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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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endlich die Entscheidung suchen. Leopold, der Haudegen, weil ihn der unbefriedigte Haß auf Ludwig zu zerfressen droht, und Friedrich, weil er befürchtet, daß die ungezählten Verpfändungen und finanziellen Verpflichtungen das Haus Habsburg bald in den Ruin stürzen werden. Die beiden haben zwar mit ihrer prunkvollen Doppelhochzeit nach der Königswahl und der dabei zur Schau gestellten Pracht das Volk geblendet, aber das Schauspiel lief gewissermaßen schon auf Pump. Man erzählt sich, daß die Gemahlin Friedrichs, Isabella von Aragonien, kurz darauf ihr gesamtes spanisches Gefolge bis auf eine Hofdame zurückschicken und sogar ihren persönlichen Beichtvater entlassen mußte. Wie muß es um ein Haus bestellt sein, das beim Seelenheil anfängt, den Gürtel enger zu schnallen? Und jetzt, so munkelt man, gedenken die feinen Brüder, den Herrn Ludwig endlich auszuschalten, dem Schönling Friedrich die Krone zu sichern und sich am Bayernland schadlos zu halten, wofür, wie wir alle wissen, das Volk wieder bluten muß. Der Friedrich soll einen Zug entlang der Donau vorbereiten und dann wahrscheinlich wieder einen Haufen Ungarn mit sich führen, diese leibhaftigen Teufel, während Leopold angeblich in den Stammlanden ein Aufgebot sammelt und aus dem Schwäbischen vorzudringen gedenkt. Dann wird’s bald wieder Mord und Totschlag geben. Ich glaub’ zwar nicht, daß der Krieg auch in unseren friedlichen Winkel vordringen wird, aber München, Jakob, München könnte es schon erwischen, und dann gibt’s auch für die Flößerei Probleme. Aber ich will dir keine Angst machen und geh’ jetzt lieber, um für den Seifried ein Päckchen zu richten.«
    Sollte an den Gerüchten doch etwas dran sein? Jakob fiel wieder ein, daß man in diesem Jahr schon mehrere Flöße auf der Isar mit Mann und Ladung als verschollen gemeldet hatte. Nun kam es freilich fast jedes Jahr vor, daß sich der wilde Gebirgsfluß ein oder mehrere Opfer holte. Aber irgend etwas war dabei immer noch angespült worden, sei es Ferg oder Styrer, zerschmettert oder grad noch lebendig, seien es schwimmende Fässer oder die auseinandergerissenen Floßbäume selber. Aber bei den besagten Unglücken war nichts mehr aufgetaucht, so als hätte der gefräßige Fluß alles hinabgezogen und verschlungen. Es war wie verhext und gab natürlich Anlaß zu Gerüchten, die von altem Aberglauben bis zu bösen Verdächtigungen reichten. An Flußgeister wurde erinnert und daran, daß man vor nicht allzu langer Zeit diesen noch geopfert habe. Und weil dies jetzt die Pfaffen bei Androhung von Höllenqualen verboten, müßten sich die Flüsse eben selbst versorgen. Deshalb stiegen auch am Auffahrtstag nur Narren, Selbstmörder oder Betrunkene ins Wasser, denn jedermann wußte, daß der Fluß an diesem Tag ein Opfer verlangte. Die Münchner, über die geheimnisvollen Vorkommnisse besorgt und verärgert zugleich, warfen den Oberländern vor, sie hätten Flöße betrügerisch zurückbehalten oder gar nicht erst abgeschickt. Diese konterten erbost: »Es waren doch eure Floßleut’, die entweder besoffen oder ahnungslos waren und ihre Flöße in Grund und Boden gefahren haben.«
    Zwischendurch wurden auch die Wolfratshauser verdächtigt, sie würden Flöße aufhalten und beschlagnahmen, um damit ihrem Herzog Rudolf gegenüber seinem ungeliebten Bruder in München einen Vorteil zu verschaffen. Und endlich hieß es gar, die Habsburger hätten ihre Hand im Spiel. Erst mochte Jakob dies am allerwenigsten glauben. Aber jetzt, wo die Zornbinkel wieder an Krieg dachten? Schließlich waren die Flüsse in Friedens-und Kriegszeiten wichtige Verbindungswege für Versorgung, Nachschub und Nachrichten. Und eine Residenzstadt hatte enormen Bedarf an Holz und Waren aller Art.
    Franziskus riß Jakob aus seinen Überlegungen: »Ich hab’ dir eine feine Brotzeit eingepackt für dich und die Familie des Torfstechers. Grüß ihn von mir und bring ihm meinen Segen.«
    Jakob erhob sich und umarmte seinen Freund zum Abschied. »Dank dir von Herzen, Franziskus. Du bist ein echter Freund geblieben. Wenn alle dem Herrgott so dienten wie du, die Welt säh’ besser aus.«
    »Vorsicht, Jakob, zuviel Lob ist der Feind der Demut, und dann verfolgt mich wieder der strafende Blick des Tobias.«
    Lachend verließen sie das Gästehaus, und Franziskus begleitete seinen unerwarteten Gast noch bis zur Pforte.
    Jakob kehrte zur Loisach zurück, und bald hatte er die Stelle erreicht, an der die Saumtiere, die von

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