Der Vogelmann
Fotos beklebt: Polaroids, Schnappschüsse, Zeitungsausschnitte. Viele zeigten Joni, aber andere stammten aus holländischen oder deutschen Pornomagazinen: Eines zeigte ein Kind, das an einem prallen Penis saugte, auf einem anderen machte sich eine Frau über einen Schäferhund her, und auf einem unscharfen Standfoto, das für Caffery nach einem Snuff-Movie aussah, war ein asiatischer Junge mit gespreizten Armen und Beinen an ein Bett gefesselt; er hatte Blut auf den Schenkeln.
Aus einem Einbauschrank war der schwache Schlag von Flügeln zu hören. Essex öffnete ihn, und die beiden Männer starrten sprachlos auf den Käfig. Auf der Stange saß ein einsamer Zebrafink mit nassen und verklebten Federn. Er blinzelte sie tonlos an. Auf dem Boden im Streusand lagen zusammengedrängt vier Vogelleichen, die mit Maden übersät waren.
Sie gingen durch die Räume. Essex warf einen Blick ins Wohnzimmer und sah, was an die Wände geklebt war. Mit bleichem Gesicht drehte er sich zu Jack um.
»Krank«, murmelte er. »Dieser Mann ist krank.«
Es waren Polaroidfotos von den toten Opfern.
Craw, Wilcox, Hatch, Spacek, Jackson. Vergewaltigt und verstümmelt. Eines zeigte Shellene Craw, die wie eine Schaufensterpuppe, in stehender Position, zwischen Fernseher und Wand eingekeilt war, ihre Augen waren geöffnet und ihre Arme steif zur Seite gestreckt.
»Die Perücke«, flüsterte Caffery und deutete auf das Polaroid.
Essex trat hinter ihn und pfiff durch die Zähne. »Sie hatten recht, Jack. Sie hatten absolut recht.«
Am anderen Ende der Wand standen sie vor einem Polaroid von Susan Lister, die nackt, blutüberströmt, gefesselt und geknebelt war, ihre Augen waren schwarz und verschwollen.
»O verdammter Mist.«
Verschwomme Spuren verliefen über das Gesicht auf dem Foto. In der unteren Ecke war ein weißer Klumpen zu sehen. Caffery verstand. Bliss hatte sich fotografiert, als er über Susan Listers zerstörtem Gesicht ejakulierte.
In der Küche fanden sie frisches Blut auf dem Ablaufbrett. Auf dem Boden zerschlagene Teller. Sie inspizierten die Kühltruhe und die verschiedenen chirurgischen Instrumente in einer der Schubladen. Im zweiten Schlafzimmer legte Caffery die Hand auf Essex’ Arm. »Sehen Sie.«
Oberhalb des Bettes waren feine Blutspritzer über die Wand verteilt, die wie ein verziertes Kopfteil wirkten. Die Laken waren blutverschmiert, und in der Mitte der Matratze war ein gelbliches Handtuch um zwei gallertartige Gebilde gewunden. »Was ist das?« fragte Essex und näherte sich vorsichtig. »Die sehen aus wie…«
»Ich weiß, was das ist.« Caffery stand da und sah auf die beiden Implantate; der kleine Pfropfen auf der Unterseite des einen war mit geronnenem Blut und Fett verklebt.
»Joni. Er hat sie ihr herausgeschnitten.«
Das Land war wieder trocken, als der blaue Peugeot in Wildacre Cottage ankam. Der Bungalow lag am Ende einer Durchfahrt, die ein Kornfeld mit langen, weichen und flachliegenden Halmen durchschnitt, die an das nasse Haar eines blonden Mädchens erinnerten. Er war abgelegen, hier lief Bliss nicht Gefahr, beobachtet zu werden, als er die Frauen, mit Kissenüberzügen über dem Kopf, in den dunklen Bungalow zerrte und sie im Flur gegen die Milchglasscheibe neben der Tür lehnte.
Als »Die Klitoris« zu schreien begonnen hatte, waren Bliss die Nerven durchgegangen. Er wußte, daß er die Fahrt riskieren mußte. Sie einzuladen war relativ leicht gewesen: eine in den Zwischenraum hinter dem Rücksitz, die andere in den Kofferraum, unter Anoraks und einem alten Schlafsack verborgen. Obwohl er aufgeregt die Straße hinaufsah und jeden Moment die Polizei erwartete, waren an diesem regnerischen Mittag unter der Woche natürlich kaum Leute daran interessiert gewesen, anzuhalten und zuzusehen, wie ein unauffällig aussehender Mann seinen Wagen belud.
Der Schutz der Garage war hilfreich gewesen. Sowohl das als auch die Tatsache, daß er beide Frauen mit dem Griff der Elektrosäge bewußtlos geschlagen hatte.
Er ging zum Wagen zurück, nahm vier Einkaufstüten aus dem Kofferraum, trug sie ins Haus, und die Fliegentür fiel klappernd hinter ihm zu. Murmelnd redete er mit den Frauen, während er die Tüten auspackte, Schalen mit Schokoriegeln und Weingummis füllte, Papierschlangen an die Fenster hängte und pastellfarbene Luftballons aufblies. Er sagte ihnen, daß er Geburtstag habe, und erklärte ihnen seine Pläne für den kommenden Tag. Keine der beiden konnte ihn hören, aber
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