte daraus hervor. Neben der Scheune stand ein voller Wassertrog. Strohhalme trieben im Wasser.
    »Ich sehe mich mal nach etwas Nützlichem um«, kündigte Jonan an. »Wir brauchen noch ein Pferd und Vorräte. Bleibt hier.«
    Ana zügelte das Pferd und sah Jonan nach, als er zur Scheune ging und darin verschwand. Ihr entging nicht, dass seine Hand auf dem Griff seines Schwertes lag.
    Merie drehte den Kopf. Ihr Gesicht war immer noch voller Blut. »Ich würde mich gern waschen, bitte«, sagte sie.
    »Du willst doch nur weglaufen.« Ana folgte mit dem Blick einer Krähe, die in die Scheune flog.
    »Nein, will ich nicht«, sagte Merie. »Ehrlich. Sieh mich doch an. Würdest du dich nicht waschen wollen?«
    Sie hat recht , dachte Ana. Trotzdem zögerte sie einen Moment, bevor sie ihr Pferd zum Wassertrog führte. Es neigte den Kopf und begann zu trinken.
    »Also gut, wasch dich. Aber wenn du versuchst wegzulaufen, wirst du bis Somerstorm zu Fuß gehen, das verspreche ich dir.«
    Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da glitt Merie bereits vom Pferderücken. »Danke, Ana.«
    Sie hockte sich vor den Trog und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Aus den Augenwinkeln sah Ana eine zweite Krähe in die Scheune fliegen. Es musste viele Mäuse dort geben.
    Sie sprang vom Pferd und streckte sich. Es war noch früh, aber

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