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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Ärmel zurückhielt. »Ich rede von Ihrer Entscheidung. Das Kind, der Händedruck mit dem Vater, und willkommen bei uns. Ist es nicht so, Capitaine?«
    »In meinem ganz persönlichen Buch, wie unsere kanadischen Kollegen sagen, sind Sie ein richtiger Idiot, Kommissar.«
    Adamsberg war verdutzt an seinem Tisch sitzen geblieben. Danglards unvorhersehbare Beleidigung tönte in seinem Schädel. Gäste, die aufmerksam den Gedichten zuhörten, gaben ihm zu verstehen, daß er und sein Freund sie seit einer ganzen Weile in ihrer Andacht störten. Adamsberg verließ das Café, suchte nach irgendeiner schäbigen Bar im Stadtzentrum, einer Säuferkneipe, in die die verrückte Noëlla bestimmt nicht reingehen würde. Vergebliche Suche, keine einzige gute alte Schmuddelbar in diesen übersichtlichen, sauberen Straßen. In Paris dagegen sproß so was wie Wildblumen aus den Ritzen der Bürgersteige. Er begnügte sich schließlich mit dem bescheidensten aller Etablissements, über dem ein Schild mit dem Namen Die Schleuse hing. Danglards Worte mußten ihn getroffen haben, denn er spürte, wie ein heftiger Kopfschmerz in ihm hochstieg, was ihm nur alle zehn Jahre einmal passierte.
    In meinem ganz persönlichen Buch sind Sie ein richtiger Idiot, Kommissar.
    Nicht zu vergessen die Sätze von Trabelmann, Brézillon, Favre und die des fremden Vaters. Ganz zu schweigen von den furchtbaren, die Noëlla ausgesprochen hatte. Kränkungen, Drohungen, Verrat.
    Und da dieser Schmerz im Schädel ihn nicht losließ, mußte man auf das Außergewöhnliche wohl mit Außergewöhnlichem reagieren und das Ganze in einem ordentlichen Suff ertränken. Adamsberg war von Natur aus nüchtern, und er erinnerte sich nur schwach an sein letztes Besäufnis, da war er ganz jung, bei einem Dorffest, und an die Wirkung, die so was haben konnte. Aber im großen und ganzen und nach allem, was man so hörte, waren die Leute zufrieden damit. Das Vergessen, sagten sie. Genau das brauchte er jetzt.
    Er setzte sich an die Bar zwischen zwei bereits bierselige Quebecois und kippte als Eröffnung drei Whiskey hinter.
    Die Wände drehten sich nicht, alles lief gut, und der chaotische Inhalt seines Kopfes füllte sich direkt in seinen Magen um. Mit einem Arm an den Tresen geklammert, bestellte er eine Flasche Wein, wußte er doch – noch immer zuverlässigen Zeugen zufolge –, daß das Mischen der Sorten annehmbare Ergebnisse erbrachte. Er trank vier Gläser und verlangte danach noch einen Cognac, um das Ganze komplett zu machen. Sei akkurat, akkurat und nochmals akkurat, ich kenne keine andere Möglichkeit, wenn man erfolgreich sein will. Verfluchter Laliberté. Verfluchter Schumm.
    Der Barkeeper begann ihn besorgt anzuschauen. Verpiß dich, Mensch, ich suche einen Ausweg, und dieser Ausweg hätte sogar Vivaldi zugesagt. Stell dir mal vor.
    Vorsichtshalber hatte Adamsberg schon vorab genügend Dollars auf den Tresen gelegt, um seine Zeche zu bezahlen, falls er von seinem Hocker fallen sollte. Der Cognac gab ihm einen bemerkenswerten Gnadenschuß, ein Gefühl völliger Orientierungslosigkeit, letzte Spuren von Wut, vermischt mit Heiterkeitsattacken, auch eine Überzeugung von Stärke, komm und schlag dich mit mir, wenn du ein Bär bist, ein Schumm, ein Toter, ein Fisch oder was sonst für ein guter Witz in der Art. Bleib wo du bist, sonst wirst du aufgespießt, hatte seine Großmutter, die Mistgabel in der Hand, zu einem deutschen Soldaten gesagt, der auf sie zukam, um sie zu vergewaltigen, was für ein Jux. Beim Gedanken daran mußte er sogar hier noch lachen. Tapfere Esti von Großmutter. Von sehr weit her hörte er die Stimme des Barkeepers.
    »Reg dich nicht auf, Mensch, aber du solltest für heute abend den Hebel loslassen und ein bißchen an die Luft gehen. Du redest schon mit dir selbst.«
    »Ich habe dir von meiner Großmutter erzählt.«
    »Deine Großmutter, die ist mir fürstlich schnuppe. Ich seh bloß, daß du dir tierisch einen hinter die Kiemen gießt und daß das böse enden wird. Du bist ja nicht mal mehr ansprechbar.«
    »Sprech-Bar? Welche Bar? Ich sitze hier, auf meinem Hocker.«
    »Sperr die Ohren auf, Franzose. Du bist stramm wie ’ne Fisel, und deine Augen hängen bereits in der Butter. Hat dich etwa deine Puppe abblitzen lassen? Das ist ja kein Grund, gleich einen auf Absacker zu machen. Los, heb deinen Arsch! Von mir kriegst du nichts mehr.«
    »Doch«, behauptete Adamsberg und hielt sein Glas hin.
    »Halt deinen Rand, Franzose. Beweg dich raus,

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