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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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legte den Arm um ihre Schultern und küßte ihr warmes Haar. »Ehrlich. Sag Joni bloß, daß sie mich anrufen soll, wenn sie heimkommt. Und du, du gibst acht auf dich, in Ordnung? Das meine ich ernst. Wenn du rausgehen mußt, ruf mich vorher an. Laß mich wissen, was du vorhast.«
    Später saß Rebecca am Küchentisch, wickelte schläfrig Haarsträhnen um die Finger, starrte auf Jacks Zigarettenkippen im Aschenbecher und wartete, bis die fleckige Espressomaschine heiß war. Der Regen rann in schmierigen Spuren über die Fenster hinab. Ihr Hals war entzündet und geschwollen.
    Es wäre nicht das erste Mal, daß sie nicht heimgekommen ist. Nichts Ungewöhnliches, absolut nichts Ungewöhnliches. Sie ist einfach ein bißchen außer Kontrolle geraten, nachdem ich aus dem Pub weggegangen war, und hat sich irgendwo Speed reingezogen oder ist in irgendeiner versifften Peyote-Höhle in Camden gelandet, oder sie hat sich in irgendeiner anderen Wohnung ausgeschlafen und kommt mit eingezogenem Schwanz zurück.
    Warum aber interessiert sich Jack plötzlich so dafür?
    »Mein Gott.« Ärgerlich über ihre wirren Phantasien stand sie auf, ging ins Atelier und sah sich nach etwas um, mit dem sie ihre Gedanken beruhigen konnte. Auf der Straße unten drängten sich bunte Regenschirme vorbei: rosa, violett und gelb. Riesige Regentropfen spritzten von den Dächern. Sie spannte neues Papier aufs Zeichenbrett und hielt inne.
    Er hat ihr Bild mitgenommen, er glaubt, daß sie in Schwierigkeiten ist.
    Rebecca legte die Reißzwecken weg, ließ das Papier am Zeichenbrett hängen und ging zum Telefon im Flur.

     
    Bliss stand in der Schlafzimmertür und sah Joni an, ihr Kopf hing schlaff zur Seite, die blassen Implantate hinterließen blutige Flecken auf ihrem Brustkorb. Sie war bewußtlos geworden, als er sie zunähte, und er hatte die Implantate auf ihrem Bauch liegenlassen, damit sie sie sah, wenn sie aufwachte. Er hatte in einem anderen Zimmer geschlafen, entschlossen, den nächsten Tag abzuwarten, seinen Geburtstag. Aber Mrs. Frobisher hatte ihn früh aufgeweckt, sogar noch vor den Bauarbeitern, als sie – tock, tock, tock – wie eine alte Holzpuppe im Obergeschoß herumgelaufen war.
    Sie machte ihn nervös, ewig beschwerte sie sich, schnüffelte beständig herum und rümpfte die Nase über ihn. Im Bungalow wäre die Geburtstagsfeier viel sicherer und gemütlicher, aber er konnte die Autofahrt nicht riskieren. Nicht mit Joni, nicht in diesem Zustand, so blutverschmiert und mitgenommen. Er hängte den Telefonhörer aus und begann, die Luftballons aufzublasen.
     
    Cafferys Gefühl der brennenden Dringlichkeit war zurückgekehrt, das bemerkte Jane Amedure, als sie ihn am Empfang traf und ihm das gefaltete Zigarettenpapier aus der Hand nahm.
    »Geht’s Ihnen gut?«
    »Ausgezeichnet.«
    »Was bringen Sie mir da? Sie müssen ein Antragsformular ausfüllen.«
    »Können Sie es mit dem Haar von der letzten Obduktion vergleichen?«
    »Wahrscheinlich. Aber ein Antragsformular bitte, und das muß dann nach Shrivemoor übermittelt werden.«
    »Ich bin gerade auf dem Weg. Wie lange werden Sie dafür brauchen?«
    »Einen halben Tag. Weniger, wenn Sie nett zu mir sind.«
    »Irgendwelche Neuigkeiten über den Zement? Ist die Handelsmarke festgestellt worden?«
    »Ah.« Sie lächelte. »Ich kenne da jemanden, der sich heute morgen nicht bei seinem Team gemeldet hat. Das Institut hat
die Resultate, es wurde alles an Marilyn Kryotos durchtelefoniert.« Und schon war er fort. Er eilte die Treppe hinunter und zog die Wagenschlüssel aus der Hosentasche. »Dann fülle ich eben das Antragsformular für Sie aus«, murmelte Dr. Amedure.
     
    Es war noch früh, aber Betty war schon im Dog and Bell. Im Hintergrund bellte der Schäferhund.
    »Sie ist mit dem Typen aus dem Krankenhaus weggegangen. Sie wissen schon, mit dem einen, der sie immer anhimmelt. Der in der Salonbar sitzt und Halbe trinkt.«
    »Malcolm, meinen Sie?«
    »Ja, den.«
    Gott sei Dank.
    »Er hat hier gestern mittag volle vierzig Pfund ausgegeben. Hat ihr Gott weiß wie viele Flaschen Blue Nun gekauft, und danach ist sie auf Scotch umgestiegen. Um drei hat sie meiner Meinung nach nicht mehr gewußt, wie sie heißt. Warum tut sie sich das bloß an? Ein reizendes Mädchen wie sie. Ich verstehe das nicht.«
    »Na also«, sagte sich Rebecca hinterher, »du verdammte Paranoikerin, Joni, wie sie leibt und lebt.«
    Oben fand sie zwischen den Taschentüchern und Marihuanabröseln, die auf Jonis

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