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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Eunuch öffnete die Tür trotzdem.
    »Eure Gäste sind eingetroffen«, sang er und verbeugte sich tief.
    Korvellan trat als Erster ein. Craymorus sah ihn kurz zögern, bevor er weiterging, dann trat auch er ein und schluckte.
    Sie waren alle da.
    Die Meister saßen auf einer Empore hinter einem uralt wirkenden behauenen Steintisch. Zwei steinerne Treppen führten zu ihnen hinauf. Zeichen waren in die Steine eingeritzt. Craymorus kniff die Augen zusammen. Sie sahen aus wie die Schrift der Vergangenen.
    Es waren achtzehn Meister. Horasz saß am linken Rand, sein Gesicht wie immer hinter dem ungestutzten Bart verborgen. Sechs Frauen saßen auf der Empore, alte und junge. Die Männer waren fast alle alt. Nur drei von ihnen waren weder weißhaarig noch kahl. Craymorus hatte nicht geahnt, dass es so viele Meister gab.
    Am Boden, in der Mitte des großen Raums, standen zwei Holzstühle. An dem rechten lehnte ein Stock.
    »Willkommen«, sagte Horasz. Er nickte zuerst Craymorus, dann Korvellan zu. »Fürst, General – setzt Euch bitte.«
    Die Stühle standen so dicht nebeneinander, dass sie sich berührten. Korvellan griff nach der Lehne des linken Stuhls und zog ihn zur Seite.
    »Wir haben Euch nicht gebeten, das zu tun«, sagte eine ältere Frau. Sie hatte eine befehlsgewohnte Stimme.
    Korvellan zögerte, dann schob er den Stuhl zurück und setzte sich.
    Craymorus setzte sich neben ihn. Er drehte den Stock zwischen den Fingern. Er war aus einem Tierknochen geschnitzt und sah wertvoll aus.
    »Wir haben erfahren, dass Ihr Euch verletzt habt«, sagte die Frau.
    Von wem? , dachte Craymorus, aber er sprach die Frage nicht aus.
    »Weshalb seid Ihr hier?«, fragte Horasz.
    Korvellan antwortete. »Wir sind hier wegen der Vergangenen.«
    »Wieso glaubt Ihr, wir wüssten etwas über sie?« Die Frau stellte die Frage. Ihr Gesicht war streng. Sie hatte die dunklen, von grauen Strähnen durchzogenen Haare zu einem Zopf geflochten, der über ihre Schulter hing.
    »Weil wir sie bei Euch studieren mussten.« Craymorus war zu müde für ihre Spiele. »Und weil Ihr an einem Tisch sitzt, der mit ihren Schriftzeichen verziert ist.«
    Sie ging nicht darauf ein. »Weshalb kamt Ihr damals zu uns, General?«
    »Um mehr über mein Volk zu erfahren.«
    »Und Ihr, Fürst?«
    »Um etwas über die Nachtschatten zu lernen.«
    Sie lehnte sich in ihrem hohen hölzernen Stuhl zurück. Ihre dunkle Robe raschelte. »Und was bringt Euch auf den Gedanken, wir hätten uns über Eure Wünsche hinweggesetzt?«
    Craymorus sah Korvellan an. Sie saßen so dicht nebeneinander, dass er sein Spiegelbild in dessen Pupillen sehen konnte.
    Die ältere Frau nickte Horasz zu. Der räusperte sich. »Amara möchte, dass ich Euch eine Geschichte erzähle.«

 
Kapitel 28
     
    Die Jagd ist eines der wenigen Vergnügen, denen der Reisende in Somerstorm frönen kann. Auf den weiten Ebenen findet man Grunzschweine und Herden von Schneebüffeln. Und wenn der Reisende selbst einmal wissen möchte, wie sich die Beute fühlt, so sei ihm die Begegnung mit einem Eiswolf empfohlen.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
    »Du willst etwas über die Welt wissen?« Nebelläufer hockte unter einem Felsvorsprung und sah hinaus auf die schneebedeckte Ebene. Auf seinen Knien lag ein Speer. »Dann hör mir zu.«
    Sie jagten Grunzschweine, er und Gerit. Am frühen Morgen waren sie aufgebrochen, nachdem eine Patrouille Spuren eines großen Keilers gefunden hatte, und nun warteten sie bei dessen Unterschlupf.
    Nebelläufer hatte Gerit gefragt, ob er ihn begleiten wolle, eine unerwartete Ehre. Die anderen Nachtschatten respektierten Nebelläufer. Er hatte einst als schnellster Jäger des Nordens gegolten, bis eine Verletzung sein Bein lähmte. Doch es gab immer noch keinen, der besser Spuren las als er. Gerit war stolz, dass er ihn begleiten durfte.
    »All das«, sagte Nebelläufer und zeigte mit dem Speer auf die Ebene, »gab es nicht, als die Welt den Vergangenen gehörte. Keine Bäume, keine Tiere, keinen Schnee.«
    »Keine Menschen?«
    »Erst recht keine Menschen.« Sein Tonfall nahm den Worten die Spitze. »Die Welt bestand aus Magie. Es gab kein Leben und keine Zeit, aber es gab Magie, die über sich selbst nachdachte, Gestalt annahm und zu denen wurde, die wir die Vergangenen nennen. Sie hatten keine Körper, denn es gab keine Körper. Sie hatten keine Hütten oder Pferde oder Essen. Aber was sie hatten, war Gier.« Er stützte sich auf seinen

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