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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Herrje, man spielt Karten, man beschäftigt sich, man quatscht miteinander.«
    Clémentine schob ihre Kekse in ihren alten Gasherd, schloß die quietschende Klappe und beobachtete sie skeptisch durch die verräucherte Scheibe.
    »Die Sache ist doch die«, fuhr sie fort »die Schürzenjäger müssen eben immer Schwierigkeiten machen, wenn sie mal im siebten Himmel sind, ist es nicht so? Sie werfen’s nämlich ihrer Braut vor.«
    »Wie das, Clémentine?«
    »Naja, weil die Liebe sie beim Rumtreiben stört. Also muß die Braut bestraft werden.«
    »Und wie bestraft er sie?«
    »Herrje, indem er sie wissen läßt, daß er sie nach Strich und Faden betrügt. Woraufhin das Mädchen zu weinen anfängt, und das ist natürlich nicht nach seinem Geschmack. Zwangsläufig, weil es ja niemandem gefällt, andere zum Weinen zu bringen. Also verläßt er sie.«
    »Und dann?« fragte Adamsberg, der dem Bericht so aufmerksam folgte, als würde die alte Frau ihm irgendeine erstaunliche Heldengeschichte erzählen.
    »Nun, dann sitzt er wieder in der Klemme, weil er das Mädchen verloren hat. Weil Rumtreiben eine Sache ist und Lieben eine andere. Das ergibt eben zwei.«
    »Warum zwei?«
    »Weil Rumtreiben nicht das Glück von ’nem Mann ist. Aber die Liebe ihn beim Rumtreiben stört. Also wechselt der Rumtreiber von einer Seite zur anderen und ist außerdem nie zufrieden beim Hinundherlaufen. Zuerst muß das Mädchen es ausbaden, und dann er.«
    Clémentine öffnete die Herdklappe, sah hinein und schloß sie wieder.
    »Da hast du vollkommen recht, Clémentine«, sagte Adamsberg.
    »Ist ja keine große Kunst, das zu verstehen«, meinte sie und wischte mit ausladenden Bewegungen den Tisch ab.
    »Ich werde mal meine Schweinekoteletts auf den Weg bringen.«
    »Aber warum treibt sich der Rumtreiber rum, Clémentine?«
    Die alte Frau stemmte ihre dicken Fäuste in die Hüften.
    »Na, weil’s einfacher ist. Wenn man liebt, muß man nämlich was von sich geben, und beim Rumtreiben braucht man das nicht. Mögen Sie Bohnen zum Schweinekotelett? Ich hab sie selbst verlesen.«
    »Esse ich denn hier?«
    »Nun, es ist doch Abendbrotszeit. Man muß Sie ein bißchen füttern. Sie haben ja gar nichts mehr auf den Rippen.«
    »Ich möchte Ihnen Ihr Schweinekotelett nicht wegnehmen.«
    »Ich hab zwei.«
    »Wußten Sie, daß ich kommen würde?«
    »Ich bin doch keine Hellseherin, hören Sie mal. Derzeit wohnt eine Freundin bei mir. Aber heute abend kommt sie später heim. Es täte mir leid um das Kotelett. Ich hätte es sonst morgen gegessen, aber ich esse nicht gern zweimal hintereinander Schwein. Ich weiß nicht, warum, ist so eine Laune von mir. Ich lege noch Holz nach, behalten Sie meinen Herd im Auge?«
     
    Der kleine Wohnraum, vollgestopft mit abgenutzten geblümten Sesseln, wurde nur durch einen Kamin beheizt. Im übrigen Haus gab es zwei Holzöfen. Die Temperatur im Raum lag nicht über fünfzehn Grad. Adamsberg deckte den Tisch, während Clémentine das Feuer wieder anfachte.
    »Nicht in der Küche«, wandte Clémentine ein und nahm die Teller. »Wenn ich schon mal so hohen Besuch habe, wollen wir’s uns auch im Wohnzimmer gemütlich machen. Trinken Sie Ihren Portwein aus, das stärkt.«
    Adamsberg gehorchte in allem und fühlte sich tatsächlich sehr wohl am Tisch in dem kleinen Salon, wo er mit dem Rücken zum Kaminfeuer saß. Clémentine füllte seinen Teller und schenkte ihm resolut ein Glas Wein bis zum Rand ein. Sie steckte sich eine geblümte Serviette in den Ausschnitt und reichte auch Adamsberg eine, der sich fügte.
    »Ich schneide Ihnen das Fleisch«, sagte sie. »Mit Ihrem einen Arm können Sie’s ja nicht. Müssen Sie auch darüber nachdenken?«
    »Nein, Clémentine, im Augenblick denke ich nicht sehr viel nach.«
    »Wenn man nicht denkt, bringt das Scherereien. Man muß sich immer den Kopf zerbrechen, mein kleiner Adamsberg. Es stört Sie doch hoffentlich nicht, wenn ich Sie bei Ihrem Namen nenne?«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    »Schluß jetzt mit dem Mist«, sagte Clémentine und setzte sich wieder an ihren Platz. »Was also ist los mit Ihnen? Von Ihrer Braut mal abgesehen.«
    »Ich habe im Augenblick eine heftige Neigung, alle Welt anzugreifen.«
    »Darum auch der Arm?«
    »Zum Beispiel.«
    »Hören Sie, ich bin nicht grundsätzlich gegen eine Klopperei, da reagiert man sich wenigstens mal ab. Aber wenn Sie so was normalerweise nicht machen, sollten wir mal scharf nachdenken. Entweder liegt’s an dem Ärger wegen der Kleinen

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