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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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verstummten. Die Blicke der Menschen richteten sich auf ihn. Er ging ins Wasser, näherte sich ihnen.
    »Wirf den Speer weg«, sagte er zu dem Fischer, der nach Halbmond gestochen hatte.
    Der Mann zögerte.
    Schwarzklaue machte einen Schritt zur Seite. Seine Klaue stieß vor, schlitzte eine Frau vom Bauch bis zur Kehle auf.
    Der Mann warf den Speer ins Wasser. Ein anderer übergab sich. Kinder begannen zu weinen.
    »Wer von euch kennt den Weg zur Insel der Meister?«, fragte Schwarzklaue.
    Niemand sagte etwas. Einige senkten die Blicke, die meisten starrten zu ihren Hütten, als würde alles gut, könnten sie die nur erreichen.
    »Ich werde nicht noch einmal fragen«, sagte Schwarzklaue. Er sah eines der Kinder an.
    Ein Fischer trat vor. Er gehörte zu denen, die das Boot repariert hatten. Schwarzklaue fiel es schwer, das Alter von Menschen zu schätzen, doch dieser wirkte alt. Sein Haar war grau, seine Haut faltig.
    Gut , dachte er. »Du wirst uns zu der Insel bringen, an den Ort, an dem die Fähre anlegt. Weißt du, wo das ist?«
    »Ja.«
    »Wie heißt du?«
    »Knoven, Herr.«
    »Ich bin nicht dein Herr!«, brüllte Schwarzklaue.
    Der Blick des alten Mannes flackerte. »Wie soll ich Euch sonst nennen?« Knoven hatte Angst, Schwarzklaue roch sie, aber seine Stimme war fest.
    »Ihn nennst du Halbmond, mich Schwarzklaue.«
    Eine Frau schrie auf und hielt sich rasch die Hand vor den Mund. Ein Mann wich weiter ins Wasser zurück. Sie wussten, wer vor ihnen stand.
    »Ich werde euch einen Gefallen erweisen«, fuhr Schwarzklaue fort. »Ich werde euch nicht töten.« Einige sprachen hektisch Gebete, zwei Männer fielen sogar auf die Knie. Sie widerten ihn an. »Aber wenn ihr jemandem sagt, was hier geschehen ist und wohin Knoven mich bringt, werde ich zurückkommen.«
    Er sah ihnen an, dass er nicht mehr sagen musste. Zwar würde er Menschen nie so gut einschätzen können wie Korvellan, aber er hatte viel gelernt seit Beginn des Feldzugs.
    Schwarzklaue nickte Knoven zu. »Bring uns zur Insel.«
    Der alte Fischer blickte in den Himmel. »Jetzt? Es wird dunkel.«
    »Es ist hell genug.«
    Knoven schüttelte den Kopf. Sein faltiger Hals schwang mit. »Für junge Augen vielleicht, aber nicht für meine. Wir werden im Morgengrauen aufbrechen. Das ist sicherer.«
    Schwarzklaue schwieg und sah ihn an. Nach einem Moment, der länger währte, als er erwartet hatte, senkte Knoven den Blick. »Ich mache das Boot fertig.«
    Das Meer erschien ihm endlos. Seit die Küste hinter Wellen und Gischt verschwunden war, breitete es sich von Horizont zu Horizont aus. Sonnenlicht glitzerte auf dem Wasser, so wie auf dem Eis in der Heimat, die er mit jedem Tag mehr vermisste.
    Es war früher Nachmittag. Halbmond lag auf einigen Netzen und schlief, Knoven saß am Ruder. Ab und zu fielen ihm die Augen zu, aber er schreckte immer wieder hoch, wenn sein Kopf seine Brust berührte. Schwarzklaue hockte am Bug und sah hinaus auf das Wasser. Über ihm blähte sich das Segel im Wind. Er drehte sich um.
    »Was ist auf der anderen Seite?«, fragte er. Beim Klang seiner Stimme hob Halbmond den Kopf.
    »Von was? Dem Meer?«, fragte Knoven zurück.
    Schwarzklaue nickte.
    »Nichts. Es geht immer so weiter bis in die Ewigkeit.«
    »Alles endet.«
    »Nicht das Meer.« Der alte Fischer gähnte. »Als mein Großvater ein junger Mann war, fuhr er mit seinem Bruder hinaus, um das andere Ufer zu suchen. Zwei Blindnächte lang blieben sie draußen, ernährten sich von den Fischen, die sie fingen, und tranken Regenwasser. Dann gaben sie auf und kamen zurück. Meine Großmutter hätte beinahe einen anderen Mann genommen, weil sie dachte, sie wären tot.« Er sah zum Himmel und zog das Ruder näher an seinen Körper. »Jenseits der Inseln gibt es nichts außer Wasser.«
    »Ich hätte nicht aufgegeben«, sagte Schwarzklaue. Der Horizont schien ihn zu locken.
    »Dann wärt Ihr gestorben.«
    »Vielleicht.«
    Knoven räusperte sich. »Dürfte ich nun Euch etwas fragen?«
    Schwarzklaue nickte.
    »Am Ende der Reise … Werdet Ihr mich töten?«
    »Ja.« Es war zu gefährlich, ihn am Leben zu lassen. Wenn die Dorfbewohner ihn verrieten, würde es mindestens einen Tag dauern, bis man auf der Insel erfuhr, wer an Land gegangen war. Doch machte Knoven den Mund auf, würde man auf der Insel sofort Bescheid wissen.
    Der alte Fischer blinzelte, räusperte sich erneut und sah hinaus auf das Wasser. »Das dachte ich mir.« Er schwieg eine Weile, so als erwarte er eine Erklärung. Dann

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