Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
Vom Netzwerk:
gehört, was du gesagt hast, Junge«, erklärte ich verärgert. »Hör mal, wir können jetzt in einen albernen männlichen Alpha-Wettstreit treten, den ich gewinnen würde, weil ich gewalttätiger bin. Danach fühlst du dich erniedrigt und musst trotzdem tun, wozu ich dich aufgefordert habe. Geh einfach zum Heiden, verdammt noch mal, und sag ihm, dass ich hier bin. Und überlass ihm das Denken.«
    »Ein guter Konfliktlösungsansatz«, murmelte Morag.
    Ich dachte über die Konfliktlösungsstrategien nach, die ich in Hereford gelernt hatte. Ich fragte mich, warum so viele Menschen glaubten, einen zwingen zu müssen, ihnen wehzutun,
damit sie vernünftig wurden. Betrachteten sie Freundlichkeit gegenüber einem Fremden als Schwäche? Das wäre traurig, aber wahrscheinlich war es so. Diesem Jungen musste man zugutehalten, dass er nicht mit Verwirrung reagierte. Er ließ sogar das Gewehr sinken.
    Das Einzige, was ich wirklich sah, waren Zähne, große, scharfe Stahlzähne. Nur undeutlich wurde mir die Größe des Mauls bewusst, das durch die Wasseroberfläche brach. Die Kiefer schienen mit Kraftunterstützung zu arbeiten. Ich hörte das laute Krachen, als die Kiefer in einer beeindruckenden Machtdemonstration nur wenige Zentimeter vom Boot entfernt zusammenschlugen und uns mit dem braunen Schlamm des Humber bespritzten. Instinktiv wich ich davor zurück, genauso wie Morag. Der Skipper achtete darauf, dass wir das Boot nicht zum Kentern brachten.
    »Verdammter Dinosaurier!«, brüllte ich und riss meine Pistolen aus den Holstern. Morag wirkte erschrocken, aber ich war viel zu sehr mit meiner eigenen Angst beschäftigt, um zu bemerken, ob sie geschrien hatte. Der kybernetisch aufgerüstete Alligator, der nur durch ständige Zufuhr von Wachstumshormonen so groß geworden sein konnte, versank wieder im braunen Wasser, mit der würdevollen Enttäuschung eines Raubtiers, das auf die Beute verzichten musste.
    »Der Vikar hat uns zum Heiden geschickt«, wandte sich Morag an den Jungen. »Sag ihm einfach, dass der Vikar uns geschickt hat!«
    Viele der Leute, die uns von der Avenue-Seite der Kette aus beobachtet hatten, lachten jetzt. Ich vermutete, dass so etwas schon häufiger geschehen war. Der Junge sagte etwas zu einem anderen bewaffneten Mann im alten Hotel an der Ecke der Marlborough Avenue. Dann drehte er sich wieder zu uns um.
    »Ich weiß, dass es für euch ärgerlich sein muss, von jemandem in meinem Alter ausgefragt zu werden, aber ich lebe hier,
und wenn ihr zu uns kommt, müsst ihr euch entweder benehmen, oder ihr werdet gefressen.« Vielleicht war der Junge in Wirklichkeit gar nicht so verbohrt, wie ich gedacht hatte.
    »Es ist ein verdammter Dinosaurier«, stieß ich erneut hervor. Nervös beobachtete ich, wie ein weiterer gepanzerter Reptilienrücken durch die Wasseroberfläche brach. Es gab offensichtlich mehrere von diesen Viechern.
    Der andere Mann nickte dem Jungen zu, der sich dann wieder uns zuwandte.
    »Okay, ihr könnt an Land kommen. Aber versucht, euch nicht wie Wichser zu benehmen, okay?«
    Morag nickte und lächelte. Ich blickte noch einen Moment lang verärgert drein und nickte dann ebenfalls. Nach der Begegnung mit dem Alligator würde es noch eine Weile dauern, bis mein Selbstbewusstsein zurückgekehrt war. Es schien überhaupt keine Rolle zu spielen, wie gut man ausgebildet oder mit wie viel Kybernetik man ausgestattet war - Menschen hatten einfach Angst vor großen Echsen. Wir kletterten auf den Landungssteg.
    »Ich zeige euch den Weg«, sagte der Junge und lächelte Morag an. Ich war mir nicht sicher, ob das, was ich empfand, irgendein Beschützerinstinkt, Eifersucht oder einfach nur das Bedürfnis war, dem selbstgefälligen kleinen Arschloch eins in seine Pickelfresse zu schlagen. »Ich heiße übrigens Elspeth.«
    Zum Glück wandte er sich in diesem Moment ab, so dass er nicht sah, wie Morag und ich einen Lachanfall unterdrücken mussten.
    Elspeth führte uns durch das Gebäude, von dem ich angenommen hatte, dass es ein Hotel war. Jetzt sah es eher nach etwas Institutionellem aus. Überall roch es nach Feuchtigkeit und abgestandenem Wasser, einem Gestank, mit dem ich schon auf den Rigs ständig gelebt hatte. Wir stiegen ein paar Treppen hinauf und gelangten aufs Dach. Von dort konnten wir die ganze Marlborough Avenue überblicken.

    »Der Heide wohnt an der Westbourne«, sagte Elspeth, als müssten wir etwas damit anfangen können.
    Das Wasser reichte bis zur halben Höhe des Erdgeschosses der

Weitere Kostenlose Bücher