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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Abfalltonne.«
     
    Royal Hill, das Greenwich mit Lewisham verbindet, schlängelte sich nach oben, als hätte es die Absicht gehabt, so hoch hinaufzusteigen wie Blackheath, aber irgendwann den Mut verloren; nach einer Viertelmeile wendet es sich nach rechts und fällt zur South Street hinunter ab. Als sie ankamen und parkten, hatte sich bereits eine Menschenmenge versammelt. Aus den oberen Fenstern, an denen die Stores zur Seite geschoben waren, spähten Nachbarn heraus, die genüßlich die Arme verschränkt hatten. Die Gehilfen des Leichenbeschauers, zwei
stämmige Männer in dunklen Uniformwesten und schwarzen Krawatten, standen wartend neben ihrem schwarzen Ford Transit. Ein Polizist sperrte den kleinen Vorgarten mit einem Band ab, und auf dem schmalen Betonweg stand mit weit offenstehendem Deckel die Abfalltonne, die nur aufgrund der vielen Polizisten, die sie umringten, ins Blickfeld gerückt war. Detective Inspector Basset stand mit gesenktem Kopf am Tor und war in ein Gespräch mit Fiona Quinn vertieft. Als er Maddox bemerkte, der sich bei dem Constable eintrug, trat er mit ausgestreckter Hand vor.
    »Detective Inspector Basset.« Maddox schüttelte ihm die Hand. »Was haben wir?«
    »Sieht aus, als wäre sie eines von Hartevelds Opfern, Sir. Weiblich, nackt, in Teilen in drei Abfallsäcke gewickelt. Detective Quinn hat einen Blick hineingeworfen, und ich versichere Ihnen, wir hatten guten Grund, Sie zu rufen. Sie hat ein paar hübsche, vielsagende Nähte an der Brust, und ihr Brustbein ist gesprengt worden. Ihren Kopf können wir nicht sehen, sie steckt mit dem Kopf nach unten, aber sie ist afrokaribischer Herkunft, falls das eine Hilfe ist.«
    »Ja. Wir denken da an jemand Bestimmten.«
    »Ihre Beine sind zur Brust gezogen, was heißt, daß die Leichenstarre nachgelassen hat.«
    »Ah, reizend.« Maddox kräuselte die Nase und sah in den Himmel. »Wann kriegen wir mal ein paar hübsche frische Leichen geliefert?« Er nahm die Gesichtsmaske und die Latexhandschuhe, die Logan ihm reichte, und drehte sich um. »Jack, warum reden Sie nicht mal mit der Frau, die sie gefunden hat? Logan und ich kümmern uns um die Dinge hier draußen.«
     
    Im Innern des kleinen Reihenhauses fand Caffery die Frau zusammen mit einer Polizistin in der Küche. Schweigend stellten die beiden den elektrischen Teekessel an. Als er eintrat, zuckten sie erschrocken zusammen.
    »Tut mir leid, die Tür war offen.«

    Die Polizistin runzelte die Stirn. »Wer sind Sie?«
    Caffery suchte nach seinem Ausweis. »AMIP. Detective Inspector Caffery.«
    Sie wurde rot. »Tut mir leid, Sir.« Sie machte mit dem Kopf ein Zeichen auf den Kessel. »Mrs. Velinor und ich machen gerade Tee. Möchten Sie eine Tasse?«
    »Danke.«
    Die Frau lächelte ihn matt an. Sie war attraktiv, hatte ein streng gemeißeltes, ägyptisches Gesicht, das dunkle Haar war mit einem Band zusammengebunden. Sie trug ein teures maßgeschneidertes Kostüm. Ihre Aktentasche stand auf dem Tisch, daneben lagen Magazine verstreut: drei Management Today, ein Stapel Psychometrietests von Saville & Holdsworth und ein aufgefalteter Guardian, aus dem Hartevelds Foto an die Decke starrte. Vor dem gegenüberliegenden Fenster hingen vier ringelblumengelbe Badetücher an der Wäscheleine. »Sie wollen mir ein paar Fragen stellen«, sagte sie. »Lassen Sie mich vorher eine Tasse Tee trinken. Mir ist schlecht, fürchte ich.«
    »Lassen Sie sich Zeit.« Er half ihnen, Milch und Zucker zu holen und alles auf den kleinen Tisch zu stellen. Sie setzten sich ans Fenster, Mrs. Velinor trank ihren Tee, und langsam kehrte ihre Farbe zurück, und ihre Züge entspannten sich.
    »Jetzt geht es mir besser.«
    Caffery zog sein Notizbuch heraus. »Erzählen Sie mir alles, langsam, in Ihrem eigenen Tempo. Sie waren auf dem Weg zur Arbeit und haben den Abfall rausgebracht?«
    Sie nickte und stellte die Tasse ab. »Ich dachte, jemand hätte uns einen Streich gespielt und etwas Scheußliches reingeworfen. Mein Partner ist weiß, ich bin, nun, Sie können ja sehen, daß ich eine Mulattin bin, und die Leute nehmen daran noch immer Anstoß. Vor zwei Wochen war die Eingangstür mit Graffiti beschmiert. Ich dachte, es sei der Beginn einer Kampagne gegen uns. Man hört ja von allen möglichen schrecklichen Dingen, die durch Briefkastenschlitze gesteckt werden, nicht wahr? Ich dachte, es wäre etwas in der Art.«

    »Also haben Sie die Tonne geöffnet?«
    »Ich mußte nachsehen, was es war. Es – sie  – roch so

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