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Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Titel: Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter W. Hohenester
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mir entgegen. Ich ahnte, was auf mich zukam.
    »Nicht schon wieder«, flehte ich. »Wieso nennt ihr das die heiße Quelle?« Und schlug die Arme um mich, während meine Zähne anfingen, zu klappern.
    »Da müssen wir noch durch«, sagte Ojun ungerührt. Er hielt die Hände über dem Kopf und verschwand im herabprasselnden Wasser.
    »Großes altes Mammut steh‘ mir bei«, murmelte ich und machte es ihm nach.
    Die Kälte traf mich wie ein Schlag. Die Luft blieb mir weg. Aber bevor ich mich so richtig entsetzen konnte, gerade, als ich mit einem Aufschrei Atem schöpfte, stand ich schon auf der anderen Seite. Hier bog die Höhle ab. Es wurde wärmer. Ojun schob ein Fell zur Seite und schlüpfte hindurch. Ich folgte ihm. Warmer Dampf schlug uns entgegen. Dann standen wir in einem hohen Gewölbe, welches von heißen Dampfschwaden durchzogen wurde. In der Mitte, wo der Dampf wie eine dicke Säule aufstieg, steckten harzgetränkte Kiefernäste in einem engen Kreis in der Erde und verbreiteten ein gespenstisches rötliches Licht. Um diesen Kreis herum saßen schemenhaft nackte Gestalten.
    Eine tiefe, volltönende Stimme erklang: »Sieh da, der Fremde!«
    Wir traten näher. Der heiße Dampf brachte mich zum Schwitzen. Eine dünne klapprige Gestalt mit langem weißen Bart gestikulierte wild, die dürren Arme hochreckend im rötlichen Dunst des Fackelringes und kreischte, mit sich überschlagender Greisenstimme:
    »Ein Fremder? Ein Fremder? Hinaus mit ihm! Hinaus mit ihm! Ein Fremder hat hier nichts zu suchen!«
    Ich war erschrocken stehen geblieben. Aber Ojun fasste mich am Arm und zog mich weiter.
    »Beruhige dich Alter. Es ist Asfa, von dem ich euch erzählt habe. Asfa, den das Große alte Mammut schickt.«
    Nach diesen Worten erhob sich ein gewaltiges Gemurmel unter den Anwesenden. Anscheinend versuchte jeder den anderen zu berichten, was er Erstaunliches über mich vernommen hatte.
    »Er hat die Reise ohne den Pilz gemacht«, hörte ich. Und: » Er ist doch kein Schamane. Und ...«
    Dazwischen versuchte sich, die Greisenstimme verzweifelt Gehör zu verschaffen.
    »Wer ist da? Was ist mit dem Großen alten Mammut? Nehmt gefälligst Rücksicht auf einen alten Mann! Und redet nicht alle durcheinander!«
    Die dunkle Stimme, die sich als Erste bemerkbar gemacht hatte, donnerte über die anderen hinweg: »Es ist Asfa, den Ojun angekündigt hat. Asfa, der die Steine sprechen lässt.«
    »Warum habt ihr das nicht gleich gesagt?« ließ sich die Stimme des Alten vernehmen. »Er soll sich neben mich setzen.«
    Ojun stieß mich an und wir hockten uns neben dem Alten nieder.
    »Du musst entschuldigen«, sagte der, jetzt mit einem Lachen. »Ich bin ein alter Mann. Ich sehe nicht mehr so gut wie früher. Und manchmal sind auch meine Ohren taub, wenn alle durcheinanderreden. Sie benehmen sich wie die Weiber beim Schaben der Felle. Sie vergessen, was die gute Sitte gebietet. Manchmal denke ich es gibt keine richtigen Schamanen mehr.«
    Er griff nach einem Bündel Birkenreiser und begann sich damit auf den Rücken zu schlagen.
    »Wir sind hier, um Geist und Körper zu reinigen«, wandte er sich dann an die anderen. »Und nicht um in Worten zu baden. Ihr könnt euch später am Trinkfelsen unterhalten.«
    »Ruhe!« brüllte die tiefe Stimme darauf durch den Raum.
    Ojun drückte mir auch ein Bündel aus Birkenreisern in die Hand und zeigte mir, wie es zu handhaben war. Die Schamanenrunde war verstummt. Nur noch das Klatschen der Birkenreiser auf den Körpern war zu hören. Meine Augen durchdrangen das irrlichternde Wabern der Dampfwolken im Fackelschein. Inmitten des Lichtkreises quoll der Dampf der heißen Quelle aus einer runden Öffnung im Boden. Sie war durch zeltstangenartig aufgerichtete Stecken gesichert. In gleichmäßigen Zeitabständen brodelte kochend heißes Wasser empor und verschwand wieder. Die tiefe Stimme gehörte einem Schamanen mit gewaltigem Bauch. Er saß mir genau gegenüber. Ströme von Schweiß flossen an ihm herab. Auch ich war in Schweiß gebadet. Das Schlagen mit den Birkenreisern erzeugte ein angenehmes Prickeln auf der Haut. Allmählich aber spürte ich einen heftigen Druck in den Schläfen und das Pochen meines Herzens wurde stärker und stärker. Die Luft wurde mir knapp. Ich musste hier heraus. Hilfe suchend sah ich mich nach Ojun um. Der hatte ein Einsehen. Er bedeutete mir mit einer Kopfbewegung ihm zu folgen und stand auf. Wie schon so oft an diesem Tag heftete ich mich an seine Fersen. Es ging zurück zum

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