Der Wachsmann
Seine Miene drückte Widerwillen aus, wenn nicht gar schon eine Spur von Zorn.
»Nicht, was Ihr denkt«, versicherte sie eilfertig und legte besänftigend ihre Hand auf seinen Arm. »Wir Frauen haben da manchmal die besseren Mittel.« Sie ließ ihr fröhliches Lachen erklingen und schaute Peter dabei so pfiffig, ja schon verführerisch an, daß ihm beinahe der Korb entglitt.
»Was habt Ihr vor?« fragte er einigermaßen verwirrt.
»Euch zum Essen einzuladen«, gurrte sie.
»Und Michael?«
»Der wird bald so weit sein«, beteuerte sie verschmitzt. Doch plötzlich legte sie die hübsche Stirn in Falten, wirkte besorgt. »Werdet Ihr denn auch kommen? Oder ist meine Hoffnung vergeblich?«
»Hm… ja… sicher doch… ich meine…«
»Schön. Oh, ich freue mich. Ich muß mich verabschieden. Habt Dank für Eure Hilfe. Ihr werdet von mir, von uns hören, in den nächsten Tagen.« Sie nahm dem verdutzten Peter ihren Korb wieder ab, wandte sich auf dem Grieß südwärts und strebte, ohne sich umzublicken, der Bleiche zu.
Peter schaute ihr eine ganze Weile nach, ihrem beschwingten Schritt, ihren wiegenden Hüften. Was war geschehen? Er wußte nicht, ob ihn ein Engel berührt oder ein Fuhrwerk überrollt hatte. Hatte er sich eben einwickeln lassen? War er dem Teufel in Gestalt einer hübschen Schwägerin auf den Leim gegangen? Diese Weiber! Er zuckte mit den Schultern, schmunzelte. »Warum nicht?« sagte er zu sich selbst. »Es gibt schlimmere Plagen.« Was hatte er schon zu verlieren? Und wenn tatsächlich… An ihm sollte es jedenfalls nicht liegen.
Eine weitere Woche verging, ereignislos und nur geprägt vom Alltagstrott. Peter hatte die Begegnung mit der Frau seines Bruders längst vergessen, bis eines Abends der Bursche, der ihn vor Wochen noch von oben herab behandelt hatte, in der Gaststube vorsprach. Peter saß gerade mit Paul beim Abendessen, als der Lehrling Michael Barths auf ihn zutrat, die Mütze zog und hölzern eine Verbeugung andeutete.
»Mein Herr, Euer Bruder, bittet um die Ehre, daß Ihr morgen nach der Vesper sein Gast sein wollt. Er weiß um Euer Beschäftigtsein und trug mir ausdrücklich den Hinweis auf, daß sich selbstverständlich ein anderer Tag fände, so Euch dieser Termin nicht genehm sei. Aber dürfte ich ihm Eure Zustimmung melden, so Ihr es ermöglichen könnt?«
»Oha!« stutzte Paul, der sich fast verschluckt hatte und hinter der Gespreiztheit eine Falle witterte. »Vorsicht, mein Freund, da steckt etwas dahinter!«
Aber Peter beruhigte lachend seinen mißtrauischen Nachbarn und trug dem Boten auf: »Sag meinem Bruder, ich käme gern und werde zur vorgeschlagenen Stunde dasein!«
»Oh, oh!« warnte Paul, nachdem der dürre Lehrling schon gegangen war. »Diesmal komme ich mit und gebe acht, daß dir dein feiner Bruder nicht wieder an den Karren fährt und du wie ein Häuflein Elend zurückschleichst.«
»Keine Sorge, Paul!« beschwichtigte Peter. »Diesmal ist es anders. Statt Prügel gibt es Kuchen.«
»Ich mag auch Kuchen«, stellte Paul grinsend klar.
»Das weiß ich, mein Freund« – Peter tätschelte vergnügt dessen Bäuchlein –, »aber das muß ich erst alleine regeln.«
Anderntags besuchte Peter am Nachmittag die Badestube; danach kleidete er sich in sein frisches, gelbes Wams. Agnes’ Augen ruhten erst prüfend und dann voller Stolz auf ihm. Sie wollte, daß er Eindruck machte. Sie zupfte gerade noch ein paar Falten zurecht, als Perchtold und Heinerl fast atemlos mit einem Strauß bunter Feldblumen hereinstürmten. Agnes hatte sie rasch danach ausgeschickt und drückte nun dem hübschen Burschen an ihrer Seite den Strauß in die Hand.
»Was soll ich damit?« fragte Peter verwundert.
»Es soll Frauen geben, die sich darüber freuen, du ungehobelter Klotz«, schimpfte Agnes kopfschüttelnd und fügte lachend hinzu: »Und laß dich nicht dabei erwischen, daß du sie der Falschen in die Hände drückst, sonst könnt ihr beide das große Amen hören!«
Sie küßte ihn herzhaft und schob ihn zur Türe hinaus.
»Mach deine Sache gut!« rief sie ihm leise hinterher. »Damit du deinen Frieden findest.«
Peter kam sich wie ein Brautwerber vor und lief eilig in die Kaufingergasse, damit ihn möglichst wenige dabei sehen und gar noch dumme Fragen stellen konnten.
Barbara Barth öffnete auf sein Klopfen hin persönlich. Sie hatte sich herausgeputzt, als erwarte sie vornehmen Besuch. Freudestrahlend nahm sie die Blumen entgegen, freute sich aber noch mehr darüber, daß
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