Der Wald der Könige
Weise gebaut, nur dass Puckle nasses Holz verwendet hatte, das viel Qualm, aber wenig Hitze erzeugte. Doch darunter – abgetrennt durch eine dicke Torfschicht – befand sich ein Hohlraum, in dem Luke sich bequem und beliebig lange verstecken konnte. Löcher sorgten für Frischluftzufuhr. Puckle beabsichtigte, jeden Tag bei Morgengrauen am oberen Ende ein neues Feuer anzuzünden. Niemand, auch wenn er noch so genau hinsah, hätte das Geheimnis je erraten.
In der nächsten Woche ging es im New Forest geschäftig zu.
An zwei aufeinander folgenden Tagen ließen die Förster auf Beharren des Priors die Bluthunde los. Den königlichen Beauftragten für den New Forest langweilte die Angelegenheit so sehr, dass er sie Alban übertrug. Am ersten Tag durchsuchten sie den Wald rings um das Haus von Pride bis fast nach Burley. Doch dort waren die Hunde so verwirrt, dass sie nur noch im Kreis herumliefen. Am nächsten Tag versuchte man es drüben in Knightwood. Aber seltsamerweise schien die Duftspur immer wieder zum Haus des Försters zu führen, der darüber überhaupt nicht erbaut war.
Inzwischen beteiligte sich der ganze New Forest mehr oder weniger offen an der Menschenjagd. Die Förster und ihre Gehilfen ritten in Gruppen aus. Hütten wurden durchsucht, alle Bewohner des Waldes befragt. Allerdings ohne Ergebnis. Doch wie Puckle eines Abends bedrückt zu Luke sagte: »Es dürfte schwierig für dich werden, aus deinem Versteck herauszukommen.«
Mary wartete zehn Tage, bis sie sich zu ihrer Verabredung auf den Weg machte. In dieser Zeit sah sie Bruder Adam nicht, obwohl es kaum einen Moment gab, in dem sie nicht an ihn dachte.
Sie schmunzelte ein wenig, wenn sie sich an den ersten Nachmittag erinnerte. Er hatte geglaubt, ihr in einer Notlage beizustehen, und nicht geahnt, dass sie unmerklich den ersten Schritt getan hatte. Seine Unerfahrenheit war es, die sie angezogen hatte. Schließlich hatte dieser kräftige, stattliche Mann noch nie eine Frau gekannt. Und sie, eine Bäuerin, Frau eines einfachen Feldarbeiters, hatte die Macht, ihm etwas über das Leben beizubringen. Insgeheim, ja, ohne es selbst zu ahnen, hatte er sich danach gesehnt und sie gewissermaßen darum gebeten.
Ich habe einen Mann Gottes verführt, einen Mann, der keine Frau berühren darf, und ich habe ihm Sinnenfreuden eröffnet. Manchmal wurde ihr fast schwindelig von dem Gefühl der Macht. Sie, eine Frau, hatte triumphiert. Allerdings hatte sie sich das nicht anmerken lassen. Zumindest nicht anfangs.
War es wirklich nur fleischliche Begierde gewesen? O nein. Denn sie fühlte sich aus einem ganz bestimmten Grund zu ihm hingezogen: wegen seiner Empfindsamkeit, seiner Klugheit und dem Wissen, dass er etwas hatte, das ihr fehlte. Und sie sehnte sich nach seinen Eigenarten, auch wenn sie diese nicht beim Namen hätte nennen können.
Zu Beginn hatte sie ihn in ihren nächtlichen Gesprächen gefragt, woran er gerade dachte. Und er hatte ihr etwas geantwortet, von dem er glaubte, dass sie es verstehen konnte. Bald aber hatte sie ihm klargemacht, dass sie mehr wollte, und er war offener geworden und hatte ihr erklärt, was in jenen Nächten in ihm vorging: »Es gab einmal einen großen Philosophen namens Abelard, und er dachte…«, erzählte er. Oder er beschrieb ihr ferne Länder und wichtige Ereignisse, eine Welt, die so viel größer war als das, was sie kannte. Allmählich jedoch begriff sie, so sachte wie Licht, das durch ein Kirchenfenster dringt. Sie wusste genau, dass sein Leben gänzlich anders aussah als ihres. »Dein Verstand schwebt in den Sternen«, flüsterte sie einmal, und sie hatte das nicht spöttisch gemeint. Als er ihr einmal eine hochfliegende Idee auseinander setzte, lachte sie: »Wenn du in mir bist, hast du solche Gedanken?« Sie war so froh wie noch nie in ihrem Leben.
In letzter Zeit jedoch gab es einigen Grund zur Sorge.
Ihr Treffen mit Luke, verabredet, als Puckle ihr die Botschaft überbrachte, sollte an einer abgelegenen Stelle im Wald, nördlich von Brockenhurst, stattfinden. Mary gab Acht, dass niemand ihr folgte.
Er erwartete sie schon an einer riesigen, alten Eiche, deren Stamm dick mit Moos und Efeu bewachsen war. Sie freute sich, dass er wohlauf und recht fröhlicher Stimmung zu sein schien. Allerdings hatte er keine guten Neuigkeiten für sie. »Puckle meint, ich sollte den New Forest verlassen. Er ist überzeugt, dass der Prior nicht so schnell aufgeben wird.«
»Nach der Gerichtsverhandlung am St.
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