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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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werden?
    Einer der beiden machte sich an etwas zu schaffen. Im nächsten Augenblick leuchtete ihm eine Laterne ins Gesicht.
    »Bruder Adam!«
    Zum Glück war Bruder Adam nicht auf den Kopf gefallen. Tom Furzeys Tonfall verriet abgrundtiefes Erstaunen. Ganz gleich, wen sie hier erwartet hatten, mit ihm hatten sie offenbar nicht gerechnet. Man ließ seine Beine los, wieder ein Zeichen dafür, dass sie sich im Nachteil glaubten. Bruder Adam rappelte sich auf. Jetzt musste er den Spieß umdrehen. »Furzey? Diese Stimme kenne ich doch. Was hat das zu bedeuten? Warum bist du nicht in St. Leonards?«
    »Aber… was tut Ihr denn hier, Bruder Adam?«
    »Das braucht dich nicht zu kümmern. Was hast du hier verloren, und warum hast du mich überfallen?«
    Eine Pause entstand. »Ich habe Euch mit jemandem verwechselt«, erwiderte Furzey mürrisch.
    »Der ist bestimmt keine zwei Pfund wert.« Eine Frauenstimme, aber nicht die von Mary.
    Mit einem Mal war ihm alles klar. »Ich verstehe. Ihr habt auf Luke gewartet.«
    »Meine Schwester glaubte, sie hätte ihn gesehen.«
    »Aha. Nun, Furzey«, begann er, »du hättest das Gut nicht ohne meine Erlaubnis verlassen dürfen. Allerdings bin ich aus demselben Grund hier wie du. Ich hatte den Verdacht, dass er sich hier herumtreibt, und wenn das stimmt, werde ich ihn ergreifen.«
    »Dann bekommt Ihr die zwei Pfund, nicht wir«, meinte Tom.
    »Du vergisst, dass ich keine Verwendung für zwei Pfund habe. Mönche haben keine weltlichen Besitztümer.«
    »Heißt das, wir dürfen ihn fangen?«
    »Ich denke schon«, erwiderte Adam spöttisch.
    »Oh.« Furzeys Stimmung besserte sich hörbar. »Dann können wir ja gemeinsam auf ihn warten.«
    Was sollte Adam jetzt tun? Er blickte zur Scheune hinüber. Ob Mary sich wohl schon fragte, wo er blieb? Was war, wenn sie sich auf die Suche nach ihm machte oder, noch schlimmer, seinen Namen rief? Sollte er Furzey sagen, er wolle in der Scheune nachsehen, um sie zu warnen? Nein, das war zu gefährlich. Gewiss würden sie ihn verdächtigen, Mary Bescheid geben zu wollen, dass sie ihren Bruder suchten.
    Und wenn Tom in die Scheune ging, Mary ihn mit ihrem Liebhaber verwechselte und ihn beim falschen Namen ansprach?
    Doch bald wurde ihm klar, dass Tom zum Glück viel mehr daran gelegen war, Luke zu fangen als seiner Frau zu begegnen. Jedoch bestand noch immer die Möglichkeit, dass der arme Luke seiner Schwester bei Morgengrauen einen Besuch abstattete. Adam überlegte, ob es ihm wohl gelingen könnte, ihn vorher abzufangen. Doch bei dieser Dunkelheit schien ihm das unmöglich.
    Also warteten sie. Aus der Scheune war kein Laut zu hören, und Luke ließ sich nicht blicken. Als es hell wurde, beschlossen sie aufzugeben. »Glaubt Ihr, dass er wiederkommt?«, fragte Furzey.
    »Kann sein«, entgegnete Bruder Adam, und mit diesen Worten ritt er davon.
    Er hatte noch viel zu erledigen.
     
     
    Als er die Stelle unweit von Burley erreichte, wo er den Köhler zuletzt angetroffen hatte, war die Sonne schon aufgegangen. Bald hatte er Puckle gefunden, der ihn offenbar hatte kommen sehen.
    Inzwischen bewachte er zwei Kohlenmeiler. Der eine war schon fast heruntergebrannt, der andere noch frisch. Puckle war allein. Von Luke war nichts zu sehen.
    Bruder Adam kam sofort zur Sache: »Ich habe eine Nachricht für Luke.«
    »Für wen?«
    »Ich weiß, dass du ihn nicht gesehen hast. Richte ihm einfach etwas von mir aus. Also.« Er holte tief Luft. Er hatte überlegt, ob er ihr die Botschaft selbst überbringen sollte, doch das war zu gefährlich. »Du musst mir einen Gefallen tun. Bitte sag Mary, dass ihr Haus überwacht wird. Erkläre ihr, dass die Nachricht von mir stammt. Sie wird wissen, was du meinst.« Er sah Puckle in die Augen. »Ich hoffe, dass Schweigen Schweigen erkauft.«
    Puckle wandte den Blick ab und betrachtete das Feuer. Erst als der Mönch davonritt, murmelte er: »Wie schon immer im New Forest.«
    Mein Gott, dachte Adam auf dem Rückweg zur Abtei. Jetzt stecke ich mit Gesetzesbrechern, ja sogar mit Puckle unter einer Decke. Doch als er dem morgendlichen Vogelgezwitscher lauschte, stellte er fest, dass er sich in dieser neuen Rolle ausgesprochen wohl fühlte.
    Er wäre sehr erstaunt gewesen, hätte er gesehen, was sich nach seinem Aufbruch am zweiten Kohlenmeiler abspielte. An der mit Torf bedeckten Seite öffnete sich eine kleine Tür, aus der – völlig unversehrt – Luke erschien.
    Die obere Hälfte des Meilers war mehr oder weniger auf die gewöhnliche

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