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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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St. Dunstan beginnen – es liegt am nächsten beim Pub – und mit dem Personal reden. Dann werde ich den Kreis enger ziehen und umfassende Vernehmungen durchführen.«
    Maddox schüttelte den Kopf. »Die werden das nicht zulassen. Diese Personalchefs halten absolut dicht.«
    »Lassen Sie es mich versuchen.«
    Maddox ließ seinen Regenmantel herabhängen und blickte mit zusammengekniffenen Augen in den Himmel. Als er wieder nach unten sah, wirkte er gelassen. »In Ordnung. Sie haben gewonnen. Sie können Essex haben, wenn Sie ihn wollen, und Sie haben von Montag an vier Tage, um etwas herauszufinden.«
    »Vier Tage?«
    »Vier Tage.«
    »Aber …«
    »Aber was? Sie werden die Zeit schon nutzen. Und Sie verpassen keine Teambesprechung, und wenn ich Sie abziehen muß, werde ich das ohne Vorwarnung tun. Sonst noch was?«

    »Ja.«
    »Was?«
    »Kommen Sie noch zu unserer Party, Sir?«
    »Fragen Sie mich das, wenn ich nicht mehr sauer auf Sie bin.«

12. KAPITEL
    D as Mädchen auf dem Rücksitz seines GTI trug einen limonengrünen Stretchminirock und Plateausandalen. In ihr kinnlang geschnittenes Haar war eine goldene Strähne eingesprüht. Sie hatte dunkle Augen und kaffeebraune Haut, und Gemini wußte, daß in ihren Adern afrikanisches Blut floß.
    Die Nacht zuvor, vor den Schwierigkeiten mit der Polizei, war sie im Dog and Bell an ihn herangetreten und hatte ihn gebeten, sie heute nacht an der Nordseite des Blackwell Tunnels zu treffen und sie nach Crooms Hill zu fahren. Sie hatte dort zu tun. Zu dem Zeitpunkt hatte er sich nichts dabei gedacht, aber seit der Razzia im Pub heute nachmittag war er nervös.
    Gemini war nicht mehr als ein Möchtegern-Yardie, ein angebliches Mitglied einer karibischstämmigen Gang, aber er war in Deptford geboren, und trotz seines Gehabes war er den hispanischen Inseln nie näher gekommen als in Form einer Flasche Bounty-Rum, die seine Tanten bei Besuchen nach London mitbrachten. Dog, sein Hauptkontaktmann, wußte das und nutzte dies aus, indem er Gemini einsetzte, um Stoff zu verkaufen, der für seinen eigenen Geschmack zu »weiß« war. Ecstasy, LSD und Heroin – letzte Woche waren es sechzig Gramm »Spezial K«, ein Pferdeanästhetikum. Gemini war angewidert und beschämt, aber er hatte keine andere Wahl, als es für ihn weiterzuverkaufen, und jetzt sah es so aus, als hätte eines der Mädchen, nach dem die Bullen fragten, geplappert. Oder, der Gedanke ließ ihm das Blut gefrieren, was wäre, wenn eine von dem Zeug, das er ihnen verkauft hatte, krank geworden war? Der Stoff hätte absolut rein sein sollen. Aber was das
Heroin anbelangte, so erwartete jeder in Deptford, daß der hiesige Stoff verschnitten war. Aber womit verschnitten? Mit Abführmittel für Babys? Milchpulver? Ammoniak ? Oder sogar mit etwas Tödlichem? Wenn das passiert war, müßte sich Gemini nicht nur wegen der Polizei Sorgen machen: Die Öffentlichkeit würde eine Hexenjagd veranstalten, und dann würden die Oberen wissen wollen, wer sie ins Rampenlicht gezerrt hatte.
    Plötzlich kam ihm der Gedanke, daß das Mädchen in seinem Wagen eine Falle sein könnte. Er beobachtete sie beim Fahren im Rückspiegel. Sie waren gerade am St. Dunstan vorbeigekommen, als sie sich vorbeugte und ihm auf die Schulter tippte.
    »Ich hab’ im Pub gehört, du könntest mir vielleicht helfen.«
    »Ja?«
    »Mit Koks oder Heroin oder so was.«
    Er betrachtete sie im Rückspiegel. Was immer die Polizei auch vorhatte, er konnte es sich nicht leisten, einen Handel auszuschlagen. Davon lebte er schließlich.
    »Ich hab’ was dabei«, sagte er nach einer Weile, setzte den Blinker und fuhr den roten GTI in eine Sackgasse. Am Nachmittag hatte es zu regnen aufgehört. Vor sich konnte er die vier Türme vom Versorgungswerk des Londoner Transportsystems vor dem nächtlichen orangefarbenen Himmel sehen, und aus den feuchten Schrebergärten entlang der Eisenbahn stieg eine Rauchsäule auf. Er schaltete den Motor aus. Das Mädchen rauchte schweigend und sah unbeteiligt aus dem Fenster. Er war sicher, er mußte sicher sein, daß sie keine Polizistin war. Er drehte sich um und umfaßte die Kopfstütze mit dem rechten Arm. »Womit kann ich dir helfen?«
    Sie sah ihn nicht an, sondern starrte weiterhin aus dem Fenster. »Was hast du?«
    »Ich bin nicht blöd, weißt du? Seitdem mich die Bullen auf dem Kieker haben, werd’ ich doch nicht sehenden Auges in ’ne Falle tappen.«
    »Ich will H. Heroin, Stoff, was zum Drücken… scheißegal,
wie du’s

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