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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Hat dir Noëlla schon von ihm erzählt? Von dem Pariser Coch?
    Adamsberg, den Kopf gesenkt, lief schneller. Er konnte niemanden in seine Mücken-Nummer mit hineinziehen. Die schwere Schuld, die ihn seit dem Mord von Hull niederdrückte, machte es ihm unmöglich. Fulgence konnte sich mit Vasallen umgeben haben und ein wahres Blutbad anrichten, er konnte Danglard, Retancourt, Justin umlegen und die gesamte Brigade mit Blut besudeln. Blut, das sich vor seinen Augen ausbreitete und in dem er den roten Mantel des Kardinals sich fälteln sah. Geh allein, junger Mann.
    Das Geschlecht und den Vornamen. Die Aussicht, zu sterben, ohne es erfahren zu haben, erschien ihm ungehörig, oder schuldhaft. Er zog sein Mobiltelefon an einem seiner roten Beinchen aus der Tasche und rief Danglard von der Straße aus an.
    »Was Neues?« fragte der Capitaine.
    »Abwarten«, sagte Adamsberg vorsichtig. »Mal abgesehen davon, stellen Sie sich vor, ich habe den fremden Vater zu fassen gekriegt. Es handelt sich nicht um einen zuverlässigen Mann mit gewichsten Schuhen.«
    »Nicht? Um was dann?«
    »Um so eine Ausgeburt von Kerl.«
    »Bin froh, daß Sie die Antwort haben.«
    »Genau. Ich wollt’s vorher noch erfahren.«
    »Vor was?«
    »Einfach nur sein Geschlecht und den Vornamen erfahren.«
    Adamsberg blieb stehen, um sich die Information auch korrekt einzuprägen. Nichts drang in sein Gedächtnis, wenn er sich bewegte.
    »Danke, Danglard. Und noch ein letztes: Sie sollten wissen, daß es mit Fröschen, jedenfalls mit grünen Laubfröschen, auch funktioniert. Die Explosion.«
     
    Auf seinem Gang ins Marais-Viertel legte sich ein Schleier des Trübsinns um ihn. Beim Anblick seines Hauses riß er sich wieder zusammen und beobachtete lange die Umgebung. Brézillon hatte Wort gehalten, die Überwachung war aufgehoben worden, und der Weg aus dem Schatten ins Licht war frei.
    Er sah sich rasch in seiner Wohnung um und schrieb dann fünf Briefe: an Raphaël, seine Familie, an Danglard, Camille und Retancourt. Aus einem Impuls heraus fügte er noch ein paar Worte für Sanscartier hinzu. Er legte das kleine, traurige Bündel in ein Versteck in seinem Zimmer, von dem Danglard wußte. Nach seinem Tode zu lesen. Nach einem kalten Abendessen, das er im Stehen einnahm, räumte er die Zimmer auf, sortierte die Wäsche und ließ seine Privatpost verschwinden. Du gehst als Besiegter davon, sagte er sich, als er den Müll in der Vorhalle des Hauses abstellte. Du gehst als Toter.
     
    Alles, so schien ihm, war an seinem Platz. Der Richter würde nicht wie ein Einbrecher hereinkommen. Er hatte sich von Michaël Sartonna mit Sicherheit eine Kopie seines Schlüssels schicken lassen. Fulgence konnte vorausschauend denken. Und es würde ihn nicht überraschen, wenn er den Kommissar, mit der Waffe in der Hand auf ihn wartend, antraf. Er wußte es, genau wie er auch wußte, daß er allein sein würde.
    Bis der Richter von seiner Rückkehr informiert wäre, verging sicher noch einige Zeit, er würde nicht vor morgen oder übermorgen abend erscheinen. Adamsberg erwartete ihn in einem winzigen Punkt genau: in der Uhrzeit. Der Richter liebte Symbole. Es würde ihm sicher gefallen, Adamsbergs Lauf zu derselben Stunde zu beenden, zu der er vor dreißig Jahren seinen Bruder geschlagen hatte. Zwischen elf Uhr und Mitternacht. Innerhalb dieser Zeitspanne konnte er also auf einen leichten Überraschungseffekt zählen. Fulgences Stolz gerade dort angreifen, wo er sich noch unverletzt glaubte. Auf dem Weg hatte Adamsberg ein Mah-Jongg-Spiel gekauft. Er baute auf dem niedrigen Tisch eine Partie auf und legte die Trumpfhand des Richters sehr sichtbar auf einem Spielsteinbänkchen aus. Er fügte noch zwei Blumen hinzu, für Noëlla und Michaël. Vielleicht würde der Anblick seines aufgedeckten Geheimnisses Fulgence vor dem Angriff ein paar Worte entlocken. Und vielleicht erhielte Adamsberg auf diese Weise eine Frist von ein paar Sekunden.

60
     
    Am Sonntagabend um zweiundzwanzig Uhr dreißig zog Adamsberg die schwere kugelsichere Weste über und legte sein Holster an. Er schaltete alle Lampen ein, um zu signalisieren, daß er da war, damit das große, in seiner Höhle kauernde Insekt ans flackernde Licht gekrochen käme.
    Um dreiundzwanzig Uhr fünfzehn kündigte ihm das Klicken im Schloß die Ankunft des Dreizacks an. Ungeniert schlug der Richter die Tür zu. Genau seine Art, dachte Adamsberg. Fulgence war überall zu Hause, egal, wo und wann. Ich werde den Blitz auf dich

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