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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Geschichten seiner Reisen lauschen, denn Vergnügungen findet man selten außerhalb Bochats. Selbst die Gaukler sind zumeist nur auf der Durchreise.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
    Sie hatten Dörrfleisch, Weinschläuche, Eier, getrocknetes Obst und frische Kleidung für die Stute bekommen, zu wenig, wie Craymorus fand, doch er sagte nichts dazu. Er wusste nicht, was ein Pferd kostete oder ein Ei. Auf der Insel der Meister hatte er alles, was er brauchte, gestellt bekommen, in der Festung hatte man ihn bedient.
    Sie übernachteten abseits der Straße in einer alten Scheune, dann ritten sie weiter nach Westen. Dank der Kleidung, die sie trugen – einfache Hemden und Hosen und derbe Wämser – sahen sie aus wie Bauern auf dem Weg zum Markt. Craymorus hatte den Streitkolben in einen Sack auf dem Rücken gesteckt, während Korvellan sein Schwert offen am Gürtel hängend trug. Angeblich durften Bauern in Busharan Waffen tragen, auch wenn Craymorus das nicht so ganz glauben konnte. In Westfall wurde das mit dem Tod bestraft.
    Gerade wie eine gespannte Schnur führte die Straße gen Westen. Sie ließen die Pferde traben, um schneller vorwärtszukommen. Craymorus gewöhnte sich schnell an den Sattel. Am zweiten Tag spürte er ihn kaum noch. Die Bewegungen des Pferdes wurden ihm immer vertrauter, seine Arme und Beine schienen sich an die wenigen Male zu erinnern, bei denen er als Kind geritten war.
    Craymorus betrachtete die Landschaft, die an ihnen vorbeizog. Weiden, Felder, Wiesen, gelegentlich ein Dorf oder ein Wald. Die Hügel, die er sah, waren sanft, die Wolken, die über ihre Köpfe zogen, weder besonders dunkel noch hell, nicht übermäßig groß oder ungewöhnlich klein.
    Unauffällig , dachte Craymorus, als sie am Mittag des dritten Tages an einigen Männern vorbeiritten, die auf einem Feld arbeiteten. Sie nickten ihnen zu, Craymorus nickte zurück.
    Zweimal war er bereits in Busharan gewesen. Beim ersten Mal war er ein Kind gewesen. Er erinnerte sich an die Krücken, die neben ihm auf dem Boden gelegen hatten, an den Schmerz, der bei jedem Schlagloch durch seine Beine gefahren war, an seine von Blasen bedeckten Hände.
    Beim zweiten Mal hatte er neben Rickard in einer Kutsche gesessen. Die Schlaglöcher hatten immer noch geschmerzt, aber seine Hände waren hart geworden, die Schultern stark. Er hatte nach vorn geblickt, in die Zukunft, die ihn erwartete. Busharan war an ihm vorbeigezogen, ohne Eindruck zu hinterlassen.
    »Wollt Ihr mich nicht fragen?« Korvellans Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
    Craymorus wandte den Kopf. Seit dem Morgen ritten sie nebeneinander, aber es fiel ihm erst in diesem Moment auf.
    »Was fragen?«
    »Ob ich den Mann kenne, der Euch verkrüppelt hat.« Korvellan sah ihn an. »Und ob ich weiß, weshalb er es tat.« Ja , dachte Craymorus, das will ich, seit dem ersten Schritt dieser Reise. »Nein«, sagte er. »Das will ich nicht fragen. Eine Bestie braucht keinen Grund, um wie eine Bestie zu handeln.«
    »Wie Ihr meint.« Korvellan schnalzte mit der Zunge und ritt vor.
    Craymorus starrte auf seinen Rücken. Er wollte ihm den Namen, der ihn seit so langer Zeit in seinen Träumen verfolgte, hinterherrufen, doch er schwieg. Korvellan spielte mit ihm. Nicht umsonst hatte er die Bestie als Mann bezeichnet. Er wollte, dass Craymorus die Nachtschatten als Menschen sah, mit guten und schlechten Seiten, mit Fehlern und Stärken, mit Beweggründen für ihr Handeln. Er hatte ihn bereits auf diesen Weg geführt, doch Craymorus würde keinen Schritt weiter mit ihm gehen. Sie hatten nur eine Gemeinsamkeit, ihr Ziel, und dabei würde es bleiben.
    Korvellan zügelte sein Pferd und hob die Hand, dann drehte er sich im Sattel um. »Jemand kommt uns entgegen.«
    Craymorus hielt neben ihm an. Vor ihnen lag ein schmaler Fluss. Eine Holzbrücke führte darüber. Sie war breit genug für zwei Pferde. Dahinter knickte die Straße nach Süden ab. Dichte Hecken trennten die Weiden auf beiden Seiten von der Straße. Craymorus richtete sich im Sattel auf, aber die Hecken waren zu hoch; er sah nicht, wer ihnen entgegenkam.
    »Wir könnten uns in den Feldern verstecken«, sagte er.
    »Nein.« Korvellan lauschte mit schräg gelegtem Kopf. »Sie sind zu schnell. Wir müssten sie …«
    … gleich sehen , hatte er wohl sagen wollen, doch dazu bestand kein Grund mehr.
    Craymorus tastete nach dem Streitkolben im Sack auf seinem Rücken, als er die vier Männer sah,

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