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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Fanny sie noch nie gesehen hatte. Ihr wurde klar, dass diese Welt des Hochadels ihr für immer verschlossen bleiben würde, und sie erstarrte fast vor Ehrfurcht. Doch wie ihr auffiel, schien Mr. Martell sich hier wie zu Hause zu fühlen.
    »Zwischen Blenheim und dem New Forest gibt es eine Verbindung«, erinnerte Gilpin seine Begleiter. »Der letzte Herzog von Montagu und Besitzer von Beaulieu hat Marlboroughs Tochter geheiratet. Also stammen die heutigen Lords von Beaulieu zum Teil von den Churchills ab.«
    Sie bewunderten die Gemälde von Rubens. »Das erste Familienbild in England«, verkündete Gilpin einmal, bezeichnete aber kurz darauf eine Abbildung der Heiligen Familie als »flach. Sie hat nur wenig von der Leidenschaft des Meisters. Bis auf den Kopf der alten Frau, wie Sie mir sicher zustimmen werden, Fanny.« Doch trotz aller Wunder des Palastes war Fanny nicht traurig, als Mr. Gilpin endlich vorschlug, hinaus in den Park zu gehen.
    Der Park von Blenheim war gewaltig, in seine Gestaltung hatte Capability Brown seinen ganzen Ehrgeiz gelegt. Die auflockernden Elemente, wie Repton sie bevorzugte, fehlten hier völlig. Keine verschwiegenen Pfade und bunten Blumenbeete, sondern nur kilometerweite Rasenflächen, auf denen Marlboroughs Armeen hätten aufmarschieren können. Gottes Natur, schien der Garten zu sagen, war nur das Rohmaterial, das zuerst von einem englischen Herzog in eine bedeutungsvolle Ordnung gebracht werden musste. Und so erstreckten sich im Park von Blenheim mit seinen Bächen, Seen, Hainen endlose Panoramen bis hin zu einem gezähmten Horizont.
    »Man hat alles getan, um Abwechslungsreichtum und Pracht miteinander zu verbinden«, verkündete Gilpin zu Beginn ihres Spaziergangs.
    Inzwischen plauderte man unbefangen miteinander. Als Fanny mit Gilpin hinter den anderen herschlenderte, bemerkte sie, dass sogar Louisa ein paar Worte mit Mr. Martell wechselte. Gewiss sprachen sie über die Aussicht oder das Wetter. Mr. Martell wirkte zwar weiterhin wortkarg, schien aber wenigstens die Unterhaltung aufrecht zu erhalten. Ganz gleich, was man von ihm halten mochte, es ließ sich nicht leugnen, dass er sehr gut in diese Szenerie passte.
    Schließlich erreichten sie eine Stelle, an der sich ihnen dank Browns Können ein besonders beeindruckender Anblick bot. »Da!«, rief Gilpin aus. »Eine der großartigsten Aussichten, die die Kunst je hervorbringen kann. Pittoresk. Eine Szene, die Sie zeichnen sollten, Fanny. Sicher wäre das Ergebnis bewundernswert.«
    Mr. Martell drehte sich um.
    »Sie zeichnen, Miss Albion?«
    »Ein wenig.«
    »Zeichnen Sie auch, Mr. Martell?«, fragte Louisa. Doch er wandte sich nicht zu ihr um.
    »Ziemlich schlecht, wie ich fürchte. Aber ich habe die größte Hochachtung vor Menschen, die es können.« Bei diesen Worten sah er Fanny lächelnd an.
    »Meine Cousine Louisa zeichnet genauso gut wie ich, Mr. Martell«, erwiderte Fanny und errötete leicht.
    »Daran habe ich keinen Zweifel«, entgegnete er höflich und widmete sich wieder seinem Gesprächspartner.
    Nachdem sie eine Weile dahinspaziert waren, blickte Fanny zurück zum Palast der Churchills und erkundigte sich, nur um Konversation zu betreiben, nach den Ursprüngen der Familie.
    »Gewiss waren sie während des Bürgerkriegs Royalisten«, sagte Gilpin. »Eine Familie aus Westengland, allerdings keine Angehörigen des alten Hochadels.«
    »Im Gegensatz zu dir, Martell«, meinte Edward lachend. »Er ist Normanne. Die Martells kamen mit Wilhelm dem Eroberer ins Land, richtig?«
    »So heißt es zumindest«, erwiderte Martell lächelnd.
    »Seht ihr«, fuhr Edward fröhlich fort. »Kein Tropfen niederen Blutes floss je durch seine Adern. Sein Wappen wurde nie von schnöden Geschäften beschmutzt. Gib es zu, Martell. Es ist eine Gnade, dass du überhaupt mit uns redest.«
    Martell schüttelte nur belustigt den Kopf.
    Fanny war überrascht, dass Edward dieses Thema angeschnitten hatte. Schließlich war er ein Totton und Kaufmannssohn, was ihn eindeutig in den Nachteil versetzte. Aber als sie Martells Schmunzeln bemerkte, wurde ihr klar, dass ihr Cousin mit seiner jungenhaften Offenheit etwas bezweckte. Immerhin entstammte seine Mutter dem niederen Adel. Und durch seine familiären Verbindungen mit den Burrards und seine enge Freundschaft mit ihr, einer Albion, hatte der junge Totton bereits Zugang zu Adelskreisen gefunden. Mit seiner Andeutung, dass seine eigene Familie Kaufleute waren, wollte er Mr. Martell nur zu der Antwort

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