Der Veteran: Roman
»Das Hauptproblem ist, anschließend die Erde zu bergen«, fügte er hinzu, als wir über eine Treppe zum ersten Stock des Hauses hinunterstiegen. Wie es schien, waren die Räume des Gebäudes irgendwann zu Einzelapartments umgebaut worden.
»Hä?«, lautete meine intelligente Erwiderung.
Wieder bedachte Elspeth mich mit jenem herablassenden Blick, zu dem nur von sich selbst überzeugte Teenager imstande waren.
»Es war wirklich nicht einfach, guten Erdboden zu finden«, sagte der altkluge kleine Mistkerl. »Wir mussten in sehr weitem Umkreis danach suchen - wir haben deswegen sogar Überfallkommandos losgeschickt.«
»Beeindruckend«, schwärmte ich.
Elspeth und wahrscheinlich auch die übrigen Bewohner der
Avenues waren offenbar sehr stolz auf das, was sie geschaffen hatten. Selbst ich musste es widerstrebend anerkennen.
Wir gelangten in einen Saal, der aufwändig mit einer Art Wandgemälde verziert worden war. Ich konnte es nicht genau erkennen, aber es schien sich um eine Serie von miteinander verbundenen Spiralen zu handeln, die von Knotenmustern gesäumt wurden. Durch die Tür konnte ich laute Stimmen hören. Wahrscheinlich hätte ich etwas verstanden, wenn ich meine Hörempfindlichkeit erhöht hätte, aber ich verzichtete darauf. Elspeth hämmerte gegen die Tür, und die Stimmen verstummten. Er drehte sich um, blickte uns an und musterte Morag noch einmal ausgiebig, was erneut mein Blut aufkochen ließ. Sie lächelte unsicher zurück, als er uns verließ und sich die Tür öffnete.
Von jemandem, der sich »Heide« nannte, hätte ich erwartet, dass er ziemlich genau so aussah, wie der Heide tatsächlich aussah. Das Gesicht, das uns begrüßte, war alt, gebräunt und ledrig. Seine Züge waren verhärmt und kantig, aber das Fast-Lächeln unter den schwarzen Linsen, die ihm als Augenersatz dienten, trug ein wenig dazu bei, die Härte seines Gesichts zu mindern. Auf der einen Hälfte des Schädels wuchsen orangefarbene Dreadlocks. Die andere Hälfte nahm die restrukturierte hässliche Militärtechnik eines integrierten Computers ein. Tattoos überzogen das Gesicht und verschwanden unter dem Kragen seines zerfledderten, schmutzigen T-Shirts. Später erfuhr ich, dass die Knotenmuster von implantierten Schaltkreisen erzeugt wurden.
Er trug eine Bikerjacke aus Leder, von der ich vermutete, dass sie gepanzert war, und eine alte Militärhose. Die Ohren wurden erwartungsgemäß von mehreren Piercings geziert, obwohl er zumindest keine anderen sichtbaren hatte. Seine größte und auffälligste Eigenart war der knorrige Holzstab, den er in
der linken Hand hielt und an dem verschiedene Fetischobjekte hingen. Das Ding machte einen sehr urtümlichen Eindruck. Damit erinnerte er mich an Buck und Gibby, die zwei Cyberbillys von den Night Stalkers auf Dog 4. Mein erster Eindruck war: zu bemüht.
Er musterte uns beide von oben bis unten, nickte dann und öffnete die Tür ganz. Seine Miene zeigte Besorgnis.
»Sie sind der Heide?«, fragte ich.
Er nickte. »Tee?«
Hinter ihm hörte ich jemanden fluchen, offenbar auf Deutsch.
Morag und ich folgten dem Heiden in eine Art Lounge. Der feuchte und erdige Geruch mischte sich mit dem kräftigen Aroma von Weihrauch. Der Raum sah wie ein Museum aus. Er war vollgestellt mit Gerümpel, alten Sesseln und einer Couchgarnitur, aus der das Polster hervorquoll. Bücher, richtige Bücher aus echtem Papier, nahmen eine ganze Wand ein. Bilder von fantastischen Landschaften und Geschöpfen überlagerten sich teilweise. Ansonsten lag eine Mischung aus Hightech und mutmaßlichen rituellen Requisiten herum. Mein zweiter Eindruck war, dass dieser Kerl ziemlich weit abgedriftet war.
Mitten in der Lounge stand eine große, grobknochige, athletisch gebaute Schwarze mit Irokesenschnitt und starrte uns finster an. Ihre Augen bestanden ebenfalls aus polarisierten Linsen. Sie trug ein Ledertop, und ich konnte erkennen, dass sie nur eine Brust hatte. Die andere war vermutlich chirurgisch entfernt worden.
»Das ist Jess«, sagte der Heide höflich und sah uns dann erwartungsvoll an.
Während ich noch zu entscheiden versuchte, ob wir irgendetwas zu verlieren hatten, wenn ich ihm unsere richtigen Namen nannte, stellte Morag uns beide vor.
Der Heide lächelte und verschwand in der winzigen Küche, um Tee zu kochen.
»Wo warst du?«, stellte Jess die Standardfrage unter Vets. Sie sprach mit schwerem deutschem Akzent.
»Hier und da«, sagte ich. »Und einige Zeit auf Dog
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