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Der Visionist

Der Visionist

Titel: Der Visionist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose M J
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schwarzen Marmorboden.Nein, er würde sich nicht seinen morgendlichen Lauf durch diese Sache ruinieren lassen – nicht, wenn er im Central Park joggen konnte.
    Reza trat hinaus auf die stille, dunkle Straße. Es regnete, doch selbst ein heftiges Gewitter hätte ihn nicht vom Laufen abgehalten. Er war abhängig von dem Adrenalin, das ihm der Sport morgens verschaffte. Gegen eine Straßenlaterne gelehnt absolvierte er die restlichen Dehnübungen, dann joggte er los über die Park Avenue hinüber zur Madison Street und weiter zur Fifth Avenue. Von dort rannte er die fünf Blocks bis zum Parkeingang an der 19. Straße.
    Der Joggingpfad war menschenleer, wie so oft um diese Tageszeit. Es war einer der Gründe, warum Reza schon vor sechs joggte – er mochte die Einsamkeit. Niemand wollte hier etwas von ihm, niemand kam ihm beim Laufen in die Quere. Nichts und niemand störte ihn.
    Bevor er sich’s versah, ließ er schon den Übergang über die 102. Straße und den Lasker Pool und die Eisbahn rechts neben sich liegen. Trotz des Regens rannte er in seinem üblichen Tempo. Nach drei Kilometern erreichte er das nördliche Ende des Parks und joggte den West Drive entlang. Nach sechs weiteren Kilometern war er am Übergang über die 72. Straße angelangt und joggte auf der Stelle, während er sich im herabströmenden Regen nach rechts und links umsah, ob die Straße frei war.
    Mit über hundert Stundenkilometern fuhr das Fahrzeug direkt in den Anwalt hinein und schleuderte seinen Körper gut zwei Meter hoch in die Luft. Als die Rettungssanitäter ihn fanden, waren seinen Augen weit geöffnet. Einem von ihnen ging durch den Sinn, dass der Tote in den bedeckten Himmel starrte, als wolle er eine letzte Frage stellen.
    Ein Ehepaar, das ebenfalls zu dieser frühen Stunde im Central Park joggte, hatte den Unfall mitbekommen, doch der Regen war zu stark gewesen und sie zu weit entfernt, als dass siedie Marke oder die Farbe des Wagens mit Sicherheit hätten angeben können. Dunkel war alles, auf das sie sich einigen konnten. Schwarz? Dunkelblau? Ein dunkles Grün? Sie wussten es einfach nicht genau. Und weder er noch sie hatten das Nummernschild des Wagens erkennen können.
    Der Fahrer drosselte das Tempo, sobald er den Park an der 84. und 85. Straße verließ, dann fuhr er gemächlich Richtung Osten zur Lexington Street und dann südlich zur 78. Straße. Dort parkte er direkt vor einem Hydranten, ließ die Schlüssel in der Zündung stecken und ging in den Starbucks an der Ecke, wo er einen Espresso bestellte.
    Farid Taghinia rutschte nervös auf seinem Platz an einem der kleinen Holztische herum. Er nahm einen Schluck von dem bitteren Kaffee. Dabei beobachtete er, wie ein schmaler Mann mit dunklem Haar und einer Aktentasche in den nachtgrauen Mercedes stieg, den Wagen anließ und davonfuhr.
    Erst dann verließ die Anspannung Taghinia. Er war stolz darauf, wie gut die Operation gelaufen war. Genau wie instruiert würde der Fahrer den Wagen nun zu einer Werkstatt bei Lake Placid bringen, wo er gesäubert, neu lackiert und die Nummernschilder ausgewechselt werden würden.
    Niemand würde je auf den Gedanken kommen, dass der Mercedes für einen Mord eingesetzt worden war, da war sich Taghinia hundertprozentig sicher. Doch ihm war entgangen, dass Ali Samimi, obwohl es schon Ende Mai war und draußen eine Temperatur von zweiundzwanzig Grad im Schatten herrschte, mit Lederhandschuhen in den Wagen gestiegen war.

9. KAPITEL
    Das eckige Silbergestell der Brille drückte auf seinen Nasenrücken, und der Schnurrbart und die Perücke mit den kurz geschorenen Haaren juckten. Bart und Haare waren von ersten grauen Strähnen durchzogen, obwohl er seinem Therapeuten gesagt hatte, er sei erst fünfunddreißig. Lucian steckte wieder in seinem James-Ryan-Kostüm, doch sonst hatte er weniger Schwierigkeiten mit der Rolle als an diesem Montagmorgen. Er stellte Ryans schwarze Aktentasche auf dem Tisch vor der Couch ab. Die in Gold geprägten Initialen JR waren schon fast ganz abgegangen.
    „Ich habe keine dieser Frauen jemals gesehen – und den einen Mann auch nicht –, bevor ich sie gezeichnet habe.“ Lucian nahm einen Stapel Zeichnungen aus der Aktentasche. Er breitete fünf davon aus und wartete, während Dr. Iris Bellmer sich seine Skizzen anschaute.
    Sie hatte eine Adlernase, deutlich sichtbare Wangenknochen und fuchsrotes Haar, das auf Kinnlänge geschnitten war. Es fiel ihr immer wieder ins Gesicht, egal, wie oft sie es zurück hinter ihre

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