Der Waechter
ich völlig schissrig. »
Eva kriegte sich nicht mehr ein. « Darf ich Madame dran erinnern, dass sie sich erst kürzlich in den Büschen dem Überfall eines bulligen Volltrottels erwehren musste? »
« Das war was ganz anderes! »
« Ja genau: dunkel, buschig, abgelegen. Ganz anders! » Eva kicherte.
« Ja! Da war ein paar Meter weiter eine Party im Gange, mit einem Haufen Leute vor der Tür. »
« Von denen keiner was mitbekommen hat. »
« Ich hätte nur laut zu schreien brauchen. Aber es war dann nicht mehr nötig », gab Jenny an.
« Kein Mensch hätte dich gehört und wäre Konrad nicht gewesen … » Eva brach abrupt ab, kniff die Lippen zusammen und zog den Kopf ein.
Jenny blieb stehen. « Was? Woher weißt du von … », polterte Jenny los, wurde dann aber leiser, damit sie Konrads Namen nicht herausbrüllte « … Konrad? », flüsterte sie ihren Satz zu Ende.
Eva ging schnellen Schritts durch die Schultür: « Du hast es mir erzählt. Ich muss jetzt los, ich darf auf keinen Fall zu spät kommen. »
« Ich habe keinem davon erzählt! », rief Jenny ihr nach. « Niemandem! » Doch Eva war schon weg.
Nie und nimmer hab ich dir davon erzählt!
Aber woher wusste Eva es dann?
Nach der Schule bummelte Jenny durch die Stadt. Beim Italiener holte sie sich zwei Kugeln Stracciatella-Eis mit Schokoglasur, setzte sich vor dem Buchladen auf die Bank und beobachtete vorbeilaufende Passanten. Leute beobachten war eine ihrer Leidenschaften, gleich nach Schokolade, Jungs und Handball.
Nach einer Weile fühlte Jenny sich selbst begafft. Sie schaute sich um, konnte aber niemanden entdecken. Vielleicht bildete sie es sich nur ein, sie hatte auch keine Angst, aber das Gefühl mochte sie trotzdem nicht. Sie aß ihr Eis auf und ging in eines der Kaufhäuser, die auf der Rückseite einen zweiten Ausgang zu den Parkplätzen hatten. Jenny war sich sicher vor dem Schaufenster einen Schatten wahrzunehmen, der sie im Auge behielt.
Wahrscheinlich wieder so ein Kahlschädel, der sich durch jeden Blick angemacht fühlt. Nur nicht hinsehen!
Jenny fing an, geschäftig die Bügel auf dem hinteren Kleiderständer hin und her zu schieben. Dann nahm sie ihren Rucksack vom Rücken, tat so, als suche sie etwas darin und bückte sich hinter die Kleiderflut. Vom Schaufenster her konnte man sie nun nicht mehr sehen. Gebückt ging sie zum Hinterausgang und drückte sich durch einen kleinen Spalt, verschwand hinter einem der parkenden Autos, und erst als sie sicher war, dass man sie von der Vorderseite her nicht mehr sehen konnte, richtete sie sich auf und machte sich auf zum Handballtraining.
Um zur Turnhalle zu gelangen, musste Jenny ein Stück durch das Wohngebiet Berg aufwärts und überquerte oben angekommen normalerweise den kleinen Messeplatz. Die Turnhalle lag auf der anderen Seite von ihm am Waldrand. Sie überquerte gerade die Straße zum Messeplatz, als sie im Augenwinkel etwas Grünes aufleuchten sah. Es war ein Junge, acht bis zehn Jahre alt, in grüner Windjacke und mit rotem Rucksack auf dem Rücken. Jenny erkannt ihn sofort und blieb wie erstarrt stehen. Der Junge aus ihrem Traum!
Das kann nicht sein! Es war ein Traum!
Für einen Moment war ihr Kopf vollkommen leer.
Der Junge kam in ihre Richtung. Jennys Herz schlug schneller und sie begann zu schwitzen. Da legte sich ein leuchtend grüner Schimmer um den Jungen und er strahlte in Jennys Augen wie ein neongrüner Planet. In ihren Gedanken sah sie ihn erlöschen. Der Junge lief an dem kleinen Park neben dem Messeplatz entlang. Er war schon fast daran vorbei, als er abrupt stehen blieb. Neugierig reckte er seinen Hals und schaute suchend über die Büsche hinweg in den Park, als habe ihn jemand von dort gerufen.
« Nein, geh nicht da rein! », hörte Jenny sich leise sagen, mehr zu sich selbst als zu dem Jungen.
Er schien entdeckt zu haben, wonach er suchte, denn er lachte jemandem oder etwas zu und lief geradewegs in den Park.
Er war so schnell aus Jennys Blickfeld verschwunden, dass sie erschrocken zusammenzuckte. Als wäre ein Startschuss gefallen, lief sie los, hinein in den Park. Der Junge war weg. Jenny blieb stehen und blickte sich suchend um.
Konzentrier dich! Du musst sein Licht sehen! Schau nach seinem Licht!
Sie zwang sich zur Konzentration. Wenn sie sich nur genug anstrengte, musste sie seinen grünen Dunst wahrnehmen.
Was für ein Blödsinn: Schau nach seinem Licht! Jenny, du drehst echt durch. Such den Jungen und gut.
Sie versuchte sich zu
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