Der Vollstrecker
wollte gerade umkehren, als ein Windstoà den Plastikvorhang vor dem Eingang zum nächsten Raum ein Stück beiseitewehte. Sie erhaschte einen kurzen Blick auf etwas und bekam eine Gänsehaut.
Sie erinnerte sich daran, was sie in der Ausbildung gelernt hatte, zog ihre Waffe und pirschte vorsichtig in kleinen Schritten auf die Tür zu.
»Hallo, Darnell? Sind Sie da drin?«
Keine Antwort.
»LAPD, ist da jemand?«
Stille.
Sie hob den Plastikvorhang an und betrat den Raum.
Keine fünf Sekunden später fing sie an zu würgen.
93
D ebbie Howard, Amandas alte Schulfreundin und mutmaÃliches zweites Opfer des Vollstreckers, war ein Einzelkind. Der Vater hatte die Familie verlassen, als Debbie acht Jahre alt gewesen war, und die Mutter hatte nie wieder geheiratet. Mittlerweile lebte die alte Mrs Howard in einem Heim für Demenzkranke.
Wie Amanda Reilly war auch Debbie in Gardena aufgewachsen. 1986 hatte sie die Highschool abgeschlossen und war kurz darauf nach Seattle gezogen, um an der Washington State University Jura zu studieren. Sie schloss das Studium mit Auszeichnung ab und bekam gleich danach eine Stelle bei Foster Harvey, einer der gröÃten Kanzleien im pazifischen Nordwesten. Fünf Jahre nachdem sie dort angefangen hatte, heiratete sie William Clark, einen Kollegen und Partner bei Foster Harvey. Die Ehe hielt nur dreieinhalb Jahre, und nach einer einvernehmlichen Scheidung beschloss Debbie, sowohl ihren alten Arbeitgeber als auch Seattle hinter sich zu lassen und nach L. A. zurückzukehren. Ihr Leumund war ausgezeichnet, und nachdem sie die Anwaltslizenz für Kalifornien erworben hatte, bot man ihr eine Stelle bei der Bezirksstaatsanwaltschaft von Los Angeles in Antelope Valley an.
Debbie war klug, ehrgeizig, durchsetzungsstark und im Gerichtssaal eine respekteinflöÃende Gegnerin. Seit sie zurück nach Kalifornien gezogen war, hatte sie über fünfhundert Kriminelle hinter Gitter gebracht, deren Straftaten von kleineren Delikten bis hin zu Kapitalverbrechen reichten. Vor zwei Jahren traf sie den erfolgreichen Architekten Jonathan Hale, verliebte sich in ihn und wurde seine Frau. In ihrem gemeinsamen Haus in Lancaster wurde sie vor zwei Wochen tot aufgefunden. Von einer Nummer auf dem Körper der Toten war nichts bekannt.
Als Hunter und Garcia wieder im Büro eintrafen, hatte Hopkins bereits sämtliche Informationen zu einem sauber getippten zweiseitigen Bericht zusammengefasst.
»Wie ist sie gestorben?«, fragte Hunter als Erstes, während er den Bericht überflog.
»Laut Aussage des Detectives vom L. A. County Sheriffâs Department in Lancaster wurde die Leiche im Badezimmer entdeckt. Da der Fall noch nicht abgeschlossen ist und Howard bei der Staatsanwaltschaft gearbeitet hat, geben sie keine weiteren Informationen raus. Ich habe mit Captain Blake gesprochen, sie hat sich gleich ans Telefon gehängt.« Hopkins nickte. »Wir dürfen die Akte einsehen.«
»Und wo ist sie?«, wollte Hunter wissen.
»Auf dem Weg hierher. Detective Ross vom Sheriffâs Department macht uns Kopien von allem, was bisher zu Debbie Howards Tod vorliegt. Captain Blake hat ihnen gesagt, sie sollen alles schicken, was sie haben, und zwar so schnell wie möglich. Die Anfrage ist eine halbe Stunde her, die Unterlagen müssten also bald hier sein.«
»Gut. Was gibtâs sonst noch?«
Informationen über Peter Elder, Vater Fabians Schulfreund, den James Reed im Jahrbuch identifiziert hatte, waren leichter zu beschaffen gewesen. Er hatte nie die Schule beendet und sich im Gegensatz zu Brett auch nie geändert. Auf Mobbing in der Schule folgte Ladendiebstahl, dann Körperverletzung, bewaffneter Raubüberfall und schlieÃlich Mord.
Hopkins reichte den relativ kurzen Bericht über Elder an die Detectives weiter.
»Er sitzt im CCI?«, fragte Garcia erstaunt.
Das California Correctional Institution State Prison in Tehachapi war eine von insgesamt drei kalifornischen Justizvollzugsanstalten, die über einen Hochsicherheitstrakt verfügten.
»Er wurde noch am Tatort gestellt, blutüberströmt und mit der Leiche zu seinen FüÃen â er hatte einen Ladenbesitzer umgebracht«, erklärte Hopkins. »Der einzige Grund, weshalb er nicht in der Todeszelle sitzt, ist irgendeine Formsache. Die Cops haben den Tatort verunreinigt. So hat er lebenslänglich bekommen, ohne Möglichkeit der
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