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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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ihren Eintrag sperren lassen, besaßen keinen Telefonanschluss oder wohnten nicht mehr in Deutschland. Raupach hatte es über die Auskunft versucht, weil er das Einwohnermeldeamt nicht einschalten wollte.
    Sein Magen knurrte. Das Mietshaus lag in Nippes, nur ein paar Straßenzüge von seiner Wohnung entfernt. Diese Adresse würde er noch abklappern. Dann wollte er nach Hause gehen, sich eine Tiefkühlpizza in den Ofen schieben und Heides Malkasten ausprobieren. Er freute sich schon darauf. So oft, wie er dem Fernsehmaler zugesehen hatte, müsste es ihm eigentlich im Handumdrehen gelingen, eine Landschaft oder etwas Vergleichbares hinzupinseln.
    Silke Scholl hatte ihm eine Leinwand geschenkt, fertig grundiert und auf einen Holzrahmen gezogen. Als er die Vernehmung beendet hatte, war sie zugänglicher geworden. Anscheinend besaß sie auch eine weniger materialistische Seite. Aber vielleicht hatte sie nur ein schlechtes Gewissen, weil sie nichts von Lübbens Band erzählt hatte. Oder es war eine Gegenleistung dafür, dass Raupach das Zellophansäckchen auf ihrem Ateliertisch wissentlich übersehen hatte. Es enthielt ein pyramidenförmiges Stück Haschisch, das sogar Höttges aufgefallen war.
    Raupach klingelte erneut. Im Laufe des Nachmittags hatte es begonnen zu schneien. Als der Himmel sich zuzog, war der kurze Anflug von Spätherbst erloschen wie ein altersschwacher Scheinwerfer, dem der Strom ausging. Dunkle Flocken fielen aus dem Nichts hernieder und dämpften die Geräusche der Stadt. Er hatte den Eindruck, als hielten sie einen Augenblick inne, bevor sie den Asphalt berührten.
    Eine Frauenstimme meldete sich über die Sprechanlage. Raupach stellte sich vor. Eine Weile blieb es still. Dann ertönte das Surren des Türöffners. Die Wohnung lag auf der dritten Etage. Am Fuß der Treppe schob er sich an einem Herrenfahrrad vorbei. Daneben stand ein Müllsack, aus dem die Splitter einer dicken Glasplatte ragten.
    Die Tür stand offen. »Kommen Sie rein!«, hörte er, begleitet vom Geräusch eines Staubsaugers. In der Wohnung hatte sich jemand große Mühe gegeben sauber zu machen. Das Laminat glänzte frisch gewischt. Raupach machte einen langen Schritt vom Fußabstreifer zu einem Läufer, der roch, als stammte er direkt aus der Waschmaschine. Ein Klumpen Schnee löste sich von seiner Sohle und blieb auf dem Teppich liegen. Rasch stellte Raupach einen Fuß darauf und trat ihn fest.
    »Hallo!« Die Frau stand hinter dem Esstisch und stellte ihren Wischmop beiseite. Raupach betrachtete den feuchten Boden. Wenn man genauer hinsah, bemerkte man jede Menge Kratzer. Dunkle Stellen wiesen darauf hin, wo das Laminat am häufigsten begangen war.
    »Setzen Sie sich. Tee oder Kaffee?«
    Das ließ sich Raupach nicht zweimal sagen. »Tee«, erwiderte er und nahm auf einem der hochlehnigen Stühle Platz. Er behielt seine Winterjacke an, eine alte Gewohnheit, um die Menschen, von denen er etwas erfahren wollte, nicht einzuschüchtern. Er war auf dem Sprung, sollte das bedeuten. Nach ein paar Fragen würde er sie wieder in Ruhe lassen.
    Sie wartete einen Moment, bis der Schalter an dem Heißwasserbereiter umsprang. Dann goss sie Tee auf.
    »Valerie Braq?« Er hatte den Namen auf dem Klingelschild gelesen.
    »Höchstpersönlich«, antwortete sie aufgekratzt und lehnte sich gegen die Küchenzeile. Sie trug ein Sweatshirt und eine weite Jogginghose. Ihre Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie hatte eine jugendliche Art, sah aber aus wie Mitte dreißig. »Was kann ich für Sie tun?«
    Valeries Gedanken traten auf der Stelle. Mit dem Besuch eines Kommissars von der Mordkommission hatte sie nicht mehr gerechnet nach dem letzten Telefonat mit ihrem Rechtsanwalt.
    »Ich würde gern mit Ihrem Mann sprechen.« Raupach blickte sich um. In der Wohnung war das Bedürfnis nach Ordnung und ein wenig Gemütlichkeit zu spüren. Nur die Deckenlampe hatte Valerie übersehen. Tote Insekten lagen darin. Vermutlich hatten sie sich im Sommer unter den Schirm verirrt und nicht wieder herausgefunden.
    Sie hielt den Atem an und fragte sich, welchen Plan dieser Polizist verfolgte. Was hatte er vor?
    »Es geht um die Morde an Raimund Lübben und Ronny Materlink. Vielleicht haben Sie darüber in der Zeitung gelesen?« Raupach hielt inne und berichtigte sich. »Entschuldigen Sie, das können Sie ja nicht wissen. Materlink ist erst gestern Abend gestorben.«
    »Wie bitte?«, fragte sie seltsam abwesend, als habe sie nicht zugehört.
    »Ihr Mann

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