Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
ab und fragte sich, was Niels wohl herausfinden würde. Natürlich sollte sie sich keine allzu große Hoffnung machen, dass Poly Bjarne Kristoffersen überhaupt ausfindig machen würde und dass dieser an besagtem Tag auch noch mit Jonas Vestergaard zusammen gewesen war.
Es ging ihr einfach darum, die letzte kleine Möglichkeit auszuschöpfen, ehe sie bald für immer den Dienst quittieren würde.
Katrine schloss die Tür ab und schlenderte über den verlassenen Parkplatz. Bevor sie das Treppenhaus betrat, zog sie den kleinen Teleskopschlagstock aus der Tasche. Sie machte Licht, vergewisserte sich, dass sie allein war, und stieg die Stufen hinauf.
Gegenüber von Katrines Wohnung parkte ein schwarzer Audi. Hinter dem Lenkrad saß ein muskulöser Mann mit kurz geschorenem Haar. Auf dem Beifahrersitz lag eine Glock mit Schalldämpfer.
» Wo ist sie jetzt?«, fragte eine metallische Stimme in seinem Kopfhörer.
» In ihrer Wohnung«, antwortete er.
» Allein?«
» Ja.«
» Weißt du, ob sie bewaffnet ist?«
» Meinen Nachforschungen zufolge hat sie eine Glock, Pfefferspray und einen Teleskopschlagstock.«
» Was für ein kleiner Haudegen«, sagte die Stimme am anderen Ende und lachte.
» Es besteht kein Zweifel, dass sie in der Lage ist, sich zu verteidigen. Soll ich zu ihr hineingehen?«
» Nein. Nicht heute Abend, Magnus. Lass uns abwarten, wie sich die Sache entwickelt.«
» Verstanden«, entgegnete er.
» Deine Loyalität wird gewürdigt. Fürs Protokoll.«
» Fürs Protokoll.«
Magnus lächelte in sich hinein. Bald würde alles gut werden. Die Gerechten würden siegen, und die Bösen würden sterben. Es war eine große Zeit.
46
Katrine konnte nicht schlafen und verfolgte im Fernsehen die Berichterstattung von CNN aus London. Die Verhandlungen zwischen Mullah Badr Udeen und den englischen Behörden waren vor ein paar Stunden gescheitert. Nichts deutete darauf hin, dass er sich ergeben würde. Die Situation rund um das Gebäude spitzte sich weiter zu; die Polizei hatte immer größere Schwierigkeiten, die Sympathisanten des Mullahs hinter der Absperrung zu halten.
Plötzlich war auf den grünlichen Nachtaufnahmen deutlich zu erkennen, wie Elitesoldaten auf das Gebäude zustürmten. Blendgranaten wurden durch ein Fenster geschleudert. Man hörte mehrere Schüsse und sah, wie die Haustür aufgebrochen wurde. Ein gleißender Lichtblitz ging mit einer krachenden Explosion einher. Als das Bild wieder klar wurde, sah man Flammen aus Türen und Fenstern züngeln. Eine lichterloh brennende Gestalt wankte aus dem Haus. Polizisten warfen den Mann zu Boden und versuchten, seine in Flammen stehenden Kleider und Haare zu löschen. Es war ein Bild, das um die Welt gehen sollte.
Katrine setzte sich im Bett auf und zündete sich eine Zigarette an. Sie rauchte fast nie in ihrer Wohnung und schon gar nicht im Schlafzimmer. Aber diese Nachrichten erforderten Nikotin. Am liebsten hätte sie Storm angerufen, um mit ihm über die Situation zu reden, aber wozu sollte das gut sein? Und vermutlich hatte er auch bereits alle Hände voll zu tun. In einem Augenblick der Schwäche hätte sie fast Saajid eine SMS geschrieben, widerstand jedoch der Versuchung.
Sie verfolgte die Berichterstattung bis weit in die Nacht hinein. Allmählich bekamen sie den Brand unter Kontrolle, und immer mehr Leichen wurden aus dem Gebäude getragen. Irgendwann fielen ihr die Augen zu. In weiter Ferne hörte sie einen Schuss, aber sie war zu müde, um zu entscheiden, ob er im Fernsehen oder in ihrem eigenen Viertel gefallen war oder ob sie bereits träumte. In wenigen Stunden würde ein sehr langer Tag beginnen.
Im Konferenzraum des PET war die Pressekonferenz bereits in vollem Gang. Katrine stellte sich in die Tür und schaute hinein. Ein Blitzlichtgewitter ging auf Storm und den Polizeidirektor nieder, die am Ende des Raumes hinter einem kleinen Tisch saßen. Nikolaj sah in seinem Anzug sehr attraktiv aus und blickte mit selbstbewusster Miene über die Journalistenschar hinweg. Attraktiv und sehr erleichtert.
Er berichtete von den nächtlichen Ereignissen in London und gab die Information der britischen Polizei weiter, dass sich unter den elf getöteten Terroristen auch Mullah Badr Udeen befinde. Nach den jetzt vorliegenden Erkenntnissen könne mit größter Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass Badr Udeen – oder Leute mit Verbindung zu seiner Organisation – hinter dem Bombenattentat auf das Café Felix am Kongens Nytorv
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