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Der Visionist

Der Visionist

Titel: Der Visionist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose M J
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Ermordung zu tun gehabt haben? Steckte er irgendwie mit Malachai unter einer Decke? Die einzigen Teile des Puzzles, die jetzt zusammenpassten, waren die professionellen Verkleidungen – die Männer im Hotelzimmer in Los Angeles, die falschen FedEx-Laster, der durchchoreografierte Ablauf.
    „Darius Shabaz, Sie sind verhaftet“, sagte Lucian laut. Shabaz blieb reglos, aber er senkte den Kopf wie im Gebet, er sank in sich zusammen, und seine Schultern rundeten sich, als ob beim Klang seines Namens etwas in ihm zerbrochen wäre.
    Lucian war keinen halben Meter mehr von dem Filmproduzenten entfernt, als er plötzlich spürte, dass der Boden bebte, die Wände wackeln sah und ein tiefes Grollen hörte.
    „Ein Erdbeben!“, schrie Shabaz, und Lucian, Matt und die drei FBI-Agenten fielen in einen breiten Spalt, der sich im Fußboden geöffnet hatte.

45. KAPITEL
    Aber es war gar kein Erdbeben. Die gleich hinter dem Bungalow bei den Bäumen postierten Verstärkungsteams hörten ein Grollen, und doch blieb der Boden ruhig. Nur wenige Meter von ihnen entfernt schossen plötzlich Hunderte von dreißig Zentimeter breiten Aluminiumlamellen aus dem Boden. In weniger als zwanzig Sekunden schirmte ein massiver Stahlzaun das Gebäude ab, das sie eben noch angestarrt hatten. Jetzt war es vor ihren Blicken verborgen, wie auch der Rest des Anwesens. Sobald die bebende Erde sich beruhigt hatte und er das wilde Geschrei der Vögel hören konnte, die auf das unnatürliche Geschehen reagierten, näherte Special Agent Gary Fulton sich vorsichtig mit gezogener Waffe dem Zaun. Wenn sich jemand schon all die Arbeit gemacht hatte, einen Burggraben aus Metall einzurichten, waren vermutlich auch Fallgruben im Boden installiert.
    Er erreichte den Zaun ohne Probleme und inspizierte die geschlossenen Lamellen. Die glatte Wand bot Fingern und Zehen keinen Halt und ließ sich nicht überklettern.
    Selbst wenn sie eine Räuberleiter bildeten und einen Agenten nach oben bekamen, war es zum Springen zu hoch. Fulton lief ein Stück den Zaun entlang und konnte kein Ende der gekrümmten Metallwand entdecken. Wie viel von diesem Anwesen war jetzt abgeschnitten? Er hatte keine Zeit, das herauszufinden, und auch keine Zeit, sich unter dem Zaun hindurchzugraben. Er und seine Männer mussten das Gebäude erreichen, in dem Glass und Richmond, Sellers, O’Hara und Jeffries gefangen gehalten wurden.
    Fulton zog sein Funkgerät heraus und forderte Verstärkung an. Er brauchte einen Hubschrauber, und zwar schnell.

46. KAPITEL
    Lucian roch Erde und Schimmel. Ihm war kalt, viel kälter als noch vor Minuten – oder Stunden? Um seinen Kopf schloss sich ein eisernes Band von Schmerzen. Wenn er seine Augen öffnete, konnte er nicht mehr sehen. Die Schwärze, die ihn umgab, war so absolut und undurchdringlich, dass er nicht sagen konnte, ob er in ihr war oder sie in ihm.
    Benommen kämpfte er sich durch den Schmerz und versuchte, zu begreifen, was eben passiert war, wo er sich befand, warum er hier war und was er getan hatte. Erinnere dich! befahl er sich selbst. Erinnere dich!
    Aber er konnte keine klaren Gedanken bilden. Eine Schmerzwelle überflutete ihn, und alles, was er in ihren tintenschwarzen Fluten sehen konnte, waren die Gesichter der Frauen, die er die letzten paar Wochen lang gezeichnet hatte. Sie verhöhnten ihn aus der Schwärze – die eine wütend, die zweite entsetzt, die dritte weinend. Alle von ihnen hatten Unrecht, Kummer und Schmerz erlitten – und alle beschuldigten ihn, forderten etwas von ihm. Die Frauen streckten ihre Arme aus, sodass ihre Finger sich berührten, und bildeten eine unauflösbare Kette um ihn, hielten ihn nicht nur mit ihrer körperlichen Kraft gefangen, sondern auch durch seine Schuld daran, was er ihnen angetan und ihnen genommen hatte.
    Bitte! flehte er. Sagt mir, was ich getan habe! Wie kann ich es wiedergutmachen, wenn ich nicht weiß, welches Verbrechen ich begangen habe? Was wollt ihr von mir?
    „Lucian?“
    Antwortete ihm endlich eine von ihnen, nach so vielen Wochen?
    „Lucian?“ Nein, es war eine Männerstimme, die ihn von oberhalb der Wasserfläche rief.
    Lucian versuchte, den Kreis der drei Frauen mit ihren erstickenden Forderungen zu durchbrechen und an die Oberflächehinaufzuschwimmen. Er konnte einen schwachen Lichtschein ausmachen, der durch das trübe grüne Wasser zu ihm hinunterdrang.
    „Lucian? Geht es dir gut? Sag was, Mann. Sag was!“
    Lucian konzentrierte sich. Mach die Augen auf! schrie er sich selbst

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