Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
nicht mehr begegnet, obwohl er mehrfach mit der Hoffnung ins Snoopy gegangen war, sie dort zu treffen.
» Ich wusste gar nicht, dass ihr auch hier trainiert.«
Bjarne nickte. » Wir sind mal hier, mal dort«, entgegnete er unbestimmt. Er hatte ein blaues Auge und Schrammen auf der Nase.
» Warst du in letzter Zeit mal im Snoopy?«, fragte L. T.
Benjamin schüttelte rasch den Kopf » Nur einmal. Der Laden lohnt sich nicht.«
» Hat’s wieder Ärger gegeben?«, fragte Bjarne grinsend.
» Nein, nein, aber was hast du gemacht?« Er zeigte auf Bjarnes geschwollenes Auge.
» Nicht der Rede wert.« Er lächelte bedrohlich. » Aber dem Affen geht’s schlecht. Der kann jetzt gar nicht mehr von Ast zu Ast schwingen.« Er ließ seinen Zeigefinger über den Hals gleiten.
» Schon gut.« L. T. klopfte ihm begütigend auf die Schulter und schaute sich um.
» Trainierst du gar nicht die Oberarme?«, fragte ihn Bjarne ironisch.
» Doch«, antwortete er und blickte zu Boden.
» Dann lass uns doch zusammen trainieren«, sagte L. T. und zeigte auf den Abschnitt des Raumes, in dem die Hanteln lagen.
Benjamin war so überrascht, dass er ohne lange zu überlegen die Einladung annahm.
Sie gingen zu den Hanteln hinüber. Bjarne nahm eine 32-Kilo-Hantel und begann, seinen Bizeps zu trainieren. Wie der aussah, nahm er bestimmt Anabolika, dachte Benjamin. Er selbst schaffte kaum das halbe Gewicht, wenn er trainierte.
» Und, bist du inzwischen bei den Bullen?«, fragte L. T.
Benjamin hätte nicht gedacht, dass sich L. T. an seine Zukunftspläne mit der Polizeischule erinnern würde. Er schüttelte den Kopf. » Nein, ich kann erst in einem halben Jahr die Aufnahmeprüfung ablegen. Solange muss ich noch warten.« Benjamin senkte die Stimme. » Was ist mit euch, seid ihr immer noch dabei?«
» Bei der Truppe? Nein, das ist schon ein paar Jahre her.«
Die Antwort überraschte Benjamin. Ihr stählerner Blick und ihr barscher Umgangston war eigentlich typisch für Leute, die aktiv im Dienst waren.
Mit einem lauten Grunzen legte Bjarne die Hantel wieder ab. » Du bist also arbeitslos?«
» Nein, nein«, antwortete Benjamin mit brennenden Wangen. » Ich suche schon … nach einem Job, bis ich die Aufnahmeprüfung machen kann.«
Was eine Lüge war. In Wahrheit war das Krafttraining seine einzige Freizeitbeschäftigung. Er hatte bisher nicht die Energie aufgebracht, sich einen Job zu suchen, und je mehr Zeit verging, desto antriebsschwächer fühlte er sich. » Und was macht ihr so beruflich?«, fragte er hastig.
Bjarne antwortete nicht.
L. T. nahm ein 42-Kilo-Gewicht und begann in aller Ruhe zu pumpen. » Wir sind in der Sicherheitsbranche«, sagte er.
Benjamin nickte. » An so was hab ich auch schon gedacht. Seid ihr Nachtwächter oder so? Oder arbeitet ihr für irgendeinen Laden?«
Bjarne prustete vor Lachen. » Der hält uns wohl für Kaufhausdetektive.«
L. T. setzte das Gewicht ab. » Personenschutz«, sagte er.
» Als Bodyguards?«, fragte Benjamin beeindruckt.
L. T. senkte die Stimme. » Kommt ganz drauf an. Manchmal arbeiten wir als Bodyguards, manchmal geht es um Risikoeinschätzung und Logistik. Die Arbeit ist sehr … vielseitig.«
» Und wo arbeitet ihr?«
» Überall in der Welt, wo gerade was los ist.«
Benjamins Augen leuchteten. » Und ihr beschützt Promis und Firmen und so was?«
L. T. nickte. » Alle, die ein Bedürfnis nach Sicherheit haben.«
» Hört sich ja superspannend an.«
» Bringt auch ziemlich was ein«, sagte Bjarne und zeigte ihm seine schwere goldene Rolex.
» Jedenfalls mehr als beim Militär oder bei der Polizei«, fügte L. T. lächelnd hinzu.
Benjamin nahm zwei 16-Kilo-Hanteln, aber sie waren so schwer, dass er unter ihrem Gewicht schwankte. » Braucht man dazu nicht eine bestimmte Ausbildung?«
» Klar.«
Benjamin setzte die Hanteln zaghaft in Bewegung.
» Wir laufen noch ein bisschen«, sagte L. T. plötzlich. » Viel Spaß noch.« Er klopfte ihm auf die Schulter.
Benjamin setzte erschöpft die Hanteln ab, massierte seine tauben Arme und schaute zu den Laufbändern hinüber, die in einer Reihe standen. L. T. und Bjarne waren nirgends zu sehen. Er sah sich im Fitnessraum um, doch die beiden waren verschwunden.
Plötzlich fühlte er sich sehr allein. Allein und deprimiert. Total gescheitert. Nicht alle kehrten krank nach Hause zurück. Im Gegenteil. Warum war er nur so ein verdammter Loser? Warum konnte er all die Dinge nicht einfach vergessen? Helmand, die Patrouille, die
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