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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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schäumten die Gefühle schon mal über.
    Die Spitze eines langen Messers tauchte vor Vorderbrügges Kinn auf. Er ließ Raupach los und wich entsetzt zurück.
    »Danke für die Blumen«, sagte Photini. »Und danke für dein Geschenk, Klemens.« Mit den Fingern befühlte sie die Klinge des Küchenmessers. Es sah verwegen aus. »So eines habe ich mir schon lange gewünscht. Damit werde ich Rula Konkurrenz machen.«
    »Was haben Sie vor?«, fragte Vorderbrügge.
    »Es ist ein Chefmesser«, erklärte Raupach. »Man kann es für so gut wie alles benutzen, Zwiebeln, Tomaten, Kürbisse. Gourmetköche arbeiten immer nur mit einem anständigen Messer.«
    »Ich werd’s mir merken«, sagte Photini.
    »Du musst es regelmäßig schleifen. Das haben sie mir zumindest in dem Laden gesagt.«
    »Stecken Sie das Ding da weg«, sagte Vorderbrügge. »Sind Sie noch ganz bei Trost?«
    Photini wollte entgegnen, dass er ihr überhaupt nichts mehr zu sagen habe. Vorderbrügge war einer jener Typen, die sich eher auf die Zunge bissen, als einem Kollegen nur einen Funken Achtung zu zollen. Sein Verhalten entsprang reiner Berechnung. Witterte er einen persönlichen Nutzen, klebte er an einem wie ein alter Kater, der genau wusste, wo es etwas zu holen gab.
    Sie besann sich. »Ich hatte den Eindruck, dass Ihnen die Argumente ausgegangen sind. Bedienen Sie sich.« Sie hielt ihm den Griff des Messers hin.
    »Blödsinn!« Vorderbrügge wandte sich ab und folgte Woytas, der bereits auf dem Weg zu Himmerich war.
    »Errötend folgt er seinen Spuren«, sagte Raupach. »Das ist, mit einer kleinen Abwandlung, auch aus der Glocke. Wusstest du das?«
    »Hör endlich auf mit Schiller. Der Punsch wartet.«
    »Trink nicht so viel, Fofó. Wir müssen morgen wieder an die Arbeit.«
    »Morgen ist Samstag.«
    »Na und? Die Zeit drängt. Woytas wird uns nicht mehr lange gewähren lassen.«
    Photini überlegte einen Augenblick und warf einen Blick auf ihre Kollegen. Einige kannte sie noch von der Polizeischule, sie waren auf die verschiedenen Abteilungen und Dienststellen der Kölner Polizei samt Umgebung verteilt worden. Bestimmt würden sich ein paar interessante Gespräche ergeben. Sie würden vergleichen, was sie bisher geleistet hatten und welche Perspektiven sie besaßen, wie man das Mitte zwanzig nach den ersten ein, zwei Berufsjahren tat. Ihre Geschichten wären noch nicht von dem Konkurrenzdenken geprägt, das Anfang dreißig an ihnen nagen und die ersten Zwischenbilanzen überschatten würde. Es konnte eine schöne, ausgelassene Party werden mit jeder Menge Anekdoten über ihre Erfolge, Fehlleistungen und die Prüfungen, die hinter ihnen lagen. Aber Photini war keine Frau, die sich an frühere Zeiten klammerte und die Gegenwart nach den Kriterien der Vergangenheit bemaß. »Dann können wir ebenso gut gleich weitermachen«, sagte sie schließlich.
    »Wie meinst du das?«
    »Lass uns ins Archiv runtergehen, wir legen eine Nachtschicht ein. Unter Alkohol bin ich zu Höchstleistungen imstande.«
    Raupach war überrascht von diesem Vorschlag, hatte aber nichts dagegen einzuwenden. Er war froh, dieser Weihnachtsfeier den Rücken zu kehren.
    Photini holte sich eine Literflasche Punsch auf Vorrat, und sie gingen gemeinsam zum Aufzug. Die beiden gaben ein merkwürdiges Bild ab. Vor ein oder zwei Jahrzehnten hätte man Raupach für einen etwas nachlässigen Ermittler alter Schule gehalten, der eine junge Verdächtige mit löchrigen Jeans und einer Weinpulle in der Hand zu seinem Büro geleitete. Photini trug wie die meisten anderen Polizisten keine Uniform. Selbst wenn sie ihren Stern endlich bekam, würde sie ihn nicht spazieren führen.
    Heide sah den beiden hinterher. Es hatte eine Weile gedauert, bis sie ihr Abendkleid wieder in Ordnung gebracht hatte und mit Paul zur Weihnachtsfeier zurückgekehrt war. Jetzt glaubte sie, den Grund für Raupachs Reserviertheit herausgefunden zu haben. Sie ärgerte sich über ihn. Schließlich hätte er sie in seine Affäre einweihen können, dann brauchte sie sich jetzt nicht wie ein Spitzel vorzukommen.
    Sie betrachtete das halb ausgepackte Buch. Zum Lesen hatte sie schon lange nicht mehr die nötige Ruhe. Ein Kollege aus ihrer Abteilung begrüßte sie überschwänglich und überreichte ihr einen Geschenkkarton. Sie machte sich auf die Suche nach einer Plastiktüte.

    Das »Apollo« war ein Lichtspielhaus, das sich seit dem Entstehen der großen Multiplexe darauf spezialisiert hatte, anspruchsvolle Filme zu zeigen. Manchmal

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