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Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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der Sender zahlte, würde Martin seinen Hintern vermutlich auch hinhalten, vor allem aus soziokulturellem Interesse: Wie würde sich das wohl anfühlen, wenn man sich in der Gruppe aufspritzte? War man plötzlich Mitglied einer Sekte? Und, wie fühlte sich Hinsetzen dann an?
    Martin betrat die kleine Croissanterie und kaufte sich ein Brioche mit Schokofüllung. Marzipan hatte er erst gestern. Es war nicht nur der unglaubliche satte Geschmack dieses kleinen Backwerks, sondern vor allem das Bewusstsein, gegen Dorotheas Basen-Terror aufzubegehren.
    Mit dem kleinen Finger schob er Norbert etwas Schokofüllung zwischen die Lippen. Der Kleine schmatzte interessiert. »Aber nichts Mama erzählen«, sagte Martin verschwörerisch. Dieser Satz würde einer der wichtigsten in Norberts Leben werden. Das neue Verhältnis zwischen Mann und Frau förderte weniger das Miteinander als vielmehr die Heimlichtuereien.
    Die Idee von gleichberechtigter Partnerschaft, vom fairen
Miteinander, von erfüllter Elternzeit gab es nur in den Barbie-Phantasien neokonservativer höherer Töchter. Seit Jahrhunderten hatten die Frauen ihre Machtposition durch ausdauernde Intrigen rund um ihre Männer gefestigt, nun gingen sie in die Offensive. Nach dreißig Jahren Infiltration hatte sich auch die letzte Burberry-Topfpflanze endlich Alice Schwarzers Theorien von Unterdrückung und Geschlechterkampf zu eigen gemacht und zeigte nun viel Freude daran, den Mann klein zu hacken, um sich hinterher über all die klein gehackten Männer zu beschweren.
    Männer, die sich in die Elternzeit begaben, bedeuteten vor allem für Frauen einen großen Triumph. So wurde öffentlich, dass sie ihre Kerle im Griff hatten. Der Mann hatte die Hundeschule erfolgreich absolviert.
    »Nach dreißig Jahren Infiltration hatte sich auch die letzte Burberry-Topfpflanze endlich Alice Schwarzers Theorien von Unterdrückung und Geschlechterkampf zu eigen gemacht.«
    Männer wie Martin hatten nun genau zwei Chancen: Entweder er lächelte generös, wenn die Damen bei Buchweizentörtchen mal wieder vergnügt über die Unzulänglichkeiten ihrer Kerle herzogen und gleichzeitig schmatzend Brad Pitt hochleben ließen. Oder man stieg aus. Martin hatte sich fürs Durchhalten entschieden, nicht ohne allerdings jede Chance auf Usurpation wahrzunehmen. Mit der Zungenspitze stopfte Martin sich ein großes Stück Croissant in seine linke hintere Weisheitszahnlücke. Eiserne Ration für schlechte Zeiten.

7 UHR

    Jochen wählte die Nummer.
    Eine Frauenstimme meldete sich mit einem kühlen »Ja, bitte …«. Frauen, die sich mit »Ja, bitte« meldeten, hatten ein Paranoia-Problem: Sie witterten bei jedem Telefonklingeln einen stöhnenden Sittenstrolch. Jochen versuchte, sich eine Frau zu dem »Ja, bitte …« vorzustellen: Er kam nur auf Frau Malzahn von Jim Knopf, allerdings deutlich dicker.
    »Ja, hier ist Jochen Heine von der Tankstelle an der Bundesallee. Spreche ich mit Sobotzky?« Die Frau antwortete nicht viel freundlicher: »Am Apparat.«
    Jochen bemühte sich um einen halb dramatischen, halb seriösen Tonfall: »Ja, ich habe hier ein Portemonnaie gefunden, mit Papieren von Maik Sobotzky.«
    »Das ist mein Mann«, sagte die Frau, »er ist heute Nacht überfallen worden. Er hat sich gerade mal ganz kurz hingelegt. Er hat heute so viel zu tun.« Jochen atmete auf: Maik war zu Hause angekommen. Die Geschichte schien tatsächlich zu funktionieren.
    »Dann haben die Diebe das Portemonnaie wohl hier ins Gebüsch geworfen, direkt bei Luft/Wasser. Ich habe jetzt gleich Schichtende. Dann nehme ich die Sachen wohl am besten an mich; dann kann Ihr Mann alles bei mir abholen. Ist ohnehin kein Bargeld mehr drin, wie Sie sich denken können.«
    »Oh, ja, das ist sehr nett von Ihnen. Vielen Dank«, sagte die Frau, plötzlich sehr viel freundlicher, »mein Mann wird sich sofort bei Ihnen melden. Und er wird sich sicher erkenntlich zeigen.«
    »Ach, das ist nicht so wichtig«, sagte Jochen und grinste, »Ihr Mann hat ja jetzt erst mal genug Scherereien. Er soll mich einfach anrufen.«

    Jochen gab seine Adresse und die Handy-Nummer durch. Erleichtert fiel ihm ein, dass er seine Rufnummerunterdrückung eingeschaltet hatte, schon im Hinblick auf die Fans, die ihn alsbald nerven würden. Die Frau hätte wahrscheinlich einige bohrende Fragen gestellt, wenn MaiksAnruf und seiner von ein und derselben Nummer gekommen wären.

    Attilas Beine fühlten sich an wie Blei. Nur die Knie waren wie Butter. Bei jedem Schritt

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