Der Waechter
besondere Gabe, deine besondere Gabe. Und wenn Aaron deine Energie liest, dann ist es, wie wenn er sie mit einem Detektor von außen her abtastet. Aber ganz vereinen können sich unsere Fragmente nur in der Quelle. Es ist eine besondere Energieform, in der sich das Fragment dann befindet. Begegnungen unter uns Seelenträgern, das Erspüren und Abtasten unserer Energien, ist lediglich ein Erinnern an die Vereinigung in der Quelle. Aber es ist nicht wirklich eine Vereinigung. Ist es einigermaßen verständlich, was ich meine?»
Jenny nickte. Sie verstand es schon.
Aber was bedeutet das?
Konrad konnte es doch, das hatte er bewiesen.
«Konrad ist gestern seinem Instinkt gefolgt. Und es ist ihm tatsächlich gelungen, seine Energie mit deinem Fragment derart zu vereinen, dass dein Fragment ihn für den Moment ebenso beseelt hat, wie sein eigenes. Deshalb konnte er uns genau sagen, was du gesehen hast und wo wir Arthur finden. Natürlich hat es ihn auch sehr geschwächt, wie das bei Nutzung der ungeübten Kräfte nun mal so ist.»
Jenny sah ungläubig in die Runde. Sie hatte bei Konrad eine derartige Kraft geweckt? Wie konnte sie etwas wecken, was gar nicht da war?
Wie unheimlich!
Aber das war, was Konrad betraf, nichts Neues für sie.
«Nun wollten wir dich bitten, uns zu helfen nähere Informationen zu bekommen, indem du Konrad sehen lässt, was du gesehen hast. Er kann mit manchen Dingen einfach mehr anfangen und uns genauer benennen als du», erklärte Ruth.
«Natürlich! Wie kann ich das machen?»
«Das ist das, was wir herausfinden müssen. Samuel hat eine Idee. Ihr solltet es einfach üben», sagte Cynthia.
Doch eine Frage blieb in Jennys Augen ungeklärt: «Wenn doch aber Konrad ein besonderes Gespür für mich hat und wir beide in Verbindung einen Nutzen für euch haben, wieso habt ihr ihn dann als meinen Wächter abgezogen?»
«Weil er nicht dein Wächter und gleichzeitig dein Freund sein kann!», entfuhr es Benedict. «Das macht ihn unaufmerksam, ändert seine Ziele, sein Verhalten.»
Genau das hatte Konrad ihr gesagt. Und sie hatten recht. Während er sie im Arm hielt oder sogar küsste, konnte er nicht aufmerksam sein. Sie selbst nahm dann nichts anderes mehr als ihn wahr.
«Also von mir aus können wir anfangen», sagte Samuel, stand auf, und trat hinaus auf den Flur.
Jenny und Konrad folgten ihm.
In Samuels Arbeitszimmer angekommen schloss er hinter ihnen die Tür.
«So Jenny, nun such dir ein bequemes Plätzchen und setzt dich hin», wies Samuel sie an. «Du, lieber Konrad, auch.»
Jenny schnappte sich Samuels hochlehnigen Chefsessel hinter dem Schreibtisch und zog ihn in die Mitte des Raumes. Konrad nahm sich einen der Stühle von der kleinen Sitzecke neben der Tür und stellte ihn neben Jennys. Auf einen Blick erkannten alle drei, dass es sinniger war, die Stühle zu tauschen, sodass Konrad den mit der hohen Lehne hatte und Jenny den Stuhl, der für ihre Größe vollkommen ausreichte.
«Nun macht es euch gemütlich und schließt die Augen. Entspannen kann man üben und das musst du auch, wenn du deine Energien steuern willst», sagte Samuel zu Jenny gewandt. «Atme ruhig ein und aus und konzentriere dich darauf deine Energie freizugeben. Erinnere dich an das Gefühl, wie es war, als dein Fragment sich außerhalb deines Körpers aufgehalten hat, und versuche es nachzuempfinden. Du Konrad tust einfach, was du letzte Nacht getan hast.»
Jenny atmete regelmäßig tief ein und aus. Hinter ihren Augenliedern erschien ein schleierartiges Farbengemisch. Dann sah sie ihr eigenes Licht aus dem Kopf nach oben dringen. Darüber erschrak sie zunächst so, dass es wieder in sie zurückflutschte. Diesen Teil der Wanderung hatte sie bisher nie mitbekommen. Jenny versuchte es weiter, aber es wollte nicht mehr gelingen. Ungeduldig öffnete sie die Augen und sah zu Konrad. Er strahlte im schönsten Hellblau, das sie je an ihm gesehen hatte. Und er hatte eine rosafarbene Kontur. Es war keine Einbildung gewesen. Konrad öffnete die Augen und sah Jenny an. Dann nahm er ihre Hand und legte sie in seine.
«So geht es besser», sagte er und zwinkerte ihr zu.
Erneut schloss Jenny die Augen, atmete tief, sah ein farbiges Gemisch vor Augen. Dann kroch ihr Energiekörper aus ihr heraus wie eine aufsteigende Rauchschwade. Ein rosafarbener Lichtschleier mit hellblauem Umriss. Weiter unter sich sah sie ihren atmenden Körper sitzen und fühlte sich immer noch so, als sei sie in ihm. Sie konnte sich atmen und
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