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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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an.
    »Gott.« Sie riß sich von ihm los, trat einen Schritt zurück und massierte ihren Ellbogen. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihre Haare zersaust. In ihrem linken Auge war ein Äderchen geplatzt, aber ihr Gesicht war tränenlos. Er sah, daß er sie erschreckt hatte. »Faß mich nicht mehr an, in Ordnung? Faß …«
    »Halt einfach den Mund und hör zu!«
    »Bitte. Daddy wäre sehr böse, wenn du mir zu nahe kämst …«
    »Ich sagte: Halt die Klappe und hör zu! « Er schob sein Gesicht ganz nah an das ihre heran. »Also, ich sage es dir ein einziges Mal: Wenn du noch einmal in meine Nähe kommst, bringe ich dich um. Das ist mein Ernst. Ich bringe dich verdammt noch mal um. Ist das klar?«

    »Jack, bitte…«
    Er schüttelte sie heftig. »Ist das klar ?«
    »Ja, ja!« Plötzlich begann sie zu schluchzen. »Jetzt laß mich los, in Ordnung? Nimm deine verdammten Finger von mir.«
    »Und jetzt raus.« Mit vor Abscheu verzerrtem Mund ließ er sie los und riß die Vordertür auf. »Los jetzt. Verlaß mein Haus, auf der Stelle.«
    »Schon gut, schon gut.« Sie eilte die Treppe hinunter, murmelte etwas und sah über die Schulter zurück, um sicherzugehen, daß er ihr nicht folgte. »Ich gehe, in Ordnung?«
    Caffery ging ins Wohnzimmer, hob die Teekiste hoch und trug sie zur Eingangstür. Veronica stand auf dem Gartenweg und tippte zitternd eine Nummer in ihr Handy. Als die Tür aufging, trat sie erschrocken einen Schritt zurück. Dann sah sie, was er in Händen hielt, und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich.
    »Oh, nein «, jammerte sie. »Sie kosten ein Vermögen!«
    Aber er ging an ihr vorbei auf die Straße hinaus und schleuderte die Kiste in die Höhe. Sie wirbelte anmutig durch die Luft, Bleikristallgläser und grünes Seidenpapier wurden herausgeschleudert, dann schlug die Kiste auf der Kühlerhaube ihres Tigras auf, zersplitterte die Windschutzscheibe und blieb krachend mitten auf der Straße liegen.
    »Es ist mein Ernst, Veronica«, flüsterte er ihr ins Ohr, als er auf dem Rückweg an ihr vorbeikam. »Ich bringe dich um.« Er knallte die Eingangstür zu, verriegelte sie und ging in die Küche, um sich ein Glas Glenmorangie einzugießen.

37. KAPITEL
    U m sieben Uhr klingelte der Wecker, er lag auf der Seite und sah auf die Schatten der Blätter an den Wänden. Nach einer Ewigkeit rollte er auf den Rücken, bedeckte seine Augen und begann zu atmen.
    Zu weit. Diesmal war er zu weit gegangen.
    Im Lauf der Jahre hatte es andere wie Veronica gegeben; andere Beziehungen hatten sich innerhalb von Monaten aufgelöst. Doch selbst wenn damals Bitterkeit aufgekommen war, war die Rache nie so gewalttätig ausgefallen. Niemand hatte ihn je so tief verletzt.
    Sollst du daraus etwas lernen? Ist dies eine Lektion fürs Leben?
    Er preßte die Hände an seine Schläfen und dachte an Rebecca, wie sie ihr kastanienbraunes Haar aus der Stirn gestrichen hatte. Er fragte sich, ob er auch das verderben würde, fragte sich, wie lange er brauchen würde, um es zu vermasseln. Sechs Monate vielleicht. Oder ein Jahr, wenn er sich bemühte. Und dann wäre er wieder hier. Allein. Kinderlos. Er dachte an seine Eltern, die optimistisch und hoffnungsvoll zwei Söhnen das Leben geschenkt hatten, genau hier, in diesem sommerlich hellen Schlafzimmer.
    »Jack, Jack«, murmelte er. »Reiß dich zusammen.« Er stützte sich auf die Ellbogen, blinzelte ins Morgenlicht und zog das Telefon zum Bett. Rebecca nahm gleich ab und wirkte verschlafen.
    »Habe ich Sie geweckt?«
    »Ja.«

    »Hier ist Detec –, Rebecca, ich bin’s Jack.«
    »Ich weiß.« Sie klang teilnahmslos.
    »Es tut mir leid wegen gestern abend.«
    »Ist schon gut.«
    »Ich habe mich gefragt…«
    »Ja.«
    »Vielleicht heute abend. Auf ein Glas. Oder zum Essen?«
    »Nein.« Schweigen. »Nein, ich glaube nicht.« Sie legte auf.
    Das wird dir eine Lehre sein, Jack, dachte er und stieg aus dem Bett.
     
    Maddox, mit frischem Gesicht, in kurzärmeligem Hemd, traf ihn im Flur, er hatte eine Tasse Kaffee in der Hand.
    »Jack. Was gibt’s? Doch nicht wieder dieser Perverse?«
    »Es ist nichts.«
    »Sie sehen verdammt schlecht aus.«
    »Danke.«
    »Wie war der Verkehr?«
    »Ging einigermaßen. Warum?«
    Er zog die Schlüssel des Teamwagens aus der Tasche und klimperte damit. »Weil Sie gleich umkehren und auf der Stelle zurückfahren.«
    »Was ist passiert?«
    »Wir glauben, daß wir Peace Jackson gefunden haben. Eine Frau fand sie vor fünfzehn Minuten in einer

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