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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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Armschlaufe. Das hatte sie nun wirklich nicht erwartet. Konrad hatte gesagt, alles sei gut. Gut war in ihren Augen was anderes. Sie blieb im Türrahmen stehen und starrte ihn an.
    «Willst du mich fressen oder warum hast du den Mund so weit aufgerissen?», fragte er sie mit einem lausbübischen Grinsen.
    Jenny ging zu ihm, da kamen ihr auch schon die Tränen in die Augen. Ihr war in ihrem ganzen bisherigen Leben nicht so oft zum Weinen zumute gewesen wie in den letzten Monaten.
    «Ich dachte, es wäre alles in Ordnung mit dir», sagte sie mit zittriger Stimme.
    «Das ist es!», versicherte er.
    Alle lachten, außer Jenny.
    Arthur stand vorsichtig aus dem Stuhl auf und ging ihr einen Schritt entgegen. Dann streckte er seinen gesunden Arm nach Jenny aus und zog sie an sich. Jenny drückte ihre Nase irgendwo in den Bereich zwischen seinem Bauchnabel und seiner Brust, ihre Arme reichten gerade so um die Hüftknochen, an den Rücken war gar nicht erst zu denken. Sie konnte es nicht aufhalten, also weinte sie. Bedrücktes Schweigen erfüllte den Raum.
    «Ich dachte, die bringen dich um», schluchzte sie.
    Arthur drückte sie fester an sich und tätschelte ihr väterlich den Rücken.
    «So leicht stirbt kein Krieger. Und schon gar nicht, wenn er solch eine großartige Pflege bekommt.»
    Er zwinkerte Ruth anerkennend zu.
    Irgendjemand hielt Jenny ein Taschentuch hin. Sie griff dankbar danach und schnäuzte sich, als bliese sie in eine Trompete.
    «Meine Güte, da kommt ja Hirn mit!», meinte Arthur und Jenny musste lachen.
    Arthur hatte eine ganz eigentümliche Art das Leben zu nehmen. Er war ein liebenswerter Haudegen, ein eigensinniger Gemeinschaftskämpfer, ein vorlauter Frechdachs. Bei Jennys angeborenem Misstrauen perfekt erscheinenden Mitmenschen gegenüber war es genau das, was ihn in ihren Augen so vertrauenswürdig machte. Es war eine Wohltat, dass er es verstand, sie in solch einem Moment aufzumuntern. «Es tut mir so leid», sagte sie, bevor sie sich noch einmal schnäuzte.
    «Was tut dir leid?», fragte er.
    «Na, die haben dich doch nur wegen mir angegriffen.»
    Jenny konnte nichts gegen das flennerische Vibrieren in ihrer Stimme machen.
    Arthurs Gesicht wurde ernst und er schaute fast ebenso angespannt wie in dem Moment, als er das Messer zielsicher durch sie hindurch in Richtung des dunklen Mächtigen geschleudert hatte. Er nahm ihr Handgelenk, setzte sich wieder in den Stuhl, zog sie ein Stück mit sich und schubste sie in den Stuhl neben sich. Dann drehte er ihn so, dass sie sich gegenübersaßen. Seine dunklen Augen funkelten abenteuerlich und je tiefer Jenny in seinen Blick eindrang, umso wärmer erschienen sie ihr.
    «Jenny, du hast überhaupt keine Schuld daran. Die einzig Schuldigen sind die, die mich angegriffen haben.»
    «Aber sie wollten mich. Und sie haben versucht dich umzubringen, um an mich heranzukommen.»
    Angespannt legte Arthur Jenny seine Hand um den Oberarm, als wolle er sie wachrütteln.
    «Jenny begreif doch: Wir sind eins! Bedroht jemand einen von uns, bedroht er alle. Wir sind EINS!», sagte er mit einer Art durchdringendem Gehirnwäsche-Blick.
    Sie nickte, weil sie nicht wusste, wie sie dem sonst begegnen sollte.
    «Und abgesehen davon hast du Arthur den Arsch gerettet und nicht er dir», spottete Cynthia.
    Wieder lachten alle außer Jenny.
    «So und nun lasst uns zusammensitzen und über alles reden», sagte Benedict von der Tür her und setzte sich an das andere Kopfende des Tisches vor sich.
    Konrad hantierte in der Küche. Als er wieder kam, trug er zwei Teller in der Hand. Einen stellte er wortlos vor Jenny auf den Tisch. Es war ein Stück Brot, so belegt, wie sie es am liebsten hatte: mit Frischkäse, Schinken und Salat obendrauf.
    «Danke!», sagte sie überrascht und sah ihn an, als hätte er einen Zauber über ihr ausgesprochen.
    Konrad setzte sich neben Benedict, sodass er Jenny schräg gegenübersaß.
    Samuel ergriff zuerst das Wort.
    «Jenny, nun hast du ja gemerkt, dass es dir immer besser gelingt, deine Kräfte zu kontrollieren. Du hast dich uns eine Weile ganz schön verschlossen.» Kaum merklich vorwurfsvoll sah er zu Cynthia. «Aber du hast gemerkt, dass die Energie auch wichtig ist, denn sonst hättest du sie nicht wieder eingesetzt. Du bist ein Humānimus und es wird dir kaum möglich sein, ein Leben ohne Einsatz deiner Energie zu führen.»
    «Wir haben uns bisher mit Informationen zurückgehalten, weil wir wollten, dass du die Möglichkeit hast, deinen eigenen Weg

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