Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman
schon ganz nah war, erkannte der Engel den Rotarmisten Trofim, und der Engel wunderte sich darüber, nahm jedoch das große Bündel Gras und dankte Trofim aufrichtig.
Zurück im Stall bedeckte er die Bänke mit Gras und sie saßen einander wieder gegenüber. Sie schwiegen erneut, da alle beide sich entweder schämten oder gar davor fürchteten, als Erstes zu sprechen. Und so saßen sie einige Zeit da, bis den Engel die Müdigkeit überwältigte, die sich den Tag über in ihm angesammelt hatte. Er lächelte Katja zu, wünschte ihr eine gute Nacht und nachdem er sich hingelegt hatte, schlief er sofort ein.
Die Tage waren ausgesucht schön, sonnig und warm. Jeder brachte etwas Neues in das Leben der Bewohner des Neuen Gelobten Landes mit. Am Fluss stand bereits ein großer Ofen zum Brennen von Schüsseln und anderem Geschirr, und dort drehte der Ofensetzer Sachar unter einem provisorischen Schutzdach eine Töpferscheibe, die aus einem Wagenrad hergestellt worden war, und reichte seinen Gehilfen immer neue Schüsseln, damit sie diese in den Ofen stellten.
Die Rotarmisten jagten wieder im Wald, die Bauern beendeten die Aussaat. Archipka-Stepan wärmte sich an der Sonne und dachte über die Zukunft nach.
Der bucklige Buchhalter ging mit einem dicken Heft und einem Bleistift zwischen den Bewohnern umher und erstellte auf Bitten der Lehrerin Katja eine Liste der Kinder und aller Erwachsenen, die Lesen und Schreiben erlernen wollten. Er fand acht jüngere Kinder, sonst aber gab es niemanden, der lernen wollte.
Der Engel trug wieder Wasser vom Fluss auf die Hügelkuppe hinauf und ging auf diese Weise den Köchinnen zur Hand, die im großen Kessel das Mittagessen für alle zubereiteten. Die Frauen waren wegen irgendetwas besorgt und unterhielten sich die ganze Zeit über mit erregter Stimme miteinander, aber der Engel konnte den Grund für ihre Sorge nicht verstehen. So hing er seinen eigenen Gedanken nach, während er das Wasser trug. Er dachte an die Lehrerin Katja, aber seine Gedanken waren nicht gerade fröhlich, obwohl doch etwas Warmes darin lag.
Als es Zeit war zu essen, stellte sich der Grund für die Unruhe der Köchinnen heraus. Unter denjenigen, die zum Essen gekommen waren, machte sich sogleich Empörung breit, denn in der Speise fehlte das, was für einen Russen am wichtigsten war – das Salz. Um genauer zu sein, es gab überhaupt kein Salz mehr, weil die letzten Vorräte schon am Morgen aufgebraucht worden waren.
Am meisten empörten sich die Rotarmisten. Es entstand wirres Durcheinander, in dem es unmöglich war, sich zurechtzufinden, als Trofim, der eine ziemlich mächtige Stimme besaß, den allgemeinen Lärm der Entrüstung übertönte, indem er rief:
„Zuerst müssen wir herausfinden, wer schuld ist und ob es Sabotage war, und dann erst entscheiden wir, was getan werden muss!“
Die Siedler waren mit Trofims Worten einverstanden, allerdings wussten sie nicht, wie man überprüfen solle, ob es sich um Sabotage handelte. Da erklärte ihnen Trofim, dass man die Gegenstände eines jeden Bewohners überprüfen müsse, und wenn sich bei irgendjemandem eine große Menge Salz finden ließe, dann bedeutete das Sabotage. Wenn aber kein Salz entdeckt würde, dann würde man weiter überlegen müssen.
Nicht alle waren mit einer Durchsuchung ihrer Sachen einverstanden, aber die Mehrheit war dafür, und so teilte Trofim die Rotarmisten sogleich in Dreiergruppen zur Durchsuchung ein, und diese gingen gemeinsam mit den übrigen Bewohnern in die Ställe. Trofim selbst blieb beim Kessel zurück, um die Ergebnisse der Durchsuchung abzuwarten.
„Wenn jetzt etwas gefunden wird, dann salzen wir die Speise und essen sie!“, sagte er den Köchinnen zum Trost, die bereits den Tränen nahe waren aufgrund der Unzufriedenheit der Siedler.
Das Mittagessen war noch nicht kalt, als die Durchsuchenden gemeinsam mit den Durchsuchten mit einer nicht gerade kleinen Menge Salz zurückkehrten. Zuerst warf man Salz in den Kessel, erst dann berichtete man Trofim, dass bei niemandem viel Salz gefunden worden war, dass aber bei fast allen ein wenig Salz vorhanden gewesen war, weshalb man all diese Vorräte für das gemeinsame Mittagessen beschlagnahmt hatte.
„Nach dem Essen müssen wir alles ernsthaft durchbesprechen“, erwiderte daraufhin Trofim.
Nicht genug damit, dass nun mit Verspätung gegessen wurde, stellte sich das Mittagessen nun noch dazu als versalzen heraus und zwar deshalb, weil nicht die Köchinnen das Salz in den
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