Der Wald der Könige
Winter gefüttert«, hatte sie widersprochen. Und so hatte sie Luke, sobald Tom nach St. Leonards aufgebrochen war, in ihrer kleinen Scheune einquartiert. Niemand, nicht einmal ihr Bruder oder die Kinder, wusste, dass er dort schlief und dass sie ihm etwas zu essen brachte. Sie fragte sich, wie lange dieser Zustand wohl andauern konnte, und der Gedanke machte ihr Angst. Aber was sollte sie sonst tun?
Als sie den Rand des Ackerlandes rund um das Gut erreichte, hatte der Wind aufgefrischt. Sie spürte die feuchtkalte Luft im Nacken, blickte sich um und bemerkte, dass sich über der Heide von Beaulieu gelbliche Wolken zusammenballten. Schneeflocken trudelten durch die Luft. Kurz überlegte sie, ob sie umkehren sollte, doch sie beschloss, weiterzugehen, um den Weg nicht umsonst gemacht zu haben.
Bruder Adam stand vor der Tür des Gutshauses. Die Schneeflocken, die doch so weich schienen, stachen ihn schmerzhaft ins Gesicht.
Südwestlich der Abtei gab es fünf Güter: Beufre, wo die Ochsengespanne für die Pflüge standen; Bergerie, wo man die Schafe schor; Sowley unten an der Küste, wo die Mönche einen großen Fischteich angelegt hatten; Beck und dann noch St. Leonards an der Flussmündung. An diesem Tag hatte Bruder Adam Bergerie besucht, und er beabsichtigte, an diesem Abend von St. Leonards aus zur Abtei zurückzukehren.
Die letzten beiden Wochen waren anstrengend gewesen. Außer den fünf südwestlichen Gütern gab es noch zehn weitere im Norden und drei im Osten. Außerdem besaß die Abtei noch eine Reihe kleinerer Höfe drüben im Avontal auf der Westseite des New Forest. Von ihren üppigen Wiesen bezogen die Mönche das Heu. Der Prior sorgte dafür, dass Bruder Adam keinen Augenblick zur Ruhe kam. Die angenehme Zeit der Kontemplation war endgültig vorbei.
Er stieß die Tür des Gutshauses auf. Erschrocken blickten die sechs Laienbrüder bei seinem Anblick hoch. Sehr gut. Er hatte bereits gelernt, dass es ratsam war, unangemeldet wie ein Schulmeister zu erscheinen. Er nahm sich kaum die Zeit, den Schnee von seiner Kutte zu schütteln. »Zuerst«, verkündete er streng, »werde ich die Speisekammern überprüfen.«
Das Gut St. Leonards war im Stil der Zisterzienser erbaut. Als Wohnhaus diente ein langes, einstöckiges Gebäude mit einer Eichentür in der Mitte. Hier lebten die Laienbrüder unter kärglichen Bedingungen. An den meisten Feiertagen durften sie ins domus zurückkehren, und sie wurden hin und wieder abgelöst. Für gewöhnlich arbeiteten etwa dreißig der siebzig Laienbrüder auf den Gütern.
»So weit, so gut«, stellte Bruder Adam fest, nachdem er keine Hinweise auf Naschen oder heimliches Trinken hatte entdecken können. »Und jetzt die Scheune.«
Sie war das höchste Gebäude dieses Gutes, so groß wie eine Kirche, aus Stein erbaut und von massiven Eichenbalken gestützt. Hier wurden Weizen und Hafer in hoch aufgetürmten Säcken gelagert und die landwirtschaftlichen Geräte aufbewahrt. Auf der einen Seite lag ein Berg Farnwedel, die zum Auslegen der Stallungen dienten. Es gab sogar eine Dreschtenne. Und in der Mitte dieses riesigen Gewölbes stand Tom Furzeys halb fertiger Wagen.
Doch Adams Aufmerksamkeit wurde von etwas anderem in Anspruch genommen, nämlich von einer Gestalt, die neben dem Bauern im Dämmerlicht saß. Wenn ihn nicht alles täuschte, war es tatsächlich eine Frau.
Die Anwesenheit einer Frau war in der Abtei eigentlich nicht gestattet. Selbst adelige Damen durften zwar der Abtei einen Besuch abstatten, keineswegs aber die Nacht dort verbringen, nicht einmal in den Gemächern für die königlichen Gäste.
Deshalb ging er sofort zu den beiden hinüber.
Die Frau hatte sich neben Furzey auf dem Boden niedergelassen. Als Bruder Adam näher kam, erhoben sich die beiden respektvoll. Die Frau trug ein Kopftuch, und da sie sittsam zu Boden blickte, konnte er ihr Gesicht nicht erkennen.
»Das ist meine Frau«, sagte der Bauer. »Sie hat mir Kuchen mitgebracht.«
»Ich verstehe.« Bruder Adam wollte Furzey nicht kränken, doch er hielt Strenge für angebracht. »Wie du sicher weißt, muss sie vor Einbruch der Dunkelheit gehen, und es dämmert schon.« Der Bauer blickte mürrisch drein. Aber Bruder Adam hatte den Eindruck, dass der Frau diese Aufforderung ganz recht kam, obwohl sie nicht den Kopf hob. »Der Wagen deines Mannes wird ein Prachtstück«, meinte er freundlich zu ihr, bevor er sich wieder an die Laienbrüder wandte.
Es dauerte einige Zeit, bis er mit ihnen
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