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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sagte: »Wir glauben, daß die Fahrerflucht ein Täuschungsmanöver sein könnte. Man hat Wendy Walker angegriffen und dann liegenlassen, damit sie stirbt.«
    Ihre Reaktion hätte besser nicht sein können. Schock, Ungläubigkeit, Empörung, alles zu perfekten Teilen, als ihr zuerst die Tatsachen und dann die Implikationen dessen, was er sagte, aufgingen.
    »Du altes Schwein!« sagte sie. »Oh, du altes Schwein!«
    »Nun aber langsam«, erwiderte er mit verletztem Ton. »Vor einer Sekunde warst du noch ganz philosophisch, und jetzt bin ich plötzlich ein Schwein. Was hat sich verändert?«
    »Fahrerflucht ist eine Sache. Jemand meldet einen Discovery in der Nähe des Tatorts, eine Nummer, die meiner ähnelt, und dem mußt du nachgehen. Aber jetzt sprichst du von kaltblütigem Mord!«
    »Versuchtem Mord«, erinnerte er sie sanft. »Walker kann noch immer die Augen öffnen und alles in Ordnung bringen.«
    Sie sah nicht so aus, als sei das ein großer Trost für sie, aber, räumte er dann großmütig ein, er würde es auch nicht gerade sonderlich tröstlich finden, wenn man ihm sagte, seine Unschuld hänge davon ab, ob jemand aus dem Koma erwacht.
    Sie füllte ihr Glas und leerte es sofort. Ihre Kehle mußte feuerfest sein. Ihre Augen sagten noch immer
du altes Schwein!,
aber als sie sprach, hatte sie ihre Stimme unter Kontrolle.
    »Andy, es muß Gründe geben, warum du mich so befragst. Krieg ich sie zu hören?«
    »Warum nicht?« sagte er. »Wendy Walker ist Mark Shufflebottoms Schwester.«
    »Wessen Schwester?«
    Schlecht, dachte er. Jeder in der Tierschützerszene kennt den Namen, und davon abgesehen, hatte er ihn nicht selbst erst vor wenigen Tagen ihr gegenüber erwähnt?
    »Doch nicht des Wachmanns auf der Fraser-Greenleaf-Anlage in Redcar?« fuhr sie fort. »Meinst du den?«
    Gut erholt. Er hatte nun seine Gangart gefunden. Sei absolut der Auffassung, daß sie schuldig war, das war der einzige Weg. Das hatte ihm sein erster Chef, Wally Tallentire, beigebracht.
Vor Gericht, Andy,
hatte er gesagt,
sind sie unschuldig, bis ihnen die Schuld nachgewiesen ist. Hier drinnen aber
(und er hat an seinen Kopf geklopft)
sind sie schuldig, bis ihre Unschuld erwiesen ist.
    »Ja, der. Wendy Walker war der Auffassung, sie würde den Mörder ihres Bruders nur finden, wenn sie sich selbst auf die Socken machte. Deshalb ist sie ANIMA beigetreten.«
    »Weil sie davon ausging, wir hätten was mit Redcar zu tun?« fragte Cap ungläubig.
    Sehr gut. Wenn das gespielt war, hatte sie Old-Vic-Niveau erreicht. Da kam man auf Gedanken ob der Schreie gestern nachmittag im Bett. Plötzlich fühlte er sich alt und schmuddelig.
    »Nicht notwendigerweise. Sie wollte Zugang zur Szene, und den habt ihr ihr verschafft.«
    »Weil sie Ellie Pascoe kannte und Ellie mich kennt?«
    Da hat sie sich ein bißchen verraten. Aber nicht zu sehr, wenn man bedenkt, daß viel Wichtigeres auf der Tagesordnung steht. Die Nummer hatte Klasse. Wenn es denn eine war.
    »Ja. Und als sie erst einmal mit von der Partie war, setzte sie alles dran, einen Namen als Hardliner zu kriegen und Kontakte anzuknüpfen, die sie auf den Zusammenkünften und Demos mit den wirklichen Extremisten zusammenbrachte.«
    »Ich habe von Anfang an gedacht, daß sie bei uns fehl am Platz ist. Sie war so penetrant.«
    Er glaubte ihr. Aber das machte sie noch lange nicht unschuldig. Cap Marvells Sorte Extremismus verlangte Gehorsam ohne Fragen, keine individualistische Tollkühnheit.
    Sie fuhr fort: »Was ist passiert, Andy, daß ich zur Hauptverdächtigen geworden bin, nachdem ich anfänglich Wendy nur den Weg geebnet habe?«
    Er sagte: »In jener Nacht in Wanwood ist etwas passiert. Als ich dich das erste Mal gesehen habe, warst du diejenige, die ganz aggressiv war. Walker war schwach, freundlich und hätte kooperativer nicht sein können. Ich habe die Aussagen von TecSec gelesen. Danach warst du die einzige, die den Wachleuten mit dem Drahtschneider an den Kragen wollte. Es war sogar Wendy Walker, die dich davon abgehalten hat, ernsthaften Schaden anzurichten.«
    »Das sagen die TecSec-Leute?«
    »Ja. Stimmt es denn nicht?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Nicht, wie du es formulierst. Der mit der Narbe, der stand einfach nur höhnisch da, so ein richtig selbstgefälliger Macho. Ich leugne nicht, daß es nett gewesen wäre, ihm diesen Gesichtsausdruck von der Visage zu holen. Aber selbst wenn Wendy nicht eingegriffen hätte, hätte ich ihm nur eine vor den Latz geknallt und nicht den

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