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Der Visionist

Der Visionist

Titel: Der Visionist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose M J
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Construction abgeworben worden waren. Bei seiner Befragung durch die Polizei gab Albertson zu, dass er vielleicht besser hätte auf sie achten sollen, da sie noch relativ neu waren, aber sie waren gute Arbeiter, die einfach keinerlei Aufmerksamkeit erregt hatten.
    Wovon er ihnen nicht erzählte, war, dass ein Mann, der Zigarren geraucht und mit starkem Akzent gesprochen hatte, ihm ein Bündel Banknoten gegeben hatte, damit er seiner Umgebung keine größere Aufmerksamkeit schenkte.
    Um mit seinem Team zu kommunizieren, benutzte Talbot, dessen wirklicher Name seine Herkunft verraten hätte, abgesprochene Zeichen und Signale, die sonst niemandem auffielen. Der kleine Mann mit der olivfarbenen Haut, dessen Haar so kurz geschoren war, dass seine Farbe und Struktur nicht zu erkennen war, wusste jederzeit, wo jedes einzelne Mitglied seines Teams sich befand und was es machte.
    Als man ihn später speziell zu Talbot befragte, schüttelte Albertson den Kopf und sagte, dass von allen seinen Leuten Talbot einer der besseren Arbeiter war; morgens immer als einerder Ersten da und abends einer der Letzten, die gingen. Und das war auch der Fall, doch nicht wegen seiner Arbeitsethik. Am Ende jedes Arbeitstages blieb Talbot absichtlich hinter den anderen zurück, ließ sich Zeit damit, aufzuräumen und seine Werkzeuge zu verstauen, und wartete, bis Don Albertson gegangen war. Dann deponierte er das Semtex, das er vorsichtig bei seinen Männern eingesammelt hatte, als niemand in der Nähe war oder zusah, in einem Eimer, der laut Etikett fünf Liter Benjamin-Moore-Wandfarbe Superweiß enthielt.
    Bis zu den Malerarbeiten bei der Renovierung der Abteilung für Islamische Kunst vergingen noch mindestens drei Monate, und unter all den nicht wirklich sicheren Aufbewahrungsorten für den Sprengstoff war dieser Eimer der sicherste, den Talbot finden konnte. Bis jetzt hatte er Glück gehabt, aber wie lange noch? Talbot wollte, dass seine Vorgesetzten grünes Licht gaben, damit er und seine Männer den Job tun, für den sie ausgebildet waren, und verschwinden konnten. Trotz der Sprengstoffgürtel, die sie tragen würden, hatten Talbot und seine Männer vor, ihre Aufgabe zu erledigen und zu überleben, um ihre Belohnung zu kassieren.
    Bevor Talbot an diesem Donnerstagabend die Tagesportion Semtex versteckte, überprüfte er den Eimer genau, um sicherzugehen, dass nichts manipuliert und sein Sprengstofflager nicht entdeckt worden war. Alles wirkte intakt. Das Klebeband, das er letzten Abend angebracht hatte, war unberührt.
    Und dann hörte er ein Geräusch, das wie Schritte klang. Er hielt inne und lauschte. Jemand kam in seine Richtung. Er warf einen schnellen Blick auf seine Uhr. Was war da los? Die Sicherheitspatrouille für diesen Teil des Museums war erst in einer halben Stunde fällig.
    Die Schritte hallten auf dem Marmorboden und kamen immer näher.
    Er würde keine Zeit mehr haben, den Rest des Sprengstoffsin den Eimer zu legen, ihn zu verschließen und beiseitezuschieben. Er würde improvisieren müssen, wenn …
    „Du bist immer noch da?“ Der Wachmann klang aufmerksam. Aber hatte er auch Verdacht geschöpft?
    Talbot band seinen Schnürsenkel zu und sah dann auf. Auf seiner rechten Seite stand der Eimer mit über drei Pfund Semtex, genug, um mehr Kunst in die Luft zu sprengen, als er sich vorstellen konnte. Links von ihm stand seine Lunchbox. Er stützte sich auf den Eimer und stand auf, wobei er auf eine entspannte, nichtaggressive Körpersprache achtete.
    „Ich war schon fast draußen, da ist mir aufgefallen, dass ich mein Handy nicht dabeihatte. Heute Mittag habe ich diese Eimer bewegt, da muss es mir wohl aus der Tasche gefallen sein.“ Er hielt es in die Höhe.
    „Gehst du jetzt?“
    „Sobald ich das hier aufgeräumt habe.“ Talbots Herz dröhnte, als er einen zweiten Eimer in die Höhe hob und auf dem anderen abstellte, der den Sprengstoff enthielt.
    „Ich muss hier bei dir warten“, erklärte der Wachmann.
    „Kein Problem. Du musst deinen Job machen und ich meinen“, sagte Talbot und schob die Eimer an die Wand ins Dunkel. „Albertson wird stinkwütend, wenn ich hier irgendwas herumliegen lasse. In der Hinsicht ist er schlimmer als die schlimmste Hausfrau.“
    Der Wachmann grinste.
    Talbot schob noch ein paar weitere Eimer hin und her und sah dann auf. Der Wachmann schien gar nicht zu beachten, was er tat.
    Talbots Herz schlug fast wieder im Normaltempo. War es nicht an der Zeit, seinen Plan in die Tat umzusetzen?

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