Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
Vom Netzwerk:
glaube, dass derzeit sowohl die kenianischen als auch die britischen Streitkräfte versuchen, die Vindictive abzufangen«, meldete Gott.
    Ich blickte wieder auf das Bild der Vindictive und fragte mich, ob die Milliarden Zuschauer genauso nervös reagierten wie ich. Der Andockarm, an dem die Fregatte lag, schien von einer unsichtbaren Kraft durchtrennt zu werden. Die Manövrierdüsen der Vindictive glühten blassblau, genauso wie IHRE Triebwerke. Der restliche Teil des Andockarms fiel vom Raumschiff ab.
    In der Kommandozentrale von Nyota-Mlima sah ich, wie sich
verschiedene Zielerfassungssymbole von den zahlreichen Waffensystemen der Speiche über das Bild der Vindictive legten.
    Der Bildschirm teilte sich erneut, und ich sah eine unmöglich hohe Felsnadel. Sie war wie eine Kreuzung aus einem mittelalterlichen Kirchturm und einem Berg, der in den purpurnen Himmel des Netzes aufragte. Ich brauchte einen Moment, um zu kapieren, dass es sich um die Netz-Darstellung von Nyota-Mlima handelte. Dann bewegte sich unser Beobachtungspunkt sehr schnell, und plötzlich waren wir drinnen. Es ging durch die steinernen Korridore, und wir folgten einer Spur aus weißem Feuer, das mit schmerzhafter Helligkeit brannte. Das verstand ich nicht. Wir kamen in einen hohen Saal, eine kathedralenartige Höhle - das virtuelle Kommandozentrum von Nyota-Mlima. Ich hörte Schreie, menschlichen und anderen Ursprungs. Gott schrie ebenfalls, wie mir schließlich mit Entsetzen bewusst wurde. Die Höhle war mit unmöglich hellem weißem Feuer erfüllt. Ich konnte die Simba sehen, die Löwenmenschen-Avatare der militärischen Hacker der kenianischen Speiche. Sie brannten. Eine Gestalt bewegte sich in den Flammen. Die Silhouetten riesiger Flügel entfalteten sich, und mit einem Schlag hoben sie die Gestalt empor. Sie war blauhäutig, haarlos und nackt, aber zwischen den Beinen war nur glatte Haut, wodurch die mächtige androgyne Gestalt noch fremdartiger wirkte. In ihren Augen brannte das weiße Feuer, von dem sie umgeben war. Vier riesige gefiederte Flügel wuchsen ihr aus dem Rücken. So einen Avatar hatte ich noch nie gesehen, etwas, das gleichzeitig so sanftmütig und so bösartig war.
    Ich blickte wieder auf die Übertragung aus der realen Kommandozentrale. Die meisten Leute, die eingeklinkt gewesen waren, wanden sich nun schreiend am Boden oder hingen reglos in ihren Gurten, mit rauchenden Anschlüssen und toten Augen. General Kaaria blickte schockiert auf seine Leute.
    Ich konzentrierte mich wieder auf das Netz-Fenster. Der
schreckliche Engel schlug mit den Flügeln und war verschwunden.
    »Ich wurde verbrannt«, hörte ich Gott sagen, aber es klang eher fasziniert als verletzt.
    Auf dem Boden des Kampffliegers schlug Morag um sich. Sie war in Panik. Der fluchende Sanitäter gab ihr ein stärkeres Sedativum.
    »Was war das?«, fragte ich.
    »Das war Ezechiel«, antwortete Gott. »Sie ist eine Chimäre und Hackerin in den Diensten der Clique. Sie verbringt ihre gesamte Zeit im Netz. Anscheinend hat sie Software eingesetzt, die von Demiurg entwickelt wurde.«
    Morag zitterte immer heftiger, während sie von dem Sanitäter festgehalten wurde.
    »Alles in Ordnung, Morag. Das war nicht Demiurg«, sagte Gott beruhigend. Ich war mir nicht sicher, ob seine Sorge um Morag mich beunruhigte oder nicht.
    Über die Außenkamera an Hoch-Nyota-Mlima konnte die ganze Welt sehen, wie sich die Vindictive von der Orbitalstadt entfernte. Es hatte viele Momente in meinem Leben gegeben, in denen ich mich hilflos gefühlt hatte, und nun war ein weiterer dazugekommen.
    »Ich rufe die HMS Vindictive . Hier spricht Captain Damien Bloor von der HMS Warchilde . Sie werden unverzüglich Ihre Schiffssysteme herunterfahren und sich für eine Enterung bereitmachen. Jeder Widerstand im Netz oder während der Enterung wird die sofortige und vollständige Vernichtung Ihres Schiffs zur Folge haben. Haben Sie mich verstanden?« Sein Tonfall deutete auf eine Herkunft aus höheren Gesellschaftskreisen hin, gepaart mit dem Selbstbewusstsein und der Arroganz eines britischen Offiziers. Die Stimme hatte durchaus Ähnlichkeit mit der von Rolleston, auch wenn sie jünger klang.
    Auf dem Schirm sahen wir die spindeldürre Gestalt eines
überraschend jung aussehenden Mannes in RASF-Uniform vor dem Hintergrund der Brücke der Warchilde . So ziemlich jedes Kind auf der Erde hatte schon Geschichten von der Warchilde gehört. Es war ein achtzig Jahre alter leichter Kreuzer. Da er zu alt war, um

Weitere Kostenlose Bücher