Der Wald der Könige
versprach Pride.
»Also gut«, meinte Furzey. »Ich muss weiter.« Die Luft war noch warm, als William Furzey am frühen Abend Ringwood verließ, wo er sich von einem befreundeten Schmied ein Pferd geliehen hatte. Der erste Nebel stieg schon langsam aus dem Wasser auf, als Furzey nach Norden ritt, unter den Bäumen hindurch, deren Schatten wie Angelschnüre quer über der Straße lagen.
Er hoffte sehr, dass die Männer ihn nicht versetzen würden, und er fragte sich, wie hoch die Belohnung wohl ausfallen mochte. Fünf Pfund vielleicht? Oder gar zehn? Er hoffte nur, dass sie nicht schon unterwegs ergriffen würden. Allerdings schien das ziemlich unwahrscheinlich. Vermutlich würde man sie lieber in Moyles Court zusammen mit Dame Alice festnehmen, die gewiss auch nicht sehr beliebt war. Deshalb ritt Furzey gut gelaunt weiter.
Obwohl Stephen Pride an diesem Tag sein vorgerücktes Alter spürte, ließ er sich davon nicht anfechten. Für gewöhnlich linderte ein Spaziergang die Schmerzen in seinem Bein. Auch wenn er es sich selbst nicht eingestand, hatte er sich deshalb am Nachmittag auf den Weg zu seinem Sohn gemacht.
Doch er traf nur Jims Frau und die Kinder an. Also tollte Stephen eine Stunde lang fröhlich mit seinen Enkeln herum. Der jüngste von ihnen, der vier Jahre alt war, bestand darauf, mit seinem Großvater Fangen zu spielen, was diesen mehr erschöpfte, als er es sich dem Kind gegenüber anmerken ließ. Er war dankbar, als seine Schwiegertochter die Kinder ins Haus rief, sodass er sich in den Schatten eines Baumes setzen und ein Nickerchen halten konnte.
Kurz nachdem er aufgewacht war, kam Jim zurück und erzählte ihm von Dame Alices Nachricht. Auch Stephen konnte sich nicht vorstellen, was dahinter stecken mochte. Doch er und sein Sohn waren sich einig, dass dieser Einladung unbedingt Folge geleistet werden musste.
Da Jim und seine Frau darauf bestanden, blieb er bis zum frühen Abend bei ihnen.
Als Stephen Pride langsam die Heide von Beaulieu entlang nach Oakley schlenderte, waren die Schatten schon länger geworden. Gerade hatte er den Pfad gekreuzt, der zur Kirche von Boldre führte, als er ein Stück vor sich eine Gestalt erkannte. Es war eine einsame Frau zu Pferde, die reglos auf die Heide hinausblickte. Offenbar hatte sie ihn nicht bemerkt. Erst als er näher kam, drehte sie sich um, und er erkannte Betty Lisle.
Sie begrüßte ihn freundlich. »Ich warte auf meinen Vetter Peter Albion«, erklärte sie.
Seit dem frühen Nachmittag war sie in Haus Albion gewesen. Um einen Streit mit ihrer Mutter zu vermeiden, hatte sie vorgegeben, nur kurz auszureiten. So konnte sie sich ungestört mit Peter treffen und am Abend mit ihm nach Moyles Court zurückkehren.
Ihre Mutter hatte gegen den Ausritt keine Einwände erhoben. Betty war rechtzeitig in Haus Albion eingetroffen, aber von Peter war weit und breit nichts zu sehen. Den ganzen Nachmittag hatte sie im Haus gewartet. Schließlich hatte sie das Herumsitzen nicht mehr ausgehalten und die Dienstboten angewiesen, ihren Vetter aufzuhalten, falls er aus der Richtung von Lyndhurst kommen sollte. Währenddessen hielt sie am Rand der Heide Wache, denn er konnte auch diesen Weg genommen haben. Dass sie jetzt den alten Pride traf, war ihr durchaus recht. Sie konnte Ablenkung gut vertragen.
Stephen erkundigte sich nach Peter. Da er die Familie Albion gut kannte, wusste er, zu welchem Zweig der Familie er gehörte. Er erzählte Betty, er sei als Knabe sogar einmal Francis, dem Großvater des jungen Mannes, begegnet.
»Heute Abend will ich mit ihm nach Moyles Court zurückkehren«, erwiderte sie. »Ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn er nicht bald kommt. Wahrscheinlich muss ich dann ohne ihn nach Hause reiten.«
Pride berichtete ihr von Alices Nachricht an Jim.
Betty war verwundert. »Sie hätte doch auch mich bitten können, die Botschaft zu überbringen«, meinte sie. »Ich habe auch keinen Burschen losreiten sehen. Vermutlich«, fügte sie hinzu, »hängt es mit den Gästen zusammen, die heute Abend kommen sollen.« Und sie schilderte Pride den Besuch des Fremden, der vor drei Tagen in Moyles Court erschienen war.
Kurz darauf machte sich Pride wieder auf den Weg.
William Furzey wartete geduldig. Die untergehende Sonne hatte die Landschaft kurz in ein orangefarbenes Licht getaucht; nun lag sie wieder bräunlich da. Geisterhaft hing der Nebel über den Wiesen. Im Avontal brach eine ruhige Sommernacht an, die ersten Sterne zeigten sich am
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