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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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übertrieben«, rückte Peter zurecht. »Wir verfolgen gemeinsame Interessen, das ist alles.«
    »Soso. Darf man fragen, welcher Art sie sind?«
    »Das liegt doch auf der Hand. Wir suchen den-oder diejenigen, die für die scheußlichen Morde in den letzten Wochen verantwortlich sind.«
    »Mhm, ich verstehe. Aber seid ihr denn schon ein Stück weiter gekommen?«
    »Willst du uns behilflich sein?« fragte Peter lachend. »Oder gar selber gestehen? Aber nein, ich lebe ja noch. «
    Peter grinste ganz unverschämt, während sich der Bruder ein gequältes Lächeln abrang.
    »Ihr habt die Familie Pütrich befragt?«
    »So ist es. Und diesmal wird sich der alte Pfennigfuchser mehr über den Richter gegiftet haben als über mich.«
    Peter hielt plötzlich im Lachen inne und stutzte mißtrauisch. »Warum fragst du?«
    »Nun, es passiert schließlich nicht alle Tage, daß eine so vornehme Familie in Verdacht gerät. Ist denn tatsächlich etwas dran an den Gerüchten?«
    »Welche Gerüchte?«
    »Über Zauberei und so.«
    »Ich dachte, du gibst nichts auf Gerüchte.«
    »Aber das ist doch etwas anderes. Ich meine… hält denn der Richter tatsächlich jemand von den Pütrichs für schuldig? Hat er denn Beweise?«
    Daher also wehte der Wind. Sein Bruder sollte ihn aushorchen. Peter wurde wütend: auf sich selber, weil er die plumpe Annäherung nicht gleich durchschaut hatte; auf Michael, weil er sich zu diesem falschen Spiel erdreistete; auf Barbara, weil sie ihn hinterhältig in diese Falle gelockt hatte. Von wegen Versöhnung! Schlangenbrut!
    »Was hat dir der feine Herr denn gezahlt für eine brauchbare Information?« giftete Peter.
    »Wie? Ich verstehe nicht.«
    »Spiel doch nicht den Dummen! Meinst du, ich durchschaue deine Spitzeldienste nicht? Du willst mich aushorchen, um den Pütrichs gefällig zu sein.«
    Das Erstaunen in Michaels Gesicht war echt. »Du, du… das ist doch Unsinn! Ich versichere dir, ich habe nie auch nur daran gedacht…« Der Kaufmann schüttelte fassungslos den Kopf. »Soviel Mißtrauen. Ich gebe ja zu, daß mich die Frage interessiert, aber aus Sorge um meine Familie und – ja, auch um dich.« Michael blickte seinen Bruder fast flehentlich an. »Es geht dabei auch um meinen… unseren Ruf, und das betrifft doch auch dich. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Verrat zu tun.«
    Die Tür flog auf, und Barbara Barth kam herein, im Gesicht eine besorgte Miene, in den Händen eine Platte mit einer Art Torte. Sie hatte wohl vernommen, daß es in der Stube wieder einmal laut geworden war und schon das Schlimmste befürchtet. Die gute Seele gab sich redlich Mühe, zwischen den beiden Streithähnen zu vermitteln.
    »Es ist Bologneser Torte, die du so gerne magst«, lockte sie ihren finster blickenden Gatten und erklärte Peter, daß es sich hierbei um ein würziges Käsegebäck handle, für das sie fetten, fein geriebenen Käse mit gehacktem Mangold, Petersilie, Majoran, Eiern sowie Pfeffer und Salz vermengt, zwischen zwei Teigdeckel gepackt und unter Hinzugabe von ein wenig Safran goldgelb gebacken habe.
    Nicht nur Frau Barbara und ihre delikate Torte stimmten Peter milde, er hatte auch begriffen. Dem Bruder war zwar daran gelegen, Neuigkeiten über die schuldhafte Verstrickung der Pütrichs in die grausigen Vorfälle zu erheischen, aber es ging ihm dabei um seinen eigenen Kopf. Durfte er bei seinem erhofften Aufstieg in den Rat noch auf die Pütrichs setzen, wenn die gleichsam schon am Abgrund standen? Für den ehrgeizigen Kaufmann zweifellos eine Frage von höchster Bedeutung, wie selbst Peter im stillen einräumen mußte. Und mochte auch Michael überwiegend nur seinem erhofften Vorteil zuliebe der Einladung zugestimmt haben, so erschien zumindest sein Weib ohne Arg und Hinterlist und um ehrliche Annäherung bemüht.
    »Es tut mir leid, das von vorhin«, sagte Peter mampfend zu seinem Bruder. »Es liegt wohl einfach daran, daß seit ein paar Wochen jeder ein wenig angespannt und der Sinn mißtrauisch und leicht reizbar ist. Wir haben noch viel zu wenig miteinander gesprochen, um uns besser zu kennen, und erst Wissen vermag Nachsicht zu erzeugen.«
    Er schmunzelte versöhnlich und fügte fast verschwörerisch hinzu: »Du wirst verstehen, daß ich keine Einzelheiten berichten darf, noch nicht. Aber wenn du meinen Rat willst, so würde ich nicht mehr auf ein Pferd namens Pütrich setzen.«
    Michaels Miene erhellte sich, und er goß Wein nach. In den Gehirnen der beiden Brüder wurde die Flagge des

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