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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Sie wusste nicht, ob er einen Witz machte oder es ernst meinte.
    Hat er je etwas gesagt, das er nicht ernst meinte?
    »Ja, das könnte sein«, sagte sie.
    Jonan blieb stehen und ließ ihren Arm los. Ihr war nicht aufgefallen, dass er ihn immer noch festgehalten hatte.
    »Etwas folgt uns.« Er sprach leise.
    Ana spürte einen Stich im Magen. »Garde?«
    Er schüttelte den Kopf. Merie war ebenfalls stehen geblieben. Sie sah sich um.
    Hinter ihr knackten Äste. Ein großer, dunkler Umriss schob sich zwischen den Bäumen hindurch auf sie zu.
    »Komm langsam hierher, Merie.« Ana versuchte, ruhig zu klingen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Jonan lautlos seine Schwerter aus dem Gürtel zog. Er wusste, was zwischen Laub und Ästen lauerte, ebenso wie sie.
    Mit langsamen, kleinen Schritten ging Merie zu ihr. Ihr Gesichtsausdruck wirkte angespannt, aber nicht ängstlich. Seit dem Gespräch mit Jonan war sie selbstsicherer geworden.
    Jonan trat vor sie und Ana, als sie herangekommen war. Schnell und entschlossen ging er auf den Schatten zwischen den Bäumen zu. Er breitete die Arme aus. Die Klingen seiner Schwerter blitzten in der Sonne.
    »Worauf wartest du?«, rief er.
    Ein Knurren, so tief, dass Ana es in ihrem Magen spürte, antwortete ihm. Sie hörte, wie Krallen den Waldboden aufscharrten, dann riss ein Sonnenstrahl ölig glänzendes, dunkles Fell aus den Schatten.
    Schlangenbär , dachte sie. So nannte man die Tiere in Somerstorm wegen ihres öligen, kurzen Pelzes und der schwarzbraunen Zeichnung auf ihrem Rücken. In anderen Provinzen hießen sie Flussbär oder Großzahn.
    Jonans Auftreten schien das Tier zu verwirren. Es knurrte nur, griff aber nicht an.
    »Ist das ein Ringelbär?«, flüsterte Merie. Ana hatte den Namen noch nie gehört, nahm aber an, dass er sich auf den gleichen Bären bezog.
    »Ja«, sagte sie leise. »Weißt du, wie du dich verhalten musst?«
    Merie nickte. »Nicht bewegen, nicht schreien.« Sie zögerte. »Aber vielleicht braucht Jonan meine Hilfe. Wenn ich mich verwandele und …«
    »Nein«, unterbrach Ana sie rasch. »Er braucht deine Hilfe nicht.« Ein unberechenbarer Nachtschatten im Rücken ist das Letzte, was er braucht , dachte sie.
    Merie wirkte enttäuscht, so als warte sie trotz Jonans eindringlicher Worte auf die Gelegenheit, sich zu verwandeln. Ana hoffte, dass ihre Neugier schwächer war als die Angst, zur Bestie zu werden.
    Jonan trat einen weiteren Schritt vor. »Komm schon!«
    In seiner Deckung konnte er den Bär nicht angreifen. Seine Schwerter hätten sich nur zwischen den Ästen und Sträuchern verfangen.
    Der Bär brüllte. Mit einem gewaltigen Satz brach er durch das Dickicht. Zweige wurden Jonan entgegengeschleudert, Herbstlaub stob auf. Dazwischen sah Ana eine Tatze, groß wie ein Kopf, die mit ausgestreckten Krallen nach Jonan schlug.
    Aufgerichtet auf seinen Hinterläufen, überragte der Bär Jonan um eine Armeslänge. Ein Windstoß wehte den Gestank von ranzigem Fett herüber.
    Der Kampf dauerte nur wenige Lidschläge.
    Jonan schlug die Tatze des Bären mit seinem rechten Schwert beiseite und rammte ihm das linke in die Brust. Gleichzeitig wirbelte er die rechte Klinge herum und zog sie über die Kehle des Tiers.
    Das Brüllen des Bären wurde zum Gurgeln. Seine Hinterläufe knickten ein. Blut spritzte aus seiner Kehle, seine fingerlangen Reißzähne schnappten wild nach Jonan, so als wollte er seinen Feind mit in den Tod reißen.
    Dann ging er zu Boden. Sein Blick brach. Ana sah, wie das Leben in seinen Augen erlosch. Sie wusste nicht, weshalb ihr Tränen in die Augen traten. Hastig wischte sie sie mit dem Handrücken weg.
    Hinter ihr schnaubte ein Pferd.
    Ana fuhr herum.
    »Den habe ich gejagt«, sagte der Mann auf dem Pferderücken.
     
     
    Sein Name war Abinkehruz. Er war ein Bur. Ana musterte ihn, als er aus dem Sattel stieg und sich vorstellte. Er war nicht groß, nur ein klein wenig größer als sie selbst. Sein kurzes Haar war grau, die Haut lederartig und von winzigen Falten durchzogen, trotzdem hatte Ana den Eindruck, dass er nicht so alt war, wie er aussah. Seine Bewegungen waren geschmeidig, sein Blick wach. Seine Kleidung bestand aus Leder, er trug ein Kurzschwert im Gürtel und einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken. Ein Bogen hing an seinem Sattel.
    Jonan säuberte seine Schwerter mit einigen Blättern. »Ich bin Jonan«, sagte er währenddessen. »Und das sind Merie und Petya. Ich begleite sie nach Zvaran. Sie

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