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Der Wächter des Herzens

Der Wächter des Herzens

Titel: Der Wächter des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Françoise Sagan
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gewähren.
    »Sie und ich«, murmelte er. »Was wir
seit gestern abend weinen!«

ELFTES KAPITEL
     
    Ich hatte natürlich eine Gallenkolik.
In schweren Fällen habe ich regelmäßig eine Gallenkolik. Diese dauerte zwei
Tage und hatte den Vorteil, mich achtundvierzig Stunden lang am Nachdenken zu
hindern. Danach war mir jämmerlich zumute, und ich beschloß, Ordnung zu
schaffen. Das scheint nicht viel zu sein: zwei Tage Unpäßlichkeit für drei
Leichen, aber wer noch keine Gallenkolik erlebt hat, mag den ersten Stein auf
mich werfen. Als ich auf unsicheren Beinen wieder aufstand, konnte ich einfach
keine unangenehmen Gedanken mehr ertragen. In meiner Vorstellung waren Lewis’
Morde ungefähr ebenso wichtig wie meine Steuererklärung. Überdies hatte der
Unglückliche zwei Tage an meinem Bett verbracht und mich mit Kompressen,
Spucknapf und Kamille versorgt, und ich konnte nicht die Hand beißen, die mich
gepflegt hatte.
    Dennoch beschloß ich, ein für allemal
mit ihm ins reine zu kommen. Sobald ich es fertiggebracht hatte, ein Steak und
einen großen Whisky zu mir zu nehmen, rief ich Lewis und stellte ihm mein
Ultimatum.
    1. Er verpflichtete sich in aller Form,
niemanden ohne meine vorherige Genehmigung zu töten. (Selbstverständlich würde
ich sie ihm nie geben, aber ich hielt es für geschickter, ihm eine kleine
Hoffnung zu lassen.)
    2. Er hörte auf, seinen LSD-Zucker zu
nehmen.
    3. Er versuchte ernsthaft, sich ein
eigenes Haus zu suchen.
    Hinsichtlich des dritten Punktes war
ich meiner Sache am wenigsten sicher. Er ging jedoch mit sehr ernster Miene auf
alles ein. Da ich aber auf keinen Fall mit einem Sadisten zusammenleben wollte,
fragte ich ihn aus, um zu erfahren, was für eine Wirkung die drei Verbrechen
auf ihn gehabt hatten. Er beruhigte mich ein wenig, nicht sehr, aber doch ein
wenig. Er hatte absolut nichts empfunden. Natürlich keinen Schmerz, erklärte er
mir, denn er hatte die Leute nicht gekannt, aber auch keine Befriedigung. Das
war immerhin etwas. Im übrigen hatte er keine Gewissensbisse, keine bögen
Träume, kurz: kein moralisches Empfinden. Ich fragte mich, was aus dem meinen
wurde.
    Paul Brett war während meiner Krankheit
zweimal gekommen, aber ich hatte mich geweigert, ihn zu sehen. Man kann sehr
gemein sein während einer Gallenkolik. Die Vorstellung, mit gelber Haut,
glanzlosem Haar und geschwollenen Lidern meinen Liebhaber empfangen zu müssen,
empörte mich. Lewis hingegen störte mich nicht im mindesten. Zweifellos, weil
es zwischen uns keine Sinnlichkeit gab. Und dann hatte er mir an jenem Morgen
in einem solchen Ton gesagt, er liebe mich, daß ich das Gefühl hatte, ich
könnte mit einer Eiterflechte bedeckt sein, und es würde ihm nichts ausmachen.
Das war zugleich enervierend und sehr schmeichelhaft. Ich versuchte es Paul zu
erklären, als er mir bei meiner Rückkehr ins Studio zärtliche Vorhaltungen
machte.
    »Du hast dich von Lewis pflegen lassen,
und ich durfte dich nicht einmal sehen.«
    »Ich sah scheußlich aus. Du hättest
mich danach nicht mehr angeschaut.«
    »Weißt du, es ist merkwürdig. Ich habe
dir lange nicht geglaubt, daß du nichts mit ihm hast. Jetzt bin ich dessen
sicher. Aber mit wem schläft der Bursche denn?«
    Ich mußte gestehen, daß ich es nicht
wußte. Ich hatte ihn in zwei oder drei Nächten in den Armen der Unschuld aus seinem
Film geglaubt, aber in diesen Nächten hatte er Bolton oder einen anderen
kaltgemacht. Immerhin hatte ihn aber Gloria Nash, die eine steile Karriere
machte und nach dem Tod der armen Louella Nummer Eins war, bemerkt und sogar zu
einer Party eingeladen, zu der sie wohl oder übel auch mich hatte einladen
müssen. Ich fragte Paul, ob er hingehe, und er sagte ja.
    »Ich hole euch beide ab, und ich hoffe,
daß dieser Ausgang zu dritt besser enden wird als der letzte.«
    Ich hoffte es auch.
    »Trotzdem: daß diese kleine Schlägerei
dich so mitnehmen konnte, erstaunt mich. Deine Gallenkoliken sind in Hollywood
berühmt, Dorothy. Du hattest eine, als Frank mit Louella davonging, eine, als
Jerry dich hinauswarf, weil du ihn einen dreckigen Geizhals genannt hattest,
und eine, als deine liebe Sekretärin aus dem Fenster fiel. Das waren ernstere
Anlässe, wenn ich so sagen darf.«
    »Was willst du, Paul, ich werde eben
älter.«
    Ernster... Wenn er wüßte. Mein Gott,
wenn er wüßte! Ich stellte mir eine Sekunde lang sein Gesicht vor und mußte
lachen. Es ist schrecklich, so etwas zu bekennen, aber ich schluchzte fünf
Minuten lang vor

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